Zirkusfamilie Kübler von Winterquartier in Stadtsteinach begeistert
Autor: Sonny Adam
Stadtsteinach, Donnerstag, 03. März 2016
Der Zirkus Renado hat in Stadtsteinach überwintert. Dabei hat die Artistenfamilie Kübler in den vergangenen Monaten viel Unterstützung erfahren.
Doch langsam werden die Zirkusleute unruhig. Es juckt sie, wieder auf große Fahrt zu gehen. Ziel ist Finnland. Doch zuvor will sich der Zirkus Renado auf dem Gelände hinter dem Sportplatz mit Sondervorführungen von den Stadtsteinachern verabschieden.
Gemütlich sitzen Risto (12) und Jordan (13) im Küchenwagen und brüten über ihren Hausaufgaben. Carlos (13) übt derweil in der ehemaligen Halle der Firma Günther-Bau seine neue Nummer ein.
"Aber jetzt müssen wir wieder raus"
Papa Renado Kübler (44) hat die Wintermonate genutzt, um die Utensilien in Ordnung zu bringen. Er hat die Gitter gestrichen, das stolze Zelt repariert und die Zugmaschine durchgecheckt. "Aber jetzt müssen wir wieder raus - wir müssen spielen", sagt Kübler. Seine Frau Tanja (44), die aus der berühmten Zirkusfamilie Renz stammt, kennt kein anderes Leben.
Sie brüht im Küchenwagen Kaffee für alle. Der Allgemeinarzt Wolfram Klein aus Stadtsteinach hat sich angesagt.
"Stadtsteinach ist schön. Wir haben hier so viele nette Leute kennengelernt", erzählt Renado Kübler und lacht. Alles habe damit angefangen, dass der Hund der Stadtsteinacherin Cornelia Helfricht ausgebüxt sei. "Der Hund ist zu uns gekommen - so haben wir uns kennengelernt", erzählt Kübler. Daraus habe sich dann eine Freundschaft entwickelt. Die Wintermonate sind für die Zirkusleute fraglos die härteste Zeit im Jahr. "Alles, was wir wollen, ist, dass wir es warm und etwas zu essen haben"; sagt Zirkus-Mama Tanja.
Glück ist, wenn das Feuer im Ofen knistert
Sie ist glücklich, wenn sie die ganze Familie um sich hat, das Feuer im Ofen knistert und es mollig warm im Wagen ist. Der Ofen wird mit Gas betrieben - doch eine Flasche (Kosten: 20 Euro) hält im Winter nur eineinhalb bis zwei Tage. Bislang hatten die Küblers immer genug Geld für die kalte Jahreszeit zurücklegen können, doch das vergangene Jahr lief nicht gut. "Die Freiflächen, auf denen wir uns niederlassen können, werden immer weniger", so Renado Kübler.
Einige Flächen seien auch mit Containern belegt, um darin Asylbewerber unterzubringen. Und: "Der Sommer war zu heiß, die Zuschauer sind lieber ins Schwimmbad gegangen. Außerdem erlauben es manche Kommunen aus schlechter Erfahrung gar nicht mehr, dass ein Zirkus seine Zelte aufschlägt. Dabei sind wir anständige Leute - und schwarze Schafe gibt es doch in allen Branchen." Jedenfalls seien er und seine Familie nach dem schwierigen Jahr am Ende ihrer Kräfte gewesen.
"Uns gefällt es hier richtig gut"
Und so kehrten sie nach dem Gastspiel in Stadtsteinach wieder in die ehemalige Kreisstadt zurück. Bürgermeister Roland Wolfrum (SPD) erlaubte den Küblers, auf dem Platz zu kampieren. "Uns gefällt es hier richtig gut. Ich bin gerne in dieser Stadt - die Kirche in Stadtsteinach ist so schön", schwärmt Risto mit seinen zwölf Jahren. Er geht in Marktleugast in die fünfte Klasse, die Zwillinge Jordan und Carlos (13) sind eine Klassse über ihm. Während der Wintermonate haben die Geschwister Unterricht beim Logopäden bekommen - und sie haben Trompete und Posaune gelernt.
"Wir wollen eine Clownnummer mit Instrumenten spielen", freut sich der Zirkuschef über die neuen Möglichkeiten. Der Zirkus hat eine Posaune und drei Trompeten zur Verfügung gestellt bekommen, Henning Koschitzki hat den Jungs sogar eine Posaune geschenkt. "Das war für uns wirklich ein guter Winter", sagt Renado Kübler.
Doch damit nicht genug. Der Zirkus hat sich in der Schreinerei Burkhardt in Heinersreuth neue Stühle für die Akrobatik anfertigen lassen: schöne, massive Stühle, auf denen man jetzt noch besser herumturnen kann, sagt Jordan und macht gleich einen Handstand.
Wenn die Jungs nicht in der Schule sind, dann üben sie für das neue Programm: Es soll eine Cowboy-Nummer geben, Artistik sowie tolle Tiernummern mit den Miniponys, den Buren-Ziegen und den Lamas.
Bald geht's nach Finnland
Nach der Abschiedsvorführung (siehe Infokasten) reisen sie zu einem Engagement in Finnland. Allein die Überfahrt nach Helsinki wird 3500 Euro kosten. "Wir bräuchten noch einen neuen Sattelzug", sagt der Chef. "Für unseren Auftritt in Finnland bekommen wir eine feste Gage, sogar das Tierfutter wird gestellt", freut er sich auf die Saison und glaubt fest, "dass alles gut wird in diesem Jahr".
Noch einen Traum hat die Zirkusfamilie nach den vielen Monaten in Stadtsteinach: Sie sucht irgendwo in der Region eine feste Bleibe - vielleicht einen alten Bauernhof, in dem sie während der Wintermonate auch die Tiere unterstellen und Ponyreiten oder andere Events für Kinder anbieten könnte. "Ein fester Platz, wo man hingehört, wäre schon schön", findet Tanja Kübler. "Aber den Zirkus aufgeben, wollen wir nicht", sagt Renado Kübler - und auch die Jungs pflichten dem Vater bei. Denn der Zirkus ist für die Küblers seit Generationen ihr Leben. Und selbst die 93-jährige Zirkus-Oma kann sich von ihrem alten Zirkuswagen nicht trennen - nicht so lange sie lebt.
Zwei Abschiedsvorstellungen
Der Zirkus Renado gibt seine Abschiedsvorstellungen am 12. und 13. März in Stadtsteinach auf dem Platz hinterm Sportplatz. Beginn ist jeweils um 15 Uhr.