Wie geht's weiter für die "Paulis"?
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Freitag, 04. Dezember 2015
Für die 104 Kinder des Paul-Gerhardt-Kindergartens ist eine Zwischenlösung ab Herbst 2016 gefunden. Die Stadt will einen Kindergarten in der Blaich bauen, der vorübergehend von den "Paulis" genutzt werden könnte. Die Kirchengemeinde Mangersreuth kämpft inzwischen um die Finanzierung des Neubaus.
Der Schock saß tief: In der Nacht zum 31. Juli ist der Paul-Gerhardt-Kindergarten in Weiher abgebrannt. 104 Kinder wurden dort betreut, die mit ihren Erzieherinnen innerhalb weniger Stunden eine neue Bleibe finden mussten. Keine einfache Aufgabe, denn die übrigen Kulmbacher Kitas zeigten sich zwar hilfsbereit, haben aber selbst nur wenig Platz. Man rückte zusammen, und die Gruppen wurden verteilt auf die Kindergärten Kreuzkirche, Waaggasse (Petrigemeinde) und Friedenskirche. Übergangsweise. Maximal bis Jahresende sollte es dauern, eine akzeptable Zwischenlösung bis zur Fertigstellung des Neubaus zu finden.
Eltern sehen Stadt in der Pflicht
Die Zeit ist beinahe abgelaufen, ein Ende des Provisoriums war bis vor kurzem nicht in Sicht. Das hat in den vergangenen Wochen für Unmut bei den Eltern der betroffenen Kinder gesorgt.
Diese hatten sogar eine Demonstration in der November-Sitzung des Stadtrats organisiert, waren mit ihren Kindern und Plakaten gekommen und hatten die in ihren Augen unzumutbaren Zustände beklagt, insbesondere die Enge und das Chaos in der Kita Kreuzkirche, und von der Stadt Lösungen gefordert.
Die Kinderbetreuung ist eine Pflichtaufgabe der Kommunen, und so hatte die Stadt von Anfang an versprochen, zu einer schnellen und für alle Beteiligten tragbaren Lösung beizutragen. "Es wurden gemeinsam mehrere Schulen und weitere in Frage kommende städtische Gebäude besichtigt. Da seitens des Trägers immer wieder der Wunsch geäußert wurde, möglichst viele Gruppen zusammenzufassen, konnten mögliche Einzellösungen aber nicht weiterverfolgt werden", so Oberbürgermeister Henry Schramm. "Aussichtsreich und unter umsetzbaren baulichen Auflagen möglich wäre die befristete Unterbringung von drei Gruppen im Awo-Förderzentrum. Damit könnten die Räumlichkeiten der Kreuzkirche ersetzt werden."
Nein zum Förderzentrum
Diese Lösung wurde vom Betreiber "Die Kita" (evangelischer Trägerverbund) allerdings abgelehnt. Einerseits ist nach Ansicht der Gesellschafter die gemeinsame Unterbringung von Jugendlichen und kleinen Kindern nicht ideal, so Karl-Heinz Kuch von der Geschwister-Gummi-Stiftung und Dekan Jürgen Zinck. Andererseits sei der aufwendige Umbau aufgrund neuester Pläne der Stadt nicht mehr nötig.
Diese muss sich nämlich nicht nur mit der Situation der "Paulis" beschäftigen, sondern hat auch in anderen Kitas erheblichen Sanierungsbedarf: in der Blaich, in der Goethestraße und in der Frankenleite.
"Wir hatten bereits grundsätzliche Überlegungen, einen neuen Kindergarten in der Blaich zu bauen, der den stark renovierungsbedürftigen Kindergarten der Auferstehungskirche ersetzen soll", erläutert Henry Schramm. "Nachdem klar wurde, dass der Wiederaufbau des Paul-Gerhardt-Kindergartens durch die Kirche wohl mindestens bis 2017 dauert, haben wir unsere Planungen forciert." Ergebnis: Die Stadt baut einen eigenen Kindergarten für vier Gruppen im Modulsystem, der bis September 2016 bezugsfertig sein soll. "Das entspannt die Situation hinsichtlich einer Zwischenlösung zeitlich erheblich, weil dort alle Kinder aus dem Paul-Gerhardt-Kindergarten gemeinsam untergebracht werden können, bis ihr eigener Kindergarten bezugsfertig ist."
Über diese Lösung und alle geprüften Alternativen wird die Stadt Kulmbach die Eltern bei einem Informationsabend am kommenden Montagabend um 19 Uhr im Konferenzraum der Stadthalle informieren.
Bisher sei man seitens der "Die Kita" davon ausgegangen, dass man eine Zwischenlösung für zwei Jahre bräuchte. Durch den Neubau in der Blaich müsse nun nur die Zeit bis zum Sommer überbrückt werden. "Die Vorbereitungen für einen Umzug ins Awo-Förderzentrum oder eine andere Zwischenlösung würden sicher bis April dauern. Der Aufwand und die Kosten dafür lohnen sich nicht", so Kuch. Apropos Kosten: Für alle durch das Feuer verursachten zusätzlichen Ausgaben im laufenden Betrieb kommt eine Betriebsunterbrechungsversicherung auf - allerdings zeitlich befristet auf ein Jahr und bis zu einer nachgewiesenen Höhe von maximal 385 000 Euro.
Im Interesse der Kinder
Aufgrund der neuen Entwicklung hätten sich die Kirchengemeinden Kreuzkirche, Friedenskirche und St. Petri bereit erklärt, die bisher vom Paul-Gerhardt-Kindergarten genutzten Räume bis zum Ende des Kindergartenjahres zur Verfügung zu stellen, um den Kindern unnötige Ortswechsel und Unruhe zu ersparen. Dekan Zinck ist den beteiligten Kirchenvorständen und den von Einschränkungen betroffenen Gruppen dankbar: "Das ist ein wunderbar solidarisches Verhalten."
Weiterer Neubau beim Hallenbad
Und wie sieht es mit den anderen stark renovierungsbedürftigen Kitas aus? Als Ersatz für den modernen Standards nicht mehr entsprechenden Kindergarten Goethestraße soll ein städtischer Aqua-Kindergarten beim Hallenbad entstehen. Das alte Mangersreuther Schulhaus in der Frankenleite wird generalsaniert: Zukünftig können dort vier Gruppen statt bisher eine untergebracht werden. Das Gebäude gehört der Bürgerhospitalstiftung, die Finanzierung teilen sich Stadt, Awo-Kreisverband und Eigentümerin.
Für die vier Kindergärten hat die Stadt für den Haushalt 2016 eine stattliche Investitionssumme eingeplant: insgesamt mehr als 4,8 Millionen Euro.
Zwischen Wunsch und Machbarkeit:
Kirchengemeinde speckt ihre Pläne ab
Träger des Paul-Gerhard-Kindergartens ist die Kirchengemeinde Mangersreuth. Deren Vorstand hat bereits im August eine Architektin mit der Planung des Kindergarten-Neubaus beauftragt und parallel dazu die Verhandlungen mit der Versicherung geführt. Diese sind inzwischen abgeschlossen: Die Versicherung bezahlt 2,1 Millionen Euro.Dieses Geld steht allerdings nicht komplett für den Kindergarten-Neubau zur Verfügung. Ein Drittel der Fläche des abgebrannten Gebäudes wurde von der Kirchengemeinde als Gemeindehaus genutzt. Künftig werden Kindergarten und Gemeinderäume getrennt. Auf dem bisherigen Gelände entsteht der neue Kindergarten, in Mangersreuth soll nahe der Kirche ein neues Gemeindehaus gebaut werden. Entsprechend wird die Versicherungssumme aufgeteilt, so Pfarrerin Bettina Weber: 1,4 Millionen für den Kindergarten, 700 000 für das Gemeindehaus.
Das Problem: Die Kostenschätzung der ersten Planung für den neuen Kindergarten beläuft sich mit 2,8 Millionen Euro auf das Doppelte des vorhandenen Kapitals. Selbst mit Zuschüssen weiterer Partner ist diese Summe nicht zu stemmen. "Was wünschenswert ist, aber nicht unbedingt sein muss, wird gestrichen", sagt Bettina Weber.
Die Architektin hat sich eine zweigeschossige Lösung für den viergruppigen Kindergarten einfallen lassen, die dem offenen pädagogischen Konzept in Bayerns einzigem Unesco-Kindergarten gerecht wird. "Daran wollen wir festhalten. Auf dem vorhandenen Gelände ist eine Bebauung mit nur einem Geschoss für vier Gruppen nicht zulässig. Das Grundstück ist dafür zu klein", sagt die Pfarrerin.
Für sie und den Kirchenvorstand steht fest, dass ein schöner Kindergarten entstehen soll, der auf die Zukunft ausgerichtet ist. "Bei der Finanzierung sind wir aber auf Unterstützung angewiesen und hoffen dabei auf eine Beteiligung der Landeskirche, der Stadt Kulmbach, der "Die Kita" und Spenden.