Weißer Stuck und "Roter Sand"

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Uwe Franke vor seinem Arbeitsplatz Schloss Wernstein. Der 54-Jährige ist Ortskurator für Kulmbach und Oberfranken der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die zeigt in einer Ausstellung auf der Plassenburg Beispiele vorbildlicher Sanierungen (Auftakt am 20. März,19 Uhr). Foto: Nützel
Uwe Franke vor seinem Arbeitsplatz Schloss Wernstein. Der 54-Jährige ist Ortskurator für Kulmbach und Oberfranken der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die zeigt in einer Ausstellung auf der Plassenburg Beispiele vorbildlicher Sanierungen (Auftakt am 20. März,19 Uhr). Foto: Nützel

Kulmbachs historisches Rathaus, ein Schloss, eine Burg, sogar ein Leuchtturm: Prinzipiell kann alles ein Denkmal sein - wenn es Substanz hat und einer modernen Nutzung zugeführt wird. Das sagt Restaurator Uwe Franke. Der 54-Jährige betreut die Wanderausstellung "Seht, welch kostbares Erbe!" auf der Plassenburg.

Zitieren wir frei nach Forrest Gump: Denkmäler sind wie eine Schachtel Pralinen - man weiß vorher nie so genau, was man bekommt. Erst wenn man unter die Verpackung/Fassade guckt, ist man schlauer. Uwe Franke kennt diesen Überraschungsei-Effekt. Der freischaffende Restaurator, der auf Schloss Wernstein seine Werkstatt hat, war bei so einer Überraschung dabei: Als nämlich das Kulmbacher Rathaus sein wahres Alter preisgab.

"Wir haben nicht schlecht gestaunt, als wir im Kern Gründungspfähle fanden, die auf etwa 1448 datiert werden konnten." Danach war das historische Rathaus mit einem Schlag 50 Jahre älter als bislang angenommen. Die fachgerechte Sanierung hat dem Gebäude optisch zu neuer Blüte verholfen. Es gilt als Musterbeispiel dafür, wie es gelingen kann, dass Vergangenes Zukunft hat. So lautet auch der Slogan der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Das Rathaus ist sozusagen ein Stein gewordenes Sinnbild für die Fördertätigkeit der von privaten Gönnern getragenen Stiftung.

Uwe Franke betreut in seiner Funktion als Ortskurator für Kulmbach und Oberfranken eine Ausstellung, die anhand von 34 Objekten die Bandbreite des Denkmalschutzes dokumentiert: vom Bürgerhaus über Profanbauten bis zum Leuchtturm "Roter Sand" an der Wesermündung als Exempel eines Indusriedenkmals. Zu sehen sind die Schautafeln vom 21. März bis 21. April in der Hofstube der Plassenburg.

Charakter der Region bewahren

Franke nimmt das als Gelegenheit, das Bewusstsein für die Bedeutung des Denkmalschutzes in der Öffentlichkeit zu wecken. Anders als die staatliche Denkmalpflege ist die Stiftung rein privater Natur. Hier fließen erhebliche Mittel der Lotterie Glücksspirale zu. "Dazu spenden Bürger für den Erhalt der Baukultur in ihrem unmittelbaren Umfeld, weil sie möchten, dass ihre Region den unverwechselbaren Charakter dauerhaft bewahrt." Und gespendet wurde reichlich: Seit Stiftungsgründung 1985 sind bisher fast eine halbe Milliarde Euro aufgelaufen - Geld, mit dem in 4000 Fällen verhindert werden konnte, dass historische Bausubstanz buchstäblich Geschichte wurde. In Bayern zählt die Stiftung 220 geförderte Projekte: von Grabungen an der Heunischenburg in Kronach-Gehülz über das Bayreuther Richard-Wagner-Museum bis zur Marienkirche in Großheirath bei Coburg.

Sinnvolle Nutzung mitplanen

Doch Uwe Franke weiß auch: Nicht jedes Objekt ist per se erhaltenswert, nur weil es alt ist. "Deswegen stehen vor jedem Projekt zentrale Fragen: Was ist an Substanz vorhanden, welche Qualität und Werthaftigkeit hat sie? Nach welchem Konzept lässt sich das Vorhandene wieder zum Vorschein bringen? Aber nicht zuletzt: Welcher sinnvollen Nutzung lässt sich das Gebäude nach der Sanierung zuführen? Wir können und sollten uns kein riesiges Museum leisten. Ein Denkmal muss genutzt und mit Leben erfüllt werden dürfen. Und bezahlbar soll das alles auch noch sein."

Das Arbeiten mit und an historischer Bausubstanz ist für den Wernsteiner immer auch ein Spiel mit vielen Unbekannten. "Das macht Denkmalpflege ja zugleich auch interessant, schließlich um

spannt die Baugeschichte hier in unserer Region grob 1000 Jahre." Als Restaurator fühlt sich Franke als Bauphysiker, Kunst geschichler und natürlich Handwerker gleichermaßen herausgefordert. Er muss sich mit den zur jeweiligen Bauzeit genutzten Techniken und Materialien befassen. "Wenn man da aus fachlicher Unkenntnis Falsches miteinander verquickt, kann man bei der Sanierung mehr Schaden als Nutzen anrichten. Ich muss, überspitzt gesagt, wissen, dass ich ein Fachwerkhaus nicht mit Beton ausgießen kann."

Als Ortskurator der Stiftung sieht sich der 54-Jährige zugleich als Vermittler und Schnittstelle zu Bauherren, die ein historisches Gebäude qualifiziert herrichten wollen. Es gehe nicht darum, den Leuten mit einer Litanei an Vorschriften in den Kram zu reden, was sie zu tun und zu lassen haben. "Ich sehe mich als praktischer Dienstleister, der aufzeigt, was möglich ist."

Dazu gehöre in der heutigen Zeit auch, sich Gedanken zu machen um Energiesparpotenziale. "Man wird bei einem Fachwerkhaus nicht unbedingt den Vollwärmedämmschutz favorisieren - aber es gibt sehr wohl sinnvolle Modelle zur Innendämmung. Um Möglichkeiten und Lösungen auszuloten, dafür sind wir schließlich da."

Denkmalpflege sieht Uwe Franke als lebendigen Prozess. "Die Baugeschichte ist nicht gestern zu Ende gegangen - denn die Häuser von heute sind die Denkmäler von übermorgen. Wir begutachten, was uns etwas wert ist, um es den nächsten Generationen zu vererben. Dieses Erbe macht unsere Region so einzigartig." Wenn das wegfällt, sieht es überall gleich aus, sagt Franke. Dann habe man jene Uniformität, wie sie die Ladenpassagen der Großstädte heute aufweisen. "Da ist Vieles austauschbar geworden."