Druckartikel: Alois Dechant: Schluss nach über 42 Jahre Stadtratsarbeit

Alois Dechant: Schluss nach über 42 Jahre Stadtratsarbeit


Autor: Stefan Lutter

Weismain, Freitag, 09. Mai 2014

Wenn Alois Dechant nach sieben Perioden aus dem Stadtrat ausscheidet, lässt er nicht nur über 300 Aktenordner in den Archiven zurück. Ein Rückblick mit Enttäuschungen und ein Ausblick ohne Bitterkeit.
Mit einem Lächeln im Gesicht und Enttäuschung in den Worten: Nach sieben Perioden im Weismainer Stadtrat kommen über 300 Aktenordner, die Alois Dechant angelegt hat, ins Archiv. Foto: Stefan Lutter


Wenn der Stadtrat am Montag im Rahmen der konstituierenden Sitzung die ausscheidenen Mandatsträger verabschiedet, ist einer unter ihnen, der das Gremium in den zurückliegenden Jahrzehnten geprägt hat wie kaum ein anderer: Alois Dechant zieht im Gespräch mit dieser Zeitung ein Fazit über 42 Jahre Stadtratsarbeit, in dem sich Erleichterung und Enttäuschung in etwa die Waage halten.

Die wichtigste Frage, die nach der Endgültigkeit des Abschieds, beantwortet der Unternehmer gleich zu Beginn. "Ich habe meiner Frau und meiner Familie versprochen, dass ich mich aus der Kommunalpolitik raushalte", widerspricht er sofort nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses laut gewordene Gerüchte, wonach er als Bürgerblock-Kandidat mit den drittmeisten Stimmen als Nachrücker erneut in den Stadtrat einziehen könnte, wenn einer der beiden künftigen Mandatsträger der Wählervereinigung (Alexander Herold, Jochen Schäfer) das Handtuch werfen würde.

"Ich bin sogar glücklich über mein Ausscheiden", fügt er an. "Mir fällt eine große Last von den Schultern." Denn die Aufgaben im künftigen Stadtrat hätten ihm viel Zeit gekostet, die dann für Familie und Betrieb gefehlt hätten.

Die Toskana überlebt

Zeit, von der Alois Dechant jede Menge investierte, seitdem er im Jahre 1972 als 32-Jähriger für die CSU vereidigt wurde. Schon als junger Stadtrat habe er gesagt, was ihm nicht passt, denkt er an die erste von sieben Wahlperioden zurück. Seine erste Schlagzeile in der Zeitung bescherte ihm 1974 seine Aussage "Der Jura darf keine zweite Toskana werden", in der er auf die vielen leer stehenden Orte in Mittelitalien anspielte.

Hintergrund war die Aufstellung des Flächennutzungsplans, in dem keine Wohnhausneubauten auf den Dörfern mehr zugelassen werden sollten, weil die Stadt keine funktionierende Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung hatte.

So wie er sich in dieser Sache gegen die Oberfrankenregierung stellte, machte er sich auch keine Freunde bei den Unternehmerkollegen im Stadtrat, als er zur gleichen Zeit das "Zünglein an der Waage" bei der Abstimmung über die Gewerbesteuern spielte und eine Erhöhung ermöglichte. Seine Devise lautete: "Im Unternehmen bin ich für das Unternehmen da. Im Stadtrat habe ich die Interessen der Stadt zu vertreten."

Die Frage nach einem Resümee der 42 Jahre beantwortet er indirekt mit dem Verweis auf seine drei politischen Vorbilder. Das erste ist Konrad Adenauer, der noch mit 87 Jahren Bundeskanzler war ("An und für sich wollte ich bis zu diesem Alter politisch aktiv bleiben, aber das hat sich jetzt Gott sei Dank erledigt"). Der frühere Staatssekretär Karl Herold (SPD), genannt "Bundesbäck", ist das zweite. Dieser habe viel für seine Heimatstadt Kulmbach getan, beispielsweise die Ansiedelung der Bundesanstalt für Fleischforschung und den Bau der Umgehungsstraße in die Wege geleitet.

Und in der jüngeren Vergangenheit imponierte ihm Karl-Theodor zu Guttenberg mit seiner "fantastischen Einstellung, nämlich immer den Menschen und nicht die Politik in den Mittelpunkt zu stellen". Vom Ex-Verteidigungsminister, mit dem er nach wie vor Kontakt pflegt, erhielt er eine bemerkenswerte Warnung. "Die gefährlichsten Leute im Leben sind die so genannten Parteifreunde. Die werden dich, wenn du Erfolg hast, aus Neid unfair bekämpfen", habe Guttenberg ihm einmal in Berlin erzählt, erinnert sich Dechant an "eine Aussage, die mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist".

Von Enttäuschungen und Siegen

Von da an nimmt das Gespräch eine Wendung, die bis dahin gelassene Miene von Alois Dechant verdüstert sich, als er erklärt, warum er nicht die vollen 42 Jahre Unionsstadtrat war. "Die erste große Enttäuschung" erlebte er, als er infolge des Konkurses seiner Baufirma im Jahr 2000 das Gremium um Unterstützung beim Unterhalt des Waldstadions bat, das er Mitte der 90-er Jahre zu den Glanz zeiten des SC Weismain zu
seiner jetzigen Größe ausbauen ließ. Sprüche von Fraktions kollegen wie "Du hast das
Stadion gebaut, also halte es auch in Schuss" hätten ihn sehr getroffen. Immer mehr klingt nun in den Worten des bis dato dienstältesten Weismainer Stadtrats die Enttäuschung durch. Über die vergangenen sechs Jahre, seine Zeit als "Einzelkämpfer" für den Bürgerblock, in denen viele seiner Anregungen verpufft seien. Dies liege daran, dass er als Gegner der CSU angesehen wurde. Dabei habe die ihn doch vor rund zehn Jahren aus der Fraktion geworfen, weil er Beschlüsse des damaligen Bürgermeisters Peter Riedel nicht mittragen wollte.

Enttäuscht sei er, dass es die CSU im zurückliegenden Wahlkampf als Ziel ausgegeben hatte, seine Person zu diskreditieren. Mit Gerüchten über Unstimmigkeiten beim Bürohausneubau, über die Forcierung eines Wegzugs des Lidl-Discounters oder durch den Vorwurf, er würde "die Leute von sich abhängig machen". Dagegen wehrt sich Dechant vehement: "Abhängig sind wir in einer Gesellschaft in Bezug auf Einsatz und Benehmen alle voneinander, aber erpresst habe ich nie jemanden."

Als Reaktion darauf hat er zu seinem 74. Geburtstag, den er kürzlich feierte, seinen Austritt aus CSU-Orts- und Kreisverband erklärt. Zugleich beantragte er die Aufnahme in Kulmbach beziehungsweise im Weißenstadter Ortsverband, wohin er geschäftliche und persönliche Verbindungen unterhält.

"Innerlich aufgewühlt" sei er aber vor allem darüber, dass nicht mehr der jungen Bürgerblock-Kandidaten bei der Wahl berücksichtigt wurden, obwohl mehrere von ihnen
Universitäts-, Fachhochschul- und Meisterabschlüsse vorweisen könnten. Bedauerlicherweise fehlten im neuen Stadtrat die Baufachleute. "Schade, dass wieder die CSU die Mehrheit hat. Ich hoffe, dass sie sich der Verantwortung bewusst ist, die damit einhergeht."

Es wird nicht langweilig werden

Für die nähere Zukunft plant er beispielsweise, sich um die Instandsetzung am Arnsteiner Friedhof und ein Grundstück für das Schammendorfer Feuerwehrhaus zu kümmern.

Aktiv bleiben will er im Kreis der aktuellen Bürgerblock-Mitglieder ("Eine der beste kommunalpolitischen Truppen, die ich je kennengelernt habe"). Allerdings werde es vorerst nur noch interne Beratungen geben.
Ortsversammlungen in den Stadtteilen, stolze 72 davon initiierte er in den vergangenen sechs Jahren, seien Vergangenheit, da "die Wahlergebnisse auf dem Land in keinster Weise dieses Engagement rechtfertigten".

Ein letztes Mal lässt er nach 42 Jahren im Stadtrat Enttäuschung durchklingen, um sich abschließend ganz ironiefrei bei den Wählern zu bedanken: "Bei den Wahlveranstaltungen habe ich ja immer darum gebeten, nicht mir, sondern den Jüngeren die Stimme zu geben." Den Wunsch nach mehr Zeit für Frau und Familie haben die Bürger erfüllt.