Wie heftig traf Corona die Kulmbacher Partnerstädte?
Autor: Anita Latifi
LKR Kulmbach, Montag, 23. März 2020
Die Corona-Krise hält die Welt in Atem. Wir haben uns mit Menschen aus den Kulmbacher Partnerstädten über die momentane Situation unterhalten.
Italien ist von der Corona-Pandemie besonders schwer betroffen. Zwei Kommunen aus dem Landkreis, die Stadt Kulmbach und der Markt Thurnau, unterhalten Partnerschaften mit Städten in Italien. Wir haben uns dort, aber auch im ungarischen Pilisszentivian, Partnergemeinde von Marktleugast, und in der Kulmbacher Partnerstadt Bursa in der Türkei umgehört.
Existenzängste im Touristenort
Heidi Tutino ist eine gebürtige Bayreutherin und lebt seit 1973 in Positano. Im Italienurlaub lernte sie ihren späteren Ehemann kennen und lieben. Beide zogen in den 70er Jahren in die 50 Kilometer südlich von Neapel gelegene "vertikale Stadt". Das Städtchen an der Amalfiküste lebt fast ausschließliich vom Tourismus. Tutino sagt, dass der 3500-Seelen-Ort während der Sommersaison auf 30 000 Bewohner wächst. Viele Positanesen kämpften jetzt mit Existenzängsten, denn je länger die Krise andauere, desto kostspieliger werde es für sie. Viele Hotels hätten mit Stornierung zu kämpfen. Heidi Tutino berichtet, dass es in Positano zwar noch keinen Corona-Fall gibt, sich das Virus jedoch schon in ganz Italien verbreitet habe.
Die gelernte Malermeisterin erklärt, dass viele Süditaliener, die im Norden studieren oder arbeiten, aus Angst vor der Ausgangssperre in den Süden geflüchtet sind. Deshalb gebe es auch schon in Sizilien Corona-Infizierte. Die gebürtige Bayreutherin hat ihre Wohnung seit fast drei Wochen nicht verlassen. Den Einkauf erledigt ihr Sohn für sie. Engpässe bei Lebensmittel gibt es nicht.
Polizei kontrolliert
Heidi Tutino hält sich auch an die Vorschriften, die die italienische Regierung veranlasst hat. "Falls jemand das Haus verlässt, wird er von der Polizei abgefangen", erzählt sie. Es sei unsinnig, nach Schuldigen zu suchen. Das Ziel sei jetzt, die Infizierungen einzudämmen, erklärt die Wahl-Positanesin.
Die Disziplin der Italiener habe sie positiv überrascht. Es sei wichtig, sich an die Informationen und Ratschläge der Regierung zu halten. Die italienischen Medien lieferten ständig neue Infizierten- und Todeszahlen, so Tutino. Man werde förmlich "überfüttert", sagt sie. Deshalb lenke sie sich mit Netflix und Facebook ab.
Die 72-Jährige sagt von sich selbst: "Ich habe kein Talent zur Langeweile." Sie räume ihre Wohnung auf, male, stricke oder unterhalte sich mit Freunden aus Deutschland per Whatsapp und Facebook. Die Ausgangssperre wirke sich zwar nicht gut auf die Figur aus, aber die Natur könne einmal richtig aufatmen, so Tutino. Der Dorfpfarrer habe sich "in einen Muezzin verwandelt" und halte die Predigt vom Kirchenturm ab, lacht sie. Allgemein werde ständig und lautstark gepredigt. Dazu meint Heidi Tutino nur: "Der liebe Gott ist ja nicht taub."
Auch die Bewohner von Positano singen allabendlich von ihren Balkonen und Wohnungen. Sie habe zwar "keine Stimme", aber bei der Nationalhymne singe sie dennoch mit. Sie mache sich Sorgen um Positano, niemand wisse, wie es weitergehe. Den Deutschen attestiert Tutino Blauäugigkeit. Man habe die Situation anfangs unterschätzt. Nun hoffe sie, dass die Menschen vernünftig handeln und sich an die neuen Regeln halten.