Druckartikel: Wer will Wetterfrosch werden?

Wer will Wetterfrosch werden?


Autor: Sonny Adam

Burghaig, Sonntag, 30. Oktober 2016

Die Burghaigerin Brigitte Adam betreut seit 21 Jahren eine Niederschlagsmessstation des Deutschen Wetterdienstes. Jetzt wird ein Nachfolger gesucht.
Jeden Morgen um 6.50 Uhr misst Brigitte Adam die im Hellmann-Niederschlagsmesser gesammelte Niederschlagsmenge und meldet das Ergebnis dem Wetterdienst. Foto: Sonny Adam


Eigentlich könnte Rentnerin Brigitte Adam (67) morgens um 6.50 Uhr noch gemütlich im Bett liegen, doch um diese Zeit ist sie bereits im Garten zu finden. Im Auftrag des Deutschen Wetterdienstes schaut sie, wie das Wetter ist. "Ich finde, das ist eine schöne Aufgabe. Um 6.50 Uhr wird gemessen, ob es Niederschlag gegeben hat. In der Sommerzeit erst um 7.50 Uhr ", erzählt Brigitte Adam.


Millimetergenaue Messung


Bei dem Messgerät, das in ihrem Garten im Ortsteil Burghaig steht, handelt es sich um einen sogenannten Hellmann-Niederschlagsmesser, erläutert Frank Sievers von der Regionalen Messnetzgruppe des Deutschen Wetterdienstes. Das Gerät aus Edelstahl wird vom Wetterdienst gestellt. Regen gelangt durch einen Trichter in eine Sammelkanne im Unterteil des Niederschlagsmessers.
In der Sammelkanne ist das Niederschlagswasser weitgehend vor Verdunstung geschützt, denn die Ergebnisse müssen genau sein. Zur Messung wird das gesammelte Niederschlagswasser in einen Messzylinder gefüllt, der eine millimetergenaue Bestimmung ermöglicht.

Bei zu erwartenden Schneefällen wird ein sogenanntes Schneekreuz in das Oberteil des Messgerätes gestellt. Dadurch wird der Schnee vor nachträglichen Verwirbelungen geschützt. Um den Schnee messen zu können, wird er aufgetaut.

In den vergangenen 21 Jahren hat Brigitte Adam genau Buch geführt und die Niederschlagsdaten an den Wetterdienst weitergemeldet. Einmal im Monat wurden zusätzlich noch einmal alle Daten auf dem Postweg übermittelt. "Die Daten werden gleich verschlüsselt. Sechs bedeutet, dass der Niederschlag in flüssiger Form gefallen ist. Bei Schneeregen würde ich die Kennziffer acht eintragen, bei festem Schnee die Kennziffer sieben", erklärt Brigitte Adam das Prozedere.

Im Winter wird zusätzlich noch vermerkt, wie hoch der Schnee ist, ob es sich um eine geschlossene Schneedecke handelt, um Schneeflecken oder um Restschnee. "Ich habe mich immer sehr für das Wetter interessiert. Und mir hat diese ehrenamtliche Aufgabe sehr viel Freude gemacht. Wenn man sich täglich mit dem Wetter beschäftigt, dann nimmt man es auch bewusster wahr", sagt Brigitte Adam. So hat sie die Erfahrung gemacht, dass es in den letzten Jahren fast nie vor Weihnachten geschneit hat. Meistens kam der Schnee erst im Januar oder sogar erst im Februar.

In Zukunft sollen die Daten nicht mehr mittels der Wetterbücher erfasst werden, sondern sie sollen täglich bis spätestens 8.15 Uhr in der Winterzeit und bis 9.15 Uhr in der Sommerzeit via Computer nach München gemeldet werden. "Wir legen auch Wert darauf, dass bei Krankheit oder bei Urlaub ein geeigneter Vertreter zur Verfügung steht", erklärt Sievers.


Abstand reicht nicht mehr


Doch es gibt noch eine andere notwendige Voraussetzung, die dem Deutschen Wetterdienst die Suche nach einem zuverlässigen neuen Wetterfrosch erschwert: Die Anforderungen an den Aufstellort haben sich geändert. Das ist auch der Grund, warum die langjährige Niederschlagsmesserin aus Burghaig das Amt abgibt. "Der Niederschlagsmesser muss so aufgestellt werden können, dass jedes Hindernis, auch Bäume, Büsche, Gebäude oder Ähnliches, doppelt so weit von dem Messgerät entfernt ist wie das Hindernis hoch ist", so Sievers. So müsste ein zehn Meter hoher Baum mindestens zwanzig Meter von dem Messgerät entfernt sein. "Und diese Regel gilt natürlich für alle Hindernisse, die sich in 360 Grad rund um das Messgerät befinden", erklärt der Experte. "Diese Standortbedingungen kann ich einfach nicht mehr erfüllen", sagt Brigitte Adam, die dies schon ein wenig bedauert.

"Standorte in den Ortschaften kommen wegen dieser Anforderungen kaum noch infrage, denn in normalen Gärten gibt es kaum solche Freiflächen. Deshalb befinden sich die neuen Standorte meist am Ortsrand oder sehr oft auch bei Landwirten, Kläranlagen oder ähnlichen Einrichtungen", sagt Sievers.

Die Station in Kulmbach sollte möglichst in Burghaig oder in der näheren Umgebung bleiben. "Der Niederschlagsmesser sollte außerdem auf natürlichem Boden stehen, also einer Wiese, im Garten - und eben nicht auf einem Balkon, Garagendach oder sonstigem", wünscht sich der Wetterexperte und hofft auf viele Bewerbungen.
Die Station in Kulmbach hat übrigens eine lange Tradition. "Sie existiert schon seit 1900 und läuft seitdem fast ohne Unterbrechungen", sagt Sievers: "Wir hoffen, dass wir jemanden finden, der als ehrenamtlicher Beobachter des nationalen Wetterdienstes zur Wetter- und Klimaüberwachung in Deutschland beitragen möchte."