Als Banz ein Altersheim für Flüchtlinge war
Autor: Gerda Völk
Kloster Banz, Mittwoch, 04. Juli 2018
Heinz Pfuhlmann berichtete über die erste Einrichtung dieser Art im Landkreis und über einen Bewohner, der am liebsten lebendige Maikäfer aß ...
Nichts erinnert mehr an das ehemalige Flüchtlingsaltersheim in Banz. Da wo heute ein moderner Seminarbetrieb stattfindet, befand sich nach dem Zweiten Weltkrieg das vermutlich erste Altersheim im Landkreis.
In dem Eckzimmer im ersten Stock, in dem sich heute moderne Kommunikationstechnik sowie entsprechende Plätze befinden, standen einst acht Eisenbetten, erinnert sich Zeitzeugin Julia Thiel. Ihre bettlägerige Großmutter hatte in Banz einen Platz gefunden und lebte hier von 1956 bis 1964.
Heimatlose und Entwurzelte
Oberstudiendirektor i. R. Heinz Pfuhlmann, ein profunder Kenner der Geschichte von Kloster Banz, referierte im Rahmen eines CHW-Vortrags über "Banz als Flüchtlingsaltersheim". "Geflüchtete und Vertriebene bildeten 1945 und in den folgenden Jahren die beiden größten Gruppen unter den zahllosen Heimatlosen und Entwurzelten", berichtete Pfuhlmann. Im grenznahen und vom Bombenkrieg weitgehend verschonten Oberfranken fanden sich besonders viele Hilfsbedürftige zusammen, darunter viele alte geflohene und vertriebene Menschen. Ihre wirtschaftliche Lage war gerade in den ersten Monaten ihrer Ankunft in Oberfranken zumeist prekär. Weil die staatliche Versorgung den Herausforderungen der Flüchtlingsströme so kurz nach dem Krieg in keiner Weise gewachsen war, übernahmen die Hilfsorganisatoren der christlichen Kirchen diese Aufgabe. In der Erzdiözese Bamberg war allein der Caritasverband Träger von 14 Flüchtlingsaltersheimen, die Hilfslazarette, Lager und den knappen Wohnraum entlasten sollten.
Caritas zieht nach Banz
Spätestens im August 1945 zog der Diözesan-Caritasverband Banz als Standort für ein Flüchtlingsaltersheim in Betracht, da Banz sich als Standort eines zu diesem Zeitpunkt in Auflösung befindenden Reservelazarett geradezu anbot. Zeitgleich kam Caritasdirektor Philipp Körner mit den aus dem Sudetenland vertriebenen Ordensschwestern der Kongregation der "Schulschwestern von Unserer Lieben Frau in Böhmen" in Kontakt. Generaloberin M. Almeda Stricker, die selbst niemanden entbehren konnte, stellte den Kontakt mit den ebenfalls vertriebenen Marienbader Schulschwestern her, die sich nach einem Besichtigungstermin in Banz dazu entschlossen, hier eine Niederlassung zu gründen und für den Caritasverband als Träger ein Flüchtlingsaltersheim zu betreuen."Am 15. November wurden die ersten Flüchtlinge nach Banz verlegt", berichtete Pfuhlmann. Mit Provinzoberin M. Adolfine Proißl zogen zunächst 24 Schulschwestern ein, später betreuten zehn das Altersheim. Damit beherbergte Banz für mehrere Jahre auch die Provinzleitung der Marienberger Schulschwestern, die erst Mitte 1948 nach Auerbach verlegt wurde.
Das neu entstandene altersheim nutzte nahezu übergangslos die Räume und das Mobiliar des bisherigen Lazarettes. Bis Ende des ersten Quartals 1946 hatten bereits 62 alte Menschen in Banz Platz gefunden. Unter den Flüchtlingen waren die Frauen mit 38 zu 24 Männern in der Überzahl. 39 Flüchtlinge kamen aus Schlesien, 21 aus dem Sudetenland, eine Frau stammte aus Polen und eine aus Ostpreußen. Einheimische alte Menschen wurden nicht aufgenommen, dies sollte sich aber im Laufe der Jahre noch ändern.
Anfang Juli 1946 waren es bereits 160 alte Menschen, die in Banz betreut wurden. Im Laufe der Jahre verschob sich die herkunftsmäßige Zusammensetzung der Altersheimbewohner. Waren es anfangs zum größten Teil Sudetendeutsche und Schlesier gewesen, beherbergte das Altersheim auch alte Menschen aus Ungarn, Rumänien, Jugoslawien, eine Handvoll Südtiroler sowie Evakuierte aus dem Ruhrgebiet und vor allem Hamburg.
Ab Herbst 1947 wurden die ersten "Einheimischen" aufgenommen. Die Tagesgestaltung der altersheimbewohner wurde von den Mahlzeiten bestimmt. Wer dazu in der Lage war nutzte die Gelegenheit zur Gartenarbeit, der Mithilfe in der Küche oder zu Botengängen. In der Erinnerung von Zeitzeugen ist ein Mann geblieben, der gerne lebendige Maikäfer verspeiste. 1965 endet die Ära des Heims. Die letzten 54 Bewohner und die Schwestern zogen in das neugebaute Alten- und Pflegeheim St. Elisabeth der Caritas nach Forchheim um. Allerdings gab es auch Bewohner, die nicht nach Forchheim wollten, sie erhielten woanders Plätze.
"Das Flüchtlingsaltersheim Kloster Banz blieb ein Lebensraum für sich", lautete das Fazit Pfuhlmanns. Heute erinnern nicht einmal mehr die Gräber an die 350 Bewohner des Heimes. Der Altersheim-Friedhof wurde aufgelassen, das Gelände ist verbuscht. Der Vortrag fand im Rahmen der Tagung "Ankommen - Zur Integration von Heimatvertriebenen in Franken" statt.