Wirsberg: Ein Gewinner und ein heimlicher Sieger
Autor: Jürgen Gärtner
Wirsberg, Montag, 17. März 2014
Obwohl Thomas Steinlein am Sonntag Amtsinhaber Hermann Anselstetter unterlegen war, fühlt er sich nicht als Verlierer. Im Gegenteil.
Thomas Steinlein von den Freien Wählern sieht sich als heimlichen Sieger der Bürgermeisterwahl in Wirsberg. Nur knapp musste er sich am Sonntag mit 48,71 Prozent Amtsinhaber Hermann Anselstetter geschlagen geben. Der wiederum verspricht: "Wirsberg hat wieder einen engagierten, hoch motivierten und ehrenamtlichen Ganztagsbürgermeister. Ich bedanke mich für diesen Wählerauftrag und verspreche, dass ich erneut mein Bestes geben werde. Knappes Ergebnis, aber ein Bundesligatrainer würde sagen: Hauptsache, drei Punkte!"
Mental auf alles vorbereitet
Mental sei er für jedes Ergebnis gerüstet gewesen, so Anselstetter. "Mein Wunsch war natürlich ein Wahlsieg mit einem klareren Ergebnis.
Dies umso mehr, als es in den letzten sechs Jahren keinerlei inhaltliche Alternativthemen gab und wir mit der Kinderkrippe, dem Glasfaseranschluss, dem Radweg nach Himmelkron, zwei Windenergie-Bürgeranlagen, dem Schulhausanbau mit Ganztagsschul- und Wirtschaftsschulzweig und der Dorferneuerung Weißenbach großartige Arbeit geleistet haben."
Wie kann es zu so einem knappen Ergebnis kommen? "Das hat vielschichtige Gründe", ist Anselstetters Einschätzung. Der schwerwiegendste sei, dass eine Gruppe von Ratskollegen bei 99 Prozent der Abstimmungen die Hand zum Ja hebe und sich im Wirtshaus dann mit den Worten distanziere: "Des ist doch bluß na Berchämaste sei Zeuch!"
Das sei bis zur Stunde auch beim Projekt "Deutsches Hochzeitsmuseum" so. Zuerst werde alles einstimmig genehmigt, dann ein Bürgerentscheid angezettelt, danach gebe es eine 12:3-Mehrheit für eine Neukonzeption des Hochzeitsprojekts. "Und dennoch schiebt man alles dem Bürgermeister in die Schuhe."
Als Konsequenz aus seinem Abschneiden werde sich sein Elan, Wirsberg zu neuer Blüte zu führen, sogar steigern. "Ich werde die erfolgreiche Arbeit in unserem Marktgemeinderat noch besser verkaufen und unserer Bürgerschaft noch mehr Hintergrundwissen über das Geschehen in unserem Ratsgremium vermitteln. Ich werde alles tun, damit unser neuer Gemeinderat als arbeitsfreudiges und kreatives Gestaltungsforum Erfolg haben wird."
Anselstetter hatte am Sonntag erstmals seit 42 Jahren keinen Wahldienst. "Ich genoss diese Freizeit mit Lesen, Gottesdienst, Klößessen bei meiner Mutter, Entspannungsübungen im Wald, Radfahren, Gymnastik, Austoben am Boxsack und Geburtstagsbesuch bei meiner Schwägerin Herthi in der Göringsbruck. Da der SPD-Ortsverein keine Wahlparty organisiert hatte, wartete ich zuhause das Ergebnis ab. Ich ging dann nicht ins Rathaus, weil das den Auszählbetrieb empfindlich gestört hätte. Vielmehr fuhr ich zu den Plakatständern im Gemeindegebiet und tackerte ein DANKE! drauf. Dann ging's zu meiner Familie, um die Glückwünsche entgegenzunehmen. Erst gegen 22 Uhr gönnte ich mir beim Flackern des Kaminofens ein Glas fränkischen Biowein vom Weingut meiner Schwiegertochter."
Auf der Suche nach Anselstetter
Dass der Bürgermeister weder im Rathaus noch im SPD-Stammlokal anzutreffen war, wertete Thomas Steinlein, der Anselstetter zu dessen Sieg gratulieren wollte, als "Verhalten eines schlechten Verlierers, obwohl er der Gewinner ist. Ich habe immer wieder geschaut, ob ich ihn irgendwo sehe." Fehlanzeige. Dass er, Steinlein, fast 49 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte, zeige mit Blick auf den Bürgermeister, dass "nicht alle mit seiner Politik zufrieden sind".
Besonders freut Steinlein dagegen, dass die Freien Wähler im Gemeinderat ihre sechs Sitze verteidigen und fast 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnten, obwohl die Zahl der Gemeinderäte von 14 auf zwölf reduziert wurde. Die CSU habe nur noch zwei und die SPD fünf Vertreter.
Ziel von Thomas Steinlein ist es nun, möglichst viel von den Wahlkampfaussagen umzusetzen. Zum Hochzeitsmuseum sagte er: "Ja - aber nicht um jeden Preis." Damit meint er die weiteren Ausarbeitungen zu dem Projekt. "Die müssen überzeugen. Entscheidend ist dabei aber, was diese Ausarbeitungen kosten." Bei 30 000 Euro sei Schluss. Das Hochzeitsmuseum werde wohl die nächsten sechs Jahre Kernthema bleiben, so seine Einschätzung.
Natürlich hat sich der Freie Wähler darüber Gedanken gemacht, was er im Wahlkampf hätte besser machen können - und kann da nicht viel nennen. "Es war eine super Stimmung, die Wahlveranstaltungen haben geklappt, die Resonanz war gut." Vielleicht hätte er - wie Anselstetter auch - allen Wählern einen Brief zukommen lassen sollen und nicht nur den Erstwähler, mutmaßt Steinlein. "Ansonsten würde ich alles wieder genauso machen. Jetzt muss man schauen, was in sechs Jahren ist."
"Schon der zweite Dämpfer"
Schließlich habe Anselstetter mit dieser Wahl schon den zweiten Dämpfer nach dem Bürgerentscheid erhalten, so Steinlein. Sein Dank gelte allen Wählern für deren Vertrauen.