Wasser im Landkreis Kulmbach: Keimfrei aus dem Hahn
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Dienstag, 07. Oktober 2014
Die Landkreise Bayreuth und Lichtenfels haben jüngst ihre Bürger angehalten, in manchen Orten das Wasser aus der Leitung abzukochen. Die Stadtwerke Kulmbach beugen dem durch eine ausgeklügelte Aufbereitung und ein engmaschiges Probenraster vor.
Die jüngste Nachricht kam aus der Gemeinde Heinersreuth im Kreis Bayreuth: Colibakterien im Leitungswasser! Aus dem Landratsamt erging eine so genannte Abkochanordnung (siehe Infokasten). Eine ähnliche Aufforderung verschickte jüngst die Kreisbehörde in Lichtenfels: Nach einem Wasserrohrbruch waren überhöhte Keimwerte im Wasser nachgewiesen worden. Bürger sollten unter anderem in mehreren Ortsteilen von Altenkunstadt das Wasser abkochen. Die Anordnung gilt bis zum Vorliegen einwandfreier bakteriologischer Untersuchungsergebnisse, teilen die Behörden mit.
"Nie ganz auszuschließen"
"So etwas lässt sich - bei aller Vorbeugung - leider nie ganz ausschließen", sagt Stephan Pröschold, Leiter der Kulmbacher Stadtwerke. Szenarien, wie es zu einer Verunreinigung des Trinkwassers kommen kann, sind viele denkbar. "Man stelle sich vor, ein Lastwagen mit giftigem Transportgut verunglückt auf der Bundesstraße und die Chemikalien gelangen in einen unserer acht Tiefbrunnen. Weniger dramatisch, aber auch denkbar: Ein Landwirt bringt Gülle im Wasserschutzgebiet aus, wo er es nicht dürfte, und die tierischen Fäkalien dringen in den Boden und verunreinigen womöglich das Quellwasser."
Das Wasser für Kulmbachs Bürger kommt aus einem großen Areal zwischen Marktschorgast und Stammbach - das so genannte Quellgebiet Perlenbach. Etwa 80 Prozent bedecken Wald. "Wenn im unmittelbaren Umfeld keine Felder bewirtschaftet werden, reduziert sich auch die Gefahr, dass Einträge aus der Landwirtschaft wie Pestizide, aber auch Düngemittel ins Wasser gelangen", sagt Pröschold. Deshalb sei es auch Politik der Stadt und der Stadtwerke, weitere Flächen im Quellgebiet zu erwerben.
Alles aus eigenen Vorräten
Das allein freilich garantiert noch kein genießbares Trinkwasser, weiß auch Oliver Voß. Der Diplomingenieur deutet auf ein Konvolut an chemischen Formeln und DIN-Nummern: der Prüfbericht eines externen Labors. "Unser Leitungswasser muss den strengen Vorgaben der Trinkwasserverordnung genügen - und die deutsche legt da noch härtere Maßstäbe an als die EU." Die Stadt sei in der glücklichen Lage, so Voß, den Wasserbedarf ausschließlich aus eigenen Vorräten decken zu können. Neben dem Perlenbachgebiet gewinnen die Stadtwerke das kostbare Nass aus acht Tiefbrunnen. Das Wasser aus beiden Vorkommen wird in der Aufbereitungsanlage Kulmbach vermengt. "Das ist nötig, um es in das Kalk-Kohlensäure-Gemisch zu bringen", sagt Voß. Das in der Aufbereitungsanlage Marktschorgast für den Transport zugegebene Chlordioxid sei am Ende der Leitung nicht mehr nachweisbar.
Auch wenn das Grundwasser bereits von hoher Güte ist, muss es trotz natürlicher Filterung durch die diversen Gesteinsschichten aufbereitet werden. "Wir filtern in den Anlagen unter anderem Eisen, Mangan und Trübungspartikel heraus." Eine 2007 installierte Ultrafiltrationsanlage scheidet alle Viren und Keime ab, die gegebenenfalls im Rohwasser vorhanden sein könnten. Um rechtzeitig zu erkennen, ob sich ungebetene Gäste ins Wasser eingeschmuggelt haben, ziehen die Stadtwerke laut Voß pro Jahr etwa 270 mikrobiologische und 24 chemische Proben - und das über das gesamte Verteilnetz. "Dieses Proberaster ist extrem engmaschig", sagt Voß.
Die Stadtwerke vergeben Analysen an fremde Labors und sind zudem zertifiziert über den Deutschen Verein Gas/Wasser nach TSM (Technisches Sicherheitsmanagement). "Bundesweit haben sich nur zwei Prozent aller Versorger diesen sehr strengen Kontrollmechanismen unterzogen."
Für den Fall der Fälle aber, wenn eine Probe Werte jenseits der erlaubten Verordnungsgrenzen liegt, muss der Versorger sofort das zuständige Gesundheitsamt unterrichten. "Das Amt ergreift dann seinerseits Maßnahmen wie die Unterrichtung der Bürger, das Wasser auf bestimmte Zeit abzukochen. Wir als Versorger müssen unsere Hausaufgaben machen. Dazu gehört, schnellstmöglich die Stelle ausfindig zu machen, in der die Keime oder Viren ins Wasser gelangt sind."
Für den Problemfall steht im Wasserwerk Kulmbach eine Notchloranlage zur Verfügung. "Je besser das Leitungssystem und die Verteilnetzanlagen gewartet sind, desto höher die Sicherheit", sagt Voß. Die Stadtwerke stellen die Unbedenklichkeit des Produkts Wasser bis zum Übergabepunkt in den Haushalten und Betrieben sicher. "Ab dem ersten Schieber ist der Eigentümer verantwortlich. Allerdings ist noch eine zusätzliche Sicherung eingebaut: Erst wenn vom Besitzer nachgewiesen wurde, dass ein zertifizierter Betrieb den Anschluss vorgenommen hat, installieren wir unsere Wasseruhr."
Durch dieses engmaschige Netz an Kontrollen sei es, so Voß, in den vergangenen Jahren zu keiner Belastung des Leitungswasser gekommen. Werkleiter Stephan Pröschold kann sich an einen Vorfall erinnern, der aber viele Jahre zurückliegt. "Damals gelangte aus dem Betriebsbrunnen im Gelände der Kläranlage Wasser über ein defektes Sicherheitsventil in das Trinkwassernetz."
Wasserversorgung: Der lange Weg von der Quelle bis zum Haus