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Weggerissen ist's schnell


Autor: Christian Schuberth

Kulmbach, Montag, 21. März 2016

Der Sprungturm im Kulmbacher Freibad wurde in einer Nacht- und Nebelaktion gesprengt. Voreilig, finden viele Kritiker.
Der Sprungturm im Kulmbacher Freibad ist Geschichte. Foto: THW Kulmbach


Da liegt er nun, der schöne Sprungturm im Kulmbacher Schwimmbad. Obwohl aus Beton, war der markante Bogen ein fast schon filigranes Bauwerk, ein Muster-Beispiel für gelungene Zweck-Architektur. Nach 43 Jahren liegt das Werk nun in Trümmern. 70 Tonnen Stahlbeton binnen Sekunden zerstört von 1,4 Kilogramm Sprengstoff.

Der Turm gehörte zu Kulmbach wie die Plassenburg. Mit seinen stattlichen 13 Metern war er weithin ins Maintal zu sehen, fast schon ein Wahrzeichen.

Nun ist der Aufschrei groß, viele trauern um ihren Sprungturm, dem Spaßbringer ihrer Jugend. Was war das früher für ein Ansturm, wenn die Siebeneinhalb- und Zehnmeter-Plattformen geöffnet wurden. Der "Springer", wie wir ihn nannten, war schon etwas Einzigartiges. Denn weit und breit gibt es kein Schwimmbad, dass sich mit einer Zehn-Meter-Plattform schmücken kann.

Mangelnde Transparenz muss sich die Stadt Kulmbach nicht vorwerfen lassen. Denn im Oktober 2015 stand es schwarz auf weiß in dieser Zeitung, dass der Turm vermutlich abgerissen wird - wenn die 1,5 Millionen teure Sanierung der Sprunganlage nicht in ein spezielles Förderprogramm des Bundes für Sportstätten aufgenommen wird. Anfang März kam nun die Absage aus Berlin. Und dann ging es dem Turm ratzfatz an den Kragen.

Doch warum so plötzlich? Das fragen sich viele. Schließlich stand der Turm ja bombensicher. Marode war vielmehr das Becken davor! Hätte man dem Sprungturm nicht eine Galgenfrist gönnen, eventuell andere Fördertöpfe anzapfen können? Weggerissen ist's schnell. Frag' nach bei alten Bauernhäusern. Auch ihnen wünscht man oft geduldigere Besitzer, die auf einen neuen Nutzer bzw. eine neue Nutzung warten können. Christian Schuberth