Druckartikel: Wo selbst die Zahnbürste ein Luxus ist

Wo selbst die Zahnbürste ein Luxus ist


Autor: Sonny Adam

Kulmbach, Sonntag, 20. Oktober 2013

Die Nepalhilfe Kulmbach hilft Kindern in Malekhu, gesunde Zähne zu behalten. Zwei Zahnärzte und eine zahnmedizinische Fachassistentin haben nun ihren Urlaub geopfeert und sind auf eigene Kosten in das Land am Himalaya geflogen, um Kinder zu behandeln - und mit ihnen das richtige Zähneputzen zu üben.
Die Zahnmedizinische Fachassistentin Sabine Behringer aus Nürnberg reiste mit ihrem Chef nach Nepal und hat den Kindern gelernt, wie man richtig Zähne putzt. Fotos: privat


Nepal gehört noch immer zu den ärmsten Ländern der Welt. Und in Malekhu, wo die Nepalhilfe Kulmbach eine Schule errichtet hat und regelmäßig Hilfe leistet, ist die Situation besonders prekär. Denn dort gibt es zwar auch einen Zahnarzt, aber nur einen einzigen - und der ist für einen Bezirk so groß wie ganz Oberfranken zuständig.
Außerdem können die Menschen sich eine Zahnbehandlung nicht leisten, erzählt Sabine Behringer (45). Die zahnmedizinische Fachassistentin aus Nürnberg ist mit ihrem Chef Oliver Heilmann nach Nepal gereist, um ihn zu unterstützen. Und sie hat dort nicht nur assistiert, sondern hat den Kindern Zahnputztechniken gelernt. Die Nepalhilfe Kulmbach hat schon vor Jahren in Nepal eine Krankenstation aufgebaut, jetzt sollte eine Zahnstation dazu kommen.

Deshalb reisen immer wieder Zahnärzte aus ganz Deutschland an, um zu helfen.

Die Zahnbürsten und Materialien werden mitgebracht. "Wir suchen deutschlandweit nach Zahnärzten, die uns unterstützen", erklärt Sonja Promeuschel und freut sich, dass mit dem Trio drei Menschen gefunden worden waren, die auch persönlich eine Menge von dem Nepal-Aufenthalt mitgenommen haben.

"Wir haben neun bis 18 Uhr gearbeitet, bis wir eben kein Licht mehr hatten. Und immer wieder gab es Stromausfälle", erzählt Behringer noch sichtlich beeindruckt. "Nachts haben wir dann auf Matratzen geschlafen - in der Schule. Wir haben dasselbe gegessen wie die Kinder. Man hat schnell gemerkt, dass der Luxus, den wir hier haben, nicht alles ist", sagt sie. "Aber es war alles vorhanden, was man braucht. Ich bin eigentlich ohne Erwartungen in das Land gereist. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie die Situation dort ist. Aber es ist völlig anders als bei uns."


Zähneputzen ist nicht üblich
Die Kinder haben teils schon völlig zerstörte Zähne. Denn Zähneputzen ist nicht üblich. Aber das soll sich jetzt ändern. Susanne Behringer setzte sich für die Prophylaxe ein, erklärte den Kindern, dass saubere Zähne gesund bleiben und übte mit den Kindern Zähneputzen. Jetzt werden die Zähne direkt nach dem Essen gemeinsam geputzt. Eine neue Wasseraufbereitungsanlage steht den Kindern zur Verfügung.

Die Zahnärzte leisteten dort Hilfe, wo es am nötigsten war und arbeiteten ebenfalls von früh bis spät. "Ich wolle schon immer mal so ein Projekt unterstützen und dachte eigentlich, dass ich mal für die Organisation Zahnärzte ohne Grenzen in solch ein Land fahre", berichtet Oliver Heilmann (48) aus Würzburg. Dann kam er durch eine befreundete Zahnärztin mit der Nepalhilfe in Kontakt. "Nur alleine wollte ich nicht fahren, ich wollte noch einen Kollegen dabei haben."

Heilmann, denn er hatte sich schon im Vorfeld informiert und wusste, dass anstrengende Tage auf ihn zukommen würden. Als er dann in Nepal ankam, war alles ganz anders, als er erwartet hatte. "Man fühlt sich, als ob man in eine andere Zeit zurückversetzt ist. Man saugt die Eindrücke auf und weiß viel mehr zu schätzen, was wir alles haben", sagt der Arzt.

Medizinisch betrachtet war Heilmann schockiert, wie wenige Kinder es gab, die gesunde Zähne hatten. Schon die Milchzähne sind oft völlig zerstört. Manche Kinder haben überhaupt keine Backenzähne mehr. "Es gibt überall Süßigkeiten, die sich die Kinder vielleicht nicht selbst kaufen können, aber die sie von den Touristen geschenkt bekommen. Vor jeder Schule steht so ein Kiosk, sagt Heilmann und wundert sich, dass es dort Chips, Cola und Süßigkeiten gab.

"Ich musste sehr viel Zähne ziehen. Denn während man bei uns noch mit Füllungen arbeiten würde, muss man immer die Situation bedenken. Man muss völlig anders behandeln. Der nächste Zahnarzt kommt vielleicht erst wieder in drei Monaten."

"Aber trotz der vielen Arbeit, die wir in Nepal hatten, hat sich am Abend eine tiefe Zufriedenheit eingestellt - eine Zufriedenheit, die ich nach einem anstrengenden Tag bei uns nicht habe", gibt der Arzt aus Würzburg offen zu.
Armin Gambal aus Göttingen war schon vor 25 Jahren einmal als Zahnarzt auf Samoa, Fidschi und auf Tonga. "Das war damals sehr beeindruckend und ich habe immer gesagt, dass ich das einmal wieder machen möchte. Dass es dann 25 Jahre dauert, war nicht klar", sagt Gambal aus Göttingen. Doch dann kam er in Kontakt mit der Nepalhilfe - und erklärte sich sofort bereit, zu helfen. "Für mich war es tiefste Erfüllung und Befriedigung der eigenen Tätigkeit, wenn die Kinder sich Tage später noch auf dem Schulgelände bedankten", denkt auch Gambal noch immer gerne zurück an Nepal. "Ich möchte auf jeden Fall Kontakt zur Nepalhilfe Kulmbach halten", sagt Gambal und schließt nicht aus, auch in einem der nächsten Urlaub wieder bei solch einer Hilfsaktion mitzuwirken.