Zu vermieten nur an Deutsche?
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Freitag, 11. März 2016
Vorurteile sind hartnäckig. Dass sie mit dem wahren Leben wenig zu tun haben, spielt dabei keine Rolle. Diese Erfahrung musste eine syrische Familie machen.
Die Zeitungsannonce klang vielversprechend - die Wohnung wäre perfekt geeignet für eine kleine Familie. Ein Anruf: Ja, die Wohnung ist noch zu haben. Dann die Ernüchterung: Als die Vermieter erfahren, dass der Anrufer die Wohnung für eine syrische Familie sucht, gibt es keinen Besichtigungstermin.
"Wir haben ja nichts gegen Flüchtlinge, aber die können wir den anderen Leuten im Haus nicht zumuten." Aha, alles klar: Man hat nichts gegen Flüchtlinge, aber eine Zumutung sind sie - die Lehrerin, der Ingenieur und ihre Kinder, geflohen vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat. Sie dürfen sich nicht einmal vorstellen.
Bei zwei weiteren Wohnungen wiederholt sich das gleiche Spiel: Mietvertrag nur für Deutsche. Nun steht es jedem Hauseigentümer frei, sich seine Mieter auszusuchen. Das Auswahlkriterium "Hauptsache Deutsch" ist aber schon - sagen wir mal - ein wenig fragwürdig. Ob Menschen angenehme, rücksichtsvolle und zuverlässige Zeitgenossen - kurz: die perfekten Mieter - sind, hängt von vielen Faktoren ab, aber sicher nicht von Hautfarbe oder Nationalität. Großmäuler, Krawallmacher, Messies und Streithähne gibt es unter den Deutschen ebenso wie unter den Ausländern. Das hört mancher nicht gern, wahr ist es trotzdem.
Die abgelehnte Familie hat eigentlich Glück, nicht in eine Hausgemeinschaft einzuziehen, in der Fremdenfurcht und Vorurteile das Miteinander bestimmen. Und ihr unermüdlicher deutscher Helfer hat inzwischen Vermieter ohne Scheuklappen gefunden. Die gibt's ja glücklicherweise auch noch!