"Wohnen der Zukunft": Alte Häuser müssen weichen
Autor: Alexander Hartmann
Kulmbach, Montag, 07. Januar 2019
Die Baugenossenschaft Kulmbach will es ihren Mietern ermöglichen, bis ins hohe Alter in den eigenen vier Wänden zu leben. Deshalb werden Häuser wie in der Hollergasse und Am Rasen durch Neubauten ersetzt, die barrierefrei gestaltet sind.
Seit 1985 wohnt Ferdinand Edelmann Am Rasen 2. In einem Mehrfamilien-Haus der Baugenossenschaft aus den 50er Jahren, in dem es sieben Wohnungen gibt. Fünf stehen allerdings leer. "Ich lebe mit meiner Tochter in einer Wohnung, meine Schwiegermutter in der zweiten. Alle anderen Mieter sind längst ausgezogen", sagt der 71-Jährige, der seine eigenen vier Wände auch bald verlassen muss, denn: Das Haus wird wie das Nachbargebäude Am Rasen 4 abgerissen.
Sanierung nicht möglich
Eine Sanierung, die dringend erforderlich wäre, sei finanziell nicht darstellbar, sagt Udo Petzoldt, der Geschäftsführer der Baugenossenschaft Kulmbach. Die beschreitet Am Rasen den selben Weg wie bei den angrenzenden Häusern in der Hollergasse. Letztere wurden bereits abgerissen. In den Neubauten soll den Mietern ebenso wie später Am Rasen das "Wohnen der Zukunft" ermöglicht werden.
Aufzug ist vorhanden
Was sich Udo Petzold darunter vorstellt? In einer immer älter werdenden Gesellschaft müsse es das Ziel sei, es den Menschen zu ermöglichen, so lange wie möglich zu Hause zu leben, sagt Petzoldt. Die Wohnungen müssten barrierefrei gestaltet werden, um den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht zu werden. Es dürfe keine Schwellen geben, ein Aufzug gehöre in den Häusern ebenso zur Grundausstattung wie modernste Technik, die auch ein Notrufsystem beinhalte. "Das ,Wohnen der Zukunft' stelle ich mir so vor, dass künftig auch telemedizinische Dienste und mobile Palliativdienste von Mietern genutzt werden können", sagt Petzold, der sich auch die Einbindung von Betreuungs- und Pflegediensten wünscht.
Nachbarschaft zum Seniorenheim
Nur wenige Meter von den Mehrfamilienhäusern in der Hollergasse und Am Rasen entfernt liegt das Heiner-Stenglein-Senioren- und Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt, mit der die Baugenossenschaft eine Kooperation eingegangen ist. Vom Angebot der Awo ("Auch andere Anbieter wie die Diakonie und das BRK können diese Leistungen natürlich erbringen") könnten, davon ist Petzoldt überzeugt, die Mieter profitieren.
Die Hilfe ist vielfältig
Wie die Hilfe aussehen kann, erläutert Awo-Geschäftsführerin Margit Vogel. In Zeiten, in denen sich die sozialen Strukturen verändern, in denen Senioren oft nicht mehr so wie früher auf Unterstützung durch Familienangehörige bauen können, könnten oftmals ehrenamtliche "Pflegepaten" Senioren etwa bei Spaziergängen begleiten oder ihnen auch aus der Zeitung vorlesen. Sei jemand auf richtige Pflege angewiesen, müsse er nicht immer gleich ins Heim. So könne der Mieter, der sich vertraglich binde, etwa auf die Unterstützung der Awo-Sozialstation zurückgreifen. Mitarbeiter des dortigen Hausdienstes würden zudem Fenster putzen oder Einkäufe tätigen. Dass aufgrund der räumlichen Nähe auch Beschäftigte des Seniorenheims in der Hollergasse oder Am Rasen einmal Dienste leisten könnten, führt Udo Petzoldt an.
Immense Kosten
Die Baugenossenschaft investiert in die drei Gebäude in der Hollergasse mit insgesamt 47 Wohnungen 8,5 Millionen Euro. Mindestens 3,5 Millionen Euro wird laut Udo Petzoldt der Neubau Am Rasen kosten. Viel Geld, das in die Projekte gesteckt wird, um Mietern ein besonderes Angebot zu unterbreiten, aber auch, um sich selbst gut aufzustellen. Paetzold ist davon überzeugt, dass mit einem zu erwartenden Bevölkerungsschwund in den nächsten Jahrzehnten ein Überangebot an Wohnraum vorhanden sein wird. Wer über Häuser verfüge, die seniorengerecht und mit modernster Technik ausgestattet sind, werde dann eher am Markt bestehen.