Ähnlich äußerte sich später auch Klaus-Peter Lang, der Verkehrssachbearbeiter der Kulmbacher Polizei, der meinte, das Konzept in Kulmbach sei nicht ausreichend flüssig, schlüssig und durchdacht.
Dass eine Neukonzeption auch im Hinblick auf den Rad-Tourismus von Bedeutung sei, machte Helmut Völkl, der Leiter des Tourismus und Veranstaltungs-Service, deutlich. "Die Radfahrer sind eine Zielgruppe, die bislang vermutlich massiv unterschätzt worden ist", sagte er - und betonte, dass man bei der Stadt große Hoffnungen auf die Bürgerwerkstatt setzte.
Eine inhaltliche Diskussion war am Mittwochabend nicht vorgesehen. Stattdessen wollte man, wie Simon Ries betonte, zunächst einmal eine Bestandsaufnahme machen.
Kritik an Autofahrern
Aus den im Vorfeld bei der Stadt eingegangenen Hinweisen kristallisieren sich offensichtlich bereits einige Schwerpunkt-Themen heraus. Viel Kritik gab es an den Markierungen, an der Beschilderung, an der Breite der Radwege und Radstreifen und der kombinierten Geh-Rad-Wege, und es wird immer wieder darüber geklagt, dass Autofahrer zu wenig die Bedürfnisse von Radfahrern respektierten und beispielsweise immer wieder Radwege zuparken.
In mehreren Wortbeiträgen wurde der Wunsch nach mehr Sicherheit deutlich, mehrfach verbunden mit der Kritik daran, dass in Kulmbach Autofahrer und Radfahrer nicht als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer gesehen werden und die Radler sich oft dem Autoverkehr unterordnen müssen.
Jürgen Tesarczyk, Vertreter des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), empfahl, bei der Erstellung eines Radwegekonzeptes zunächst einmal genau hinzuschauen, wo die Hauptverkehrswege seien - beispielsweise von den Wohngebieten zu den Schulen oder Freizeiteinrichtungen. Karlheinz Vollrath, Vorsitzender der Kreisgruppe Kulmbach im Bund Naturschutz, gab zu bedenken, dass es Radler als nachteilig empfinden, wenn sie zu oft wegen Bordsteinkanten, gefährlicher Einmündungen oder zu wenig abgestimmten Ampelschaltungen "ausgebremst" werden. "Man will als Radfahrer ja den Schwung, den man hat, auch nutzen."
Alexander Kubalek monierte, dass in der Oberen Stadt nicht nur das große Pflaster eine Gefahr darstelle, sondern dass es immer wieder zu kritischen Situationen komme, wenn dort Autos quasi ohne Sicht rückwärts ausparken müssen. Er empfehle seinen Kindern deshalb, auf dem Gehsteig zu fahren - wohl wissend, dass das verboten sei. So halten es einige andere übrigens auch. Sie fühlen sich dort sicherer oder sehen nur so eine Möglichkeit, weite Umwege zu vermeiden.
Heinz Schmidt und Antje Striezel kritisierten die Radwegverbindung von Bayreuth nach Kulmbach. Zwischen Unterbrücklein und Leuchau fehle der Lückenschluss; bei Forstlahm sei die Beschilderung mangelhaft.
Dauerärgernis Bahnhof
Mehrfach wurde kritisiert, dass die Stadt bei der Neugestaltung von Eku-Platz und Klostergasse offensichtlich nicht an Radfahrer gedacht habe, oder dass es zu wenig Fahrradabstellmöglichkeiten in der Innenstadt gebe. Zahlreiche weitere Hinweise liegen der Stadt vor; Anregungen sind auch weiterhin willkommen (siehe Kasten rechts oben).
Man werde, so Simon Ries abschließend, alle Anregungen aufnehmen und prüfen. In einem freilich konnte er den Kulmbachern wenig Hoffnung machen: Dass sich der Wunsch nach einer ansehnlichen und vor allem barrierefreien Gestaltung des Bahnhofs jemals erfüllen wird. "Der Bahnhof ist für uns ein Riesenärgernis", so Ries. "Fakt ist, die Bahn tut nichts."
So geht es weiter
Der Anfang ist gemacht. Was passiert als nächstes in jenem Prozess, an dessen Ende ein brauchbares Radwege-Konzept für die Stadt Kulmbach stehen soll? Zunächst einmal sammelt die Stadt noch bis zu den Sommerferien Anregungen und Verbesserungsvorschläge. Wer sich daran beteiligen will, kann das unter der Mail-Adresse radverkehr@stadt-kulmbach.de tun.
Zeitgleich wird nach externen Experten gesucht, die die Stadt Kulmbach bei der Erarbeitung eines Radwege-Konzeptes unterstützen sollen. Außerdem wird man die Fördermöglichkeiten abklopfen, um die Planungen möglichst kostengünstig umsetzen zu können. Im Verlauf des Prozesses soll es dann weitere Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung geben.
Kommentar
Immerhin
ein Anfang
Mehr als 200 Anregungen und Vorschläge, rund 70 Besucher bei der Auftaktveranstaltung: Der Start in das Kulmbacher Projekt "Radfahren" war vielversprechend. Die Stadt hat, so scheint es, endlich zur Kenntnis genommen, dass nicht alles gut ist in Sachen Radverkehr.
Ob sie diese Erkenntnis nun dem miserablen Ergebnis einer vom ADFC initiierten Befragung verdankt, der Berichterstattung in der Bayerischen Rundschau oder dem dezenten Hinweis der Verantwortlichen des künftigen Campus, dass ein Hochschulstandort gut daran tue, auch die Alternativen zum Autoverkehr im Blick zu haben - das ist letztlich egal. Die Radfahrer wünschen sich nur eines: Dass sich endlich was tut.
Einen Fehler darf die Stadt dabei freilich nicht machen: Allzu offensichtlich öffentlich damit argumentieren, dass das Radwege-Konzept der zu erwartenden Studenten wegen zum Thema wird. Die ungehaltene Reaktion der Besucher auf eine entsprechende Bemerkung von zweitem Bürgermeister Ralf Hartnack war eindeutig: Die Kulmbacher, die seit Jahr und Tag radfahren und dabei viele Hindernisse zu meistern haben, wollen, dass man sie und ihre Bedürfnisse ernst nimmt und vor allem um ihretwillen um eine Verbesserung der Situation bemüht ist. Campus hin, Campus her.
Nun ist immerhin ein Anfang gemacht, die Radfahrer dürfen bei dem Projekt mitreden - und vielleicht wird ja am Ende dann doch alles gut.