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Zirkus Henry macht in Thurnau Station


Autor: Katharina Müller-Sanke

Thurnau, Mittwoch, 04. Dezember 2013

Der Zirkus Henry macht in Thurnau Station. Die Großfamilie hofft, sich in der kalten Jahreszeit durch kleinere Engagements über Wasser halten zu können.
Georg Frank macht derzeit mit seiner Großfamilie und rund 60 Tieren in Thurnau Station. Denise, Jordan, Leon und Chantalle helfen ihrem Opa gerne bei der Arbeit im Zirkus Henry. Foto: Katharina Müller-Sanke


Spitzendeckchen, Plastiküberzüge Porzellanfigürchen. Auf der Küchenzeile gurgelt die Kaffeemaschine, der Ölofen verbreitet eine wohlige Wärme. Wer mit Georg Frank im Zirkus-Wohnwagen sitzt, vergisst schnell, dass das Leben zwischen diesen Wänden eben doch ganz anders ist als bei Oma.

"Ich selbst bin sogar noch im Wohnwagen geboren", erzählt der 66-jährige Zirkusdirektor nicht ohne Stolz. "Mein Großvater musste für die Hebamme eine Stalllaterne halten, damit sie etwas sehen konnte", weiß Frank, der selbst neun mittlerweile erwachsene Kinder hat. "Alle sind Juniorchefs. Wenn einer von ihnen etwas vereinbart, eine Aufführung oder was auch immer, dann gilt das", sagt er.

Stolz auf die Familie

Er ist stolz auf seine Familie. Auch auf seine vielen Enkelkinder. "Wir sind ein echter Familienbetrieb. Alle packen mit an." Schon die Kleinsten zeigen akrobatische Kunststücke. "Mit neun Monaten habe ich das erste Mal Manegenluft geschnuppert. Mein Vater hat mich auf der Hand balanciert", erinnert sich der Seniorchef. "Es soll kein Zwang sein. Den Kindern muss es Spaß machen, sonst werden keine guten Artisten aus ihnen. Wir führen unsere Kinder mit Liebe an das Handwerk heran."

Scheinbar geht die Rechnung auf. Alle neun Kinder und auch die 17 Enkel sind beim Zirkus, treten in der Manege auf und helfen auch bei der Versorgung der Tiere mit. Doch das Leben der Familie ist nicht so romantisch, wie der erste Eindruck vermuten lässt. Aber: "Wir gehen nicht zum Sozialamt, wir wollen dem Staat nicht auf der Tasche liegen", so Frank.

Ganz ohne Unterstützung geht es aber nicht. Bauern kommen, die Heu und Stroh oder auch mal eine Tüte Brötchen bringen. Dabei muss das Heu nicht unbedingt frisch sein. Kamele fressen auch gerne das, was Bauern kaum mehr verwenden können. "Der Sommer war hart. Das Hochwasser hat uns viele Aufträge gekostet. Danach das wunderbare Wetter im August. Da gehen viele lieber ins Schwimmbad als in den Zirkus." Und jetzt ist schon wieder Winter. Und damit wieder keine oder nur wenige Einnahmen. Doch die Franks wollen nicht mit den Händen im Schoß dasitzen und warten bis es Frühling wird. "Man kann uns buchen."

"Wir bieten eine Show mit Tellerjongleur, eine meiner Enkeltöchter tritt mit einer Körper-Show auf. Sie kann sich verbiegen und zusammenklappen wie ein Taschenmesser. Das ist wirklich toll!" Auch das rechnende Pony kommt immer gut an.

"Freunde in ganz Deutschland"

Georg Frank führt bereits in siebter Generation die Geschicke des kleinen Zirkus. Sein Ururururgroßvater Henry hatte ihn einst gegründet. 38 Fahrzeuge und natürlich Wohnwagen gehören dazu. Und so muss das Winterquartier ganz schön groß sein. Auf dem Gelände der Familie Unger, dem früheren Baugeschäft Müller, ist der Zirkus für den Winter untergekommen. Die gut 60 Tiere haben hier ein Dach über dem Kopf, und auch die Menschen können sich mal ausruhen. Und die Kinder eine Weile am gleichen Ort zur Schule gehen. "Wenn man oft wechselt, ist es manchmal nicht ganz einfach, mitzukommen", weiß Chantalle, die in die 3. Klasse geht. Sie und ihre Geschwister sehen aber vor allem die Vorteile. "Man lernt dauernd neue Kinder kennen. Wir haben Freunde in ganz Deutschland."

Neben 15 Pferden, Ponys, Ziegen, Eseln und Hunde sind die Kamele der ganze Stolz von Georg Frank. "Dass manche Menschen kleinen Zirkussen wegen der Tierhaltung kritisch gegenüberstehen, kann er nicht verstehen. "Einen Zirkus ohne Tiere will niemand sehen. Bei uns geht es den Tieren gut. Es gibt Betriebe, da sieht das anders aus. Aber es gibt doch in jedem Bereich schwarze Schafe, oder?"

Am Ende der zweiten Märzwoche planen die Franks eine große Saisoneröffnung. Es wird eine kostenlose Veranstaltung geben - als Dank für alle Menschen, die sie während des Winters unterstützt haben.
Am Samstag übrigens haben die Thurnauer Gelegenheit, den Zirkus Henry näher kennen zu lernen: Um 18 Uhr beim Adventsfenster im Rathaushof. Mehr wird nicht verraten...