Absolventen haben Persönlichkeit eingeflochten
Autor: Ramona Popp
Lichtenfels, Donnerstag, 04. Juli 2019
Sechs Flechtwerkgestalter haben an der Berufsfachschule erfolgreich ihre Ausbildung absolviert. Die Abschlussstücke tragen alle eine eigene Handschrift.
Geschafft sind die Abschlussprüfungen an der Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung. Fünf Frauen und ein Mann sind nun quasi frisch gebackene Flechtwerkgestalter und Gesellen in ihrem Handwerk - mit durchweg guten Leistungen, wie die Fachlehrer Iris Schneider und Günter Mix feststellen. Die Arbeiten spiegeln nicht nur handwerkliches Können, sondern auch viel von der Persönlichkeit der Absolventen wider, wie im Gespräch deutlich wird. Susanne Wetzker hat sich selbst eine hohe Hürde aufgebaut: Aus einem einzigen Materialstück sollte die Lampe sein, die in vier Varianten hängend oder stehend platziert werden kann. Dazu spaltete die die 53-Jährige aus dem Saarland ein Manau-Rohr von Hand mit Messer und Hammer auf und bereitete sich so all die Flechtstränge vor, die nun optisch aus dem verbliebenen Endstück herauswachsen. Für Wetzker beginnt mit der Ausbildung ein neuer Abschnitt im Leben, in dem sie sich dem Handwerk widmen möchte. Sie hat zuvor 22 Jahre als Frauenärztin gearbeitet.
Gundel Liebmann, 46 Jahre und aus Kassel, hat die Objekte DREI bzw. ZWEI AM SEIL entworfen und hergestellt. Sie verwendete dazu Waldrebe und Haselstöcke. Bettina Pflügler aus dem Kreis Freising hat aus Weide ein Bodenobjekt mit drei Öffnungen gefertigt - auf der einen Seite akkurat, auf der anderen Seite frei geformt. In ihrem bisherigen Beruf als Landschaftsarchitektin habe alles genau nach Plan gehen müssen, merkt die 30-Jährige an. Nach einer "guten Zeit" an der Fachschule verbindet sie nun das Korrekte mit dem Kreativen.
Die "Caballar-Kollektion" nennt Nora Gawenda aus Leipzig ihre Abschlussarbeit. Es sind drei unterschiedlich geformte Handtaschen aus Esparto-Gras, verflochten in der nach diesem Material benannten Technik, die sie von dem international bekannten Flechter Carlos Fontales gelernt hat, der 2017 zu einem Workshop und zum Korbmarkt nach Lichtenfels gekommen war. Caballar heißt dessen Wohnort. Die Körbchen sehen aus wie gehäkelte Netze, sind aber sehr stabil.
Zu den Abschlussschülern zählen ferner Johanna Münich (36) aus Donauwörth, die ein s-förmiges Sitzobjekt geschaffen hat, und Till Ihrig, der einen soliden Paravent präsentierte. Ihrig kam aus Hamburg zum Blockunterricht nach Lichtenfels, zweimal pro Schuljahr für je fünf Wochen. Er ist einer der Wenigen, die eine duale Ausbildung in einem Betrieb absolvierten, und bereits nach Norddeutschland zurückgekehrt.