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Wegen Corona: 10.000 Weihnachtssterne landeten auf dem Kompost


Autor: Werner Reißaus

Neuenmarkt, Sonntag, 31. Januar 2021

Wie kommen die Gärtnereien durch die Corona-Krise? Wir haben in zwei Betrieben nachgefragt und ganz unterschiedliche Auskünfte erhalten.
Petra und Clemens Friedrich sind bislang gut durch die Corona-Krise gekommen. Ihre Hauptkundschaft kommt mehr aus dem Landkreis Hof. Foto: Werner Reißaus


Der zweite Lockdown stellt viele nicht systemrelevante Betriebe, wie unter anderem die Hotellerie und Gastronomie, die Friseurhandwerksbetriebe oder auch die Gärtnereien vor eine harte Zerreißprobe. Bei einem Vergleich zweier Gärtnereien im Landkreis Kulmbach wurde allerdings deutlich, dass es hier gravierende Unterschiede gibt.

So musste die Neuenmarkter Gärtnerei Degen rund 10 000 Weihnachtssterne auf den Kompost werfen, denn das Weihnachtsgeschäft fiel gänzlich ins Wasser. Allein das ist ein finanzieller Verlust von rund 25 000 Euro. Die Gärtnerei Friedrich im verschneiten Marktleugaster Ortsteil Hohenberg hat dagegen mit Corona bislang nur wenige Probleme. Gärtnerei ist eben nicht gleich Gärtnerei.

Während in Neuenmarkt rund 250 000 Kulturen unterschiedlicher Art jährlich zum Wachsen gebracht werden, sind es in Hohenberg etwa 25 000 Pflanzen

Heinrich Degen ist rückblickend nicht gut auf die eine oder andere Entscheidung der Politik zur Bewältigung der Corona-Krise zu sprechen: "Wir wurden im zweiten Lockdown abgewürgt, woanders ging das Geschäft ganz normal weiter. Auch der erste Lockdown lief nicht ohne finanziellen Schaden ab, aber da wurde uns von staatlicher Seite geholfen - und das auch sehr unkompliziert. Wir hatten dann unbeschreibliches Glück, dass in Sachsen, dort ist einer unserer Hauptabnehmer, kein Lockdown war und wir wenigstens den großen Teil unserer Frühjahrsproduktion über die Großmärkte dort verkaufen konnten."

"Hervorragende Beet- und Balkonsaison"

Das Kaufverhalten der Kunden im ersten Lockdown sei ganz anders als sonst gewesen, "wir hatten eine hervorragende Beet- und Balkonsaison". Im Herbst ging es aber dann langsam bergab, wie Gärtnermeister Heinrich Degen schilderte. Einer der beiden Hauptlieferanten konnte statt 60 000 Heidepflanzen nur 15 000 liefern. Damit sei im Herbst ein riesengroßes Loch entstanden, denn die Calluna ist eine der Hauptkulturen der Gärtnerei.

Die ganze Hoffnung lag dann auf dem Verkauf von Weihnachtssternen, die im vergangenen Jahr in einer erstklassigen Qualität zur Verfügung standen, wie Gärtnermeister Heinrich Degen betonte: "Mit Corona wurde es immer schlimmer. Das Kaufverhalten hat sich damit dramatisch verändert. Wir haben in der Zeit nicht das abgesetzt, was wir sonst absetzen. Ab 15. Dezember war dann total dicht." Selbst der Abholdienst musste eingestellt werden. Bei den Großmärkten, die die Neuenmarkter regelmäßig beliefern, sei das Geschäft komplett weggebrochen. "Da sind wir oft in der Woche zweimal hingefahren, um unsere Weihnachtssterne zu liefern."

Ein dickes Lob verteilte Heinrich Degen in diesem Zusammenhang an Michael Seidel vom Edeka-Markt in Kulmbach und den REWE-Markt in Himmelkron, die noch kleinere Mengen an Weihnachtssternen abnahmen. Der Gärtnermeister war der Verzweiflung nahe, wie er offen einräumt. Sein Weg führte ihn schließlich zu seinem Steuerbüro, weil es beim ersten Lockdown noch finanzielle Hilfen gab: "Mir wurde dann aber gesagt, dass mir keine Hilfen mehr zustehen, weil unser Blumengeschäft bis 15. Dezember geöffnet war."

Für was er allerdings kein Verständnis hat, ist der Umstand, dass holländische Großhändler Schnittblumen in die Einkaufsmärkte liefern dürfen und die Blumen dort auch verkauft werden können: "Wir wurden ausgebremst. Und beim Einkaufen sehe ich, wie der holländische Zug abgeladen wird. Das sind einfach Sachen, die gehen nach meiner Ansicht nicht."

Mit "Click & Collect" sieht Gärtnermeister Heinrich Degen inzwischen einen kleinen Hoffnungsschimmer am Horizont. Mit einem gültigen Hygienekonzept können die Blumenfreunde ihre Blumen per Telefon oder Online bestellen und sie dann zum vereinbarten Termin abholen und bezahlen. Auf der Facebook-Seite der Gärtnerei Degen sind die Artikel und eine Preisliste zu finden.

Bei Gärtnermeister Clemens Friedrich (60) schaut die Welt ganz anders aus. 1994 übernahm er die alteingesessene Gärtnerei vom Vater und führt sie heute gemeinsam mit seiner Ehefrau Petra weiter.

So wenig wie über den Winter jammern Clemens und Petra Friedrich über die Corona-Beschränkungen, denn Januar und Februar waren in der Gärtnerei schon immer ruhig. Clemens Friedrich: "Die beiden Monate haben bei uns im Jahresverlauf keine große Bedeutung. Wir dürfen jetzt auch verkaufen, wenn unsere Kunden anrufen und die Ware abholen. Was fehlt, sind Kleinigkeiten, die Kunden sonst im Laden sehen und mitnehmen. Der jetzige Lockdown tut uns nicht so weh, wir jammern nicht. Uns ist es wichtig, dass wir im März/April wieder aufmachen können. Und ich bin zuversichtlich, dass es ein sehr gutes Jahr wird. Die Leute haben Sehnsucht nach Blumen."

Dazu trage auch die schneereiche Witterung bei: "Wenn die Menschen sechs bis acht Wochen nur Weiß sehen, dann wollen sie Farbe. Und wenn es losgeht, dann geht es richtig los." Gärtnermeister Clemens Friedrich weiß, wovon er spricht: "Meine Erfahrung sagt mir, dass es dann für uns sehr gut wird." Petra Friedrich bemerkt, dass sich die kleinen Gärtnereien in der Corona-Krise leichter behaupten können. Clemens Friedrich macht deshalb auch seinen Mitbewerbern Mut für das Frühjahr.

Er bezeichnet es aber als ein Ärgernis für seine Branche, dass die Einkaufsmärkte Blumen und Topfwaren verkaufen dürfen und ihr Sortiment deutlich hochgefahren haben.