300-Kilometer-Anreise mit dem Bulldog
Autor: Gerda Völk
Vierzehnheiligen, Sonntag, 08. Sept. 2013
Das Spektakel in Vierzehnheiligen verzeichnete in diesem Jahr eine Rekordbeteiligung. Zur fünften Auflage kamen die Teilnehmer bis aus Niederbayern. Mehr als 120 Fahrzeuge tuckerten den Berg zur Basilika hinauf.
"Wallfahrer ziehen durch das Tal, mit fliegenden Standarten. Hell grüßt ihr doppelter Choral, den weiten Gottesgarten": Als Victor von Scheffel 1859 diese Zeilen schrieb, gab es noch keine Traktoren. Dem großen Dichter wären bestimmt einige schöne Zeilen eingefallen, hätte er auch einmal eine Traktoren-Wallfahrt miterleben dürfen. Statt fliegender Standarten und doppeltem Choral bewegte sich am Samstagvormittag ein langer Zug knatternder und schnaubender Ackerrösser hoch zur Basilika Vierzehnheiligen.
Aus christlicher Überzeugung hat Erwin Zahner, der ehemalige Vorsitzende der Oldtimer-Freunde Staffelstein, die Wallfahrt vor fünf Jahren ins Leben gerufen. "Damals waren es 50 Teilnehmer, ein Jahr später 60, und im letzten Jahr fuhren bereits 98 Traktoren mit", erinnert sich Zahner.
Pfarrer hatte verschlafen
Die meisten Dieselrösser kommen aus dem Landkreis Lichtenfels und den umliegenden Landkreisen. Die weiteste Anreise hatte eine Gruppe aus dem Raum Wallersdorf im niederbayerischen Landkreis Dingolfing-Landau.
"Wir hama in zwoa Toag auf Achs aufi g'fohrn", berichtet Bert Wimmer im schönsten Niederbayerisch. Auf Achs(e) heißt, dass sie die gesamte Strecke auf dem Traktor bewältigt haben. Zur Gruppe gehören neun Männer und Edith, die Frau von Bert Wimmer. Für die Wallfahrt nach Vierzehnheiligen hat jeder von ihnen ein eigenes Anliegen im Gepäck. Allerdings sind sie ohne den kirchlichen Segen auf die rund 300 Kilometer lange Reise nach Oberfranken gegangen, bedauert Bert Wimmer: Der Pfarrer hatte schlichtweg verschlafen. Dafür hat sie der Männerchor des Ortes mit dem Frankenlied verabschiedet, wohlgemerkt dreistimmig.
"Das war sehr ergreifend", erinnert sich Wimmer. Viele von ihnen sind das erste Mal in Franken, und was sie sahen, hat sie schwer beeindruckt.
Auf dem Parkplatz unterhalb der Basilika Vierzehnheiligen treffen nach und nach die Traktoren ein. Es riecht nach Diesel und Motorenöl. Viele der historischen Traktoren sind - dem Anlass entsprechend - herausgeputzt.
Egon Eicher, Sohn des Firmengründers Albert Eicher, der gemeinsam mit seinen Bruder Josef 1936 die Eicher-Traktorenfabrik ins Leben rief, ist zum ersten Mal dabei. "Die Eicher freunde Forstern haben gesagt, dass die Wallfahrt ein Erlebnis ist", erklärt Egon Eiger. Nein, er ist nicht mit dem eigenen Traktor angereist, das wäre ihm dann doch zu weit gewesen.
Ein beeindruckendes Bild
Schließlich setzt sich der Zug in Bewegung. Ein Traktor nach dem anderen verlässt den Parkplatz, reiht sich in die Schlange ein, die sich tuckernd und qualmend den Berg hoch in Richtung Vierzehnheiligen bewegt. An der Spitze fährt Edith Wimmer, gemeinsam mit der Europa-Abgeordneten Monika Hohlmeier und der Wallfahrtskerze. Diese wurde in diesem Jahr vom Ehepaar Wimmer gestiftet.
Oben sind die Parkplätze knapp. Schließlich stehen all die Lanz, Hanomags, Eicher, Porsche, Deutz und was sonst noch unterwegs ist, in Reih und Glied. Ein beeindruckendes Bild vor dem barocken Glanz der Basilika.
Pater Johannes findet während der Dankandacht passende Worte. "Die Traktoren und ihre Besitzer sind gekommen, um den Segen Gottes zu bekommen", sagt Pater Johannes. Er erinnert daran, dass das, was heute Hobby ist, früher für die Arbeit auf den Feld benötigt wurde.
Ausdruck der Dankbarkeit
Auch für Walter Mackert von den Oldtimer-Freunden Staffelstein ist eine Traktor-Wallfahrt ein Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer: "Dafür, dass man das ganze Jahr mit dem Traktor unterwegs war, in Hobby oder Beruf, und dafür, dass nichts passiert ist, verbunden mit der Bitte, dass auch im nächsten Jahr nichts passieren wird."
Beim anschließenden Umtrunk in den ortsansässigen Wirtschaften geht es um den Austausch und den Zusammenhalt, denn auch dies ist den Männern und Frauen auf ihren Dieselrössern wichtig.