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Yushi baut auf Fleisch statt Sushi


Autor: red

Weiher, Freitag, 19. Sept. 2014

In nur einem Jahr hat der junge Japaner Yushi Matsumura in der der alteingesessenen Metzgerei Ohnemüller in Kulmbach-Weiher das deutsche Metzgerhandwerk erlernt. Jetzt ist er wieder zu Hause in Tokio - mit dem deutschen Meisterbrief in der Tasche.
Yushi Matsumura beim Zuschneiden eines Bratenstücks. Foto: Miriam Hegner


"Ein solches Zertifikat gilt in Japan als Ritterschlag", erzählt Paul Konstantinidis von der Temporary Food Experts Aid GmbH (TEA), der den 26-Jährigen vor gut einem Jahr nach Kulmbach geholt hatte. TEA ist spezialisiert auf die Vermittlung Fachkräfte in der Nahrungsmittelbranche.

Showküche für Kinder

Konstantinidis war vor über einem Jahr vom Konzern Nippon Ham, einem ganz großen Player in der Lebensmittelbranche, beauftragt worden, eine Metzger-Stelle für einen Mitarbeiter zu finden und dessen Meisterausbildung zu organisieren. Auf den ersten Blick erschien dies seltsam, herrscht doch das Klischee vor, dass Japaner nur Reis, Fisch und Misosuppe essen.
Weit gefehlt: Nippon Ham versucht unter anderem durch eine Showküche, Kinder und damit zukünftige Kunden an Wurstwaren heranzuführen, die nach deutscher Handwerkstradition hergestellt werden.


Yushi Matsumura ist in Tokio mitverantwortlich für diese Showküche und wurde nach Deutschland entsandt, um Rezepte und Verfahren im dualen Ausbildungssystem von Grund auf zu erlernen.
Also begann er am 15. Mai 2013 - ohne ein Wort Deutsch zu können - seine besondere Art Lehrgang: Parallel zur Arbeit bei der Weiherer Metzgerei Ohnemüller besuchte Matsumura die Berufsschule in Kulmbach und lernte Deutsch. Daran schlossen sich drei Monate Meisterkurs und die Prüfung in Augsburg an.
Privatlehrerin Gabriele Popp half dem jungen Japaner, die Sprachbarriere zu überwinden. Als Yushi Matsumura im Mai 2014 nach Augsburg zum Meisterkurs aufbrach, wo sich dann zeigen musste, ob seine Deutschkenntnisse ausreichen würden, fieberte Popp "richtig mit, als wär's eines meiner Kinder".
Auch das Ohnemüller-Team hatte den freundlichen Japaner schnell ins Herz geschlossen: "Wir sind alle ein wenig traurig, dass er jetzt weg ist", berichtet Chef Heinz Ohnemüller und erklärt: "Ich bin stolz auf ihn, dass er den Meister geschafft hat in so kurzer Zeit." Das Loblied geht weiter: Der 26-Jährige war pünktlich, pflichtbewusst und sich für nichts zu schade, sagen die Mitarbeiter.
Schon nach kurzer Zeit war "der Yushi" voll integriertes Mitglied der Metzgerei-Familie und sorgte mit seinem freundlichen Wesen immer für gute Laune sorgte. Matsumura wiederum lobte die "offene Art und Geduld" bei Ohnemüllers.

"Ich finde Deutschland spitze"

Paul Konstantinidis weiß, dass es für alle Beteiligten eine echte Herausforderung war. "Nur dank der engen Zusammenarbeit zwischen der Metzgerei Ohnemüller, der Deutschlehrerin Gabriele Popp und der Berufsschule Kulmbach war es möglich, dieses besondere Projekt erfolgreich abzuschließen. Und natürlich, weil Yushi Matsumura ein Mensch ist, der sich besonders gut auf eine neue Umgebung und diese Herausforderung einstellen konnte", sagt der Personalberater.
Yushi Matsumura sagt selbst: "Es hat sehr viel Spaß gemacht und ich habe sehr viel gelernt. Auch wenn es anstrengend war, ich finde Deutschland spitze!" Neben Arbeit und Lernen hatte er nämlich auch Zeit für Ausflüge nach Nürnberg, München, Berlin und Hamburg - allerdings nicht nur aus touristischer Neugier: Bei Yushi Matsumura gehörte immer das genaue Studium der ortstypischen Gerichte hinzu. Begeistert war er natürlich vom Kulmbacher Bierfest.

Auch Steuerrecht gepaukt

Krönender Abschluss des Deutschlandaufenthalts war aber natürlich die Verleihung der Meisterurkunde in Augsburg. Yushi Matsumura musste sich in Augsburg nämlich nicht nur mit Brüh- und Kochwurst, Salami und Schinken, Rezepten und Geschmacksrichtungen auseinander setzen. Es geht beim deutschen Meisterkurs auch um Gesetze und zum Beispiel Steuerrecht.
Letzteres wird er in Japan wohl erst einmal weniger brauchen.