Druckartikel: Als europäischer Ringer-Champ zurück in Lichtenfels

Als europäischer Ringer-Champ zurück in Lichtenfels


Autor: Klaus Gagel

Lichtenfels, Donnerstag, 02. Juli 2015

Empfang  Der 20-jährige Ausnahmeringer Hannes Wagner aus Klosterlangheim hat bei den Junioren-Europameisterschaften in der Türkei den Titel geholt. Sein Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Lichtenfels, der direkt Markus Söder nachfolgt, ist außergewöhnlich - wie der junge Mann selbst.
Hannes Wagner besiegte im Finale der Europameisterschaft Lokalmatador Furkan Bayrak.  Foto: Jörg Richter


Die Art des Eintrags ins Goldene Buch der Stadt passt so recht zu dem sympathischen jungen Mann, der als Europameister in seine Heimatstadt zurückgekehrt ist. Am Mittwochnachmittag gab es den großen Bahnhof für den Ausnahmeringer des AC Lichtenfels, Hannes Wagner, der als Junioren-Europameister im Ringen, griechisch-römischer Stil, ein Stück Lichtenfelser Sportgeschichte geschrieben hat.
Mit seiner Unterschrift reiht sich der 20-Jährige aus Klosterlangheim ein in die lange Liste der Ehrengäste der Stadt. Politiker zumeist, und so folgt der junge Ringer nahtlos auf Bayerns Finanzminister Markus Sö-der. Doch während die Politprominenz nicht selten mit krakeligem Schriftzug amtliche Haltung demonstriert, formuliert der jungen Sportler in großen Druckbuchstaben "Vielen Dank! Hannes", verziert mit einem Simley.

Kein Freund großer Worte

Auch sonst ist der junge

Spitzensportler trotz seines überragenden Erfolgs kein Freund großer Worte, und das macht ihn so sympathisch. Nur sein breites Lächeln und seine strahlenden blauen Augen verraten ein klein wenig, dass auch er stolz ist auf das Geleistete und dass er sich freut über die vielen Offiziellen, Freunde und Verwandte, die ihm einen lang anhaltenden Applaus spenden.
Natürlich gibt es die passenden Worte vom Lichtenfelser Stadtoberhaupt Andreas Hügerich: "Ich hab mitgefiebert, auch wenn ich nicht persönlich in Istanbul dabei sein konnte." Und er fügt hinzu: "Das Ringen als die älteste Sportart hat in Dir einen Botschafter, der für die Zukunft dieser Sportart unerlässlich ist." Respekt und Hochachtung zollt Hügerich der Leistung und der Disziplin die mit der Vorbereitung auf ein derartiges internationales Turnier verbunden ist. "Deine Stadt Lichtenfels gratuliert Dir, wir sind stolz auf Dich und auf das, was Du geleistet hast."

Für Mainz auf der Matte

Dem schließt sich auch der Vorsitzende des Athletenclubs Lichtenfels, Oliver Dürr, an. "Einen Europameistertitel hatten wir bisher noch nicht im Ver-ein. Herzlichen Glückwunsch, wir sind alle ganz stolz auf Dich, dass Du uns so schön nach draußen vertrittst." Dabei ist das gar nicht so selbstverständlich, dass Hannes Wagner für den AC Lichtenfels an den Start geht. Nach dem Rückzug des AC Lichtenfels von der Bundesliga in die Bayernliga startet er in der nächsten Saison in der Mannschaft für den Bundesligisten ASV Mainz. Aber bei den Einzelmeisterschaften hält er dem AC Lichtenfels die Treue.
Denn der ACL hat wesentlichen Anteil an den Erfolgen des Junioren-Europameisters. Zu Recht erinnert der Sportreferent der Stadt, Winfried Weinbeer, an die hervorragende Schüler- und Jugendarbeit des AC, die immer wieder Meister und damit Vorbilder für die nachrücken-den Schüler und Jugendlichen hervorgebracht hat. Nicht vergessen darf man dabei das familiäre Umfeld, auch wenn sich die Eltern bescheiden im Hintergrund halten.
Natürlich wird da zu Hause mitgefiebert wenn der Sohn im fernen Istanbul auf der Matte steht. "Ich war sehr nervös aber es ging mir auch gut weil der Hannes ganz tüchtig ist und seine Sachen gut macht", verrät seine Mutter. "Den Endkampf haben wir live im Internet verfolgt zusammen mit den Brüdern und dem Opa. Nach dem Sieg war der Jubel groß. Ich war sehr, sehr gerührt und ich habe mich wahnsinnig gefreut für ihn."
Und wie hat Hannes Wagner selbst die Europameisterschaft erlebt? "Der erste Kampf ist immer schwer für mich, bis man reinkommt ins Turnier. Aber eigentlich war der schwerste Gegner der Halbfinalgegner, der Georgier Gela Bolkvadze, der Titelverteidiger und WM-Dritte des Vorjahres. Der Kampf hätte auch anders laufen können aber man muss immer ein bisschen Glück haben bei so einem Turnier. Nachdem ich den besiegt hatte, hab ich dann so einen Schub gekriegt und war so motiviert, dass ich mir gesagt habe, den Finalgegner schaffe ich auch noch."
Eine super Leistung angesichts des Heimpublikums, das natürlich den Weltmeister des Vorjahres, Furkan Bayrak (Türkei), lautstark angefeuert hat. Hannes Wagner: "Ich war halt vom Kopf her so gut eingestellt, dass ich gedacht habe, den Kampf gewinn ich jetzt. Und da hab ich das Publikum ausgeblendet." Mitte August steht noch die Weltmeisterschaft in Brasilien an, wo Hannes Wagner versuchen will, eine Medaille zu holen. "Natürlich kommt es da auch auf die Tagesform an, die muss perfekt stimmen. Aber wenn ich wieder so eine Leistung abrufen kann, dann versuch ich, die Medaillenplätze anzusteuern", verkündet er zuversichtlich.
Seit zwei Monaten hat Hannes Wagner beruflich den Rücken frei. In der Förderung des Spitzensportes durch die bayerische Polizei kann er sich auf das Training- und die anstehenden Wettkampfhöhepunkte konzentrieren. Durch die Duale Förderung gelingt es ihm, Schule und Sport sinnvoll miteinander zu kombinieren. Immerhin trainiert er zweimal am Tag. Der DRB-Präsident Manfred Werner hatte gemeinsam mit DRB-Sportdirektor Jannis Zamanduridis den Berufswunsch Wagners zur Chefsache erklärt. Die beiden Sportfunktionäre hatten auf höchster Ebene eine Aufnahme des Ringers in die Sportfördergruppe der bayerischen Polizei erreicht, die bislang vorrangig Wintersportlern vorbehalten war. Damit hat Hannes Wagner insgesamt acht Monate Zeit sich voll auf den Sport zu konzentrieren. Im Winter geht es dann vier Monate in die Ausbildung. Dafür wurde extra seine Ausbildung auf viereinhalb Jahre gestreckt. Wie man sieht, hat es sich gelohnt.