Druckartikel: Warum "bio" nicht gleich "glücklicher" ist

Warum "bio" nicht gleich "glücklicher" ist


Autor: Adriane Lochner

Kulmbach, Dienstag, 14. Sept. 2021

Ein Werbeplakat sorgt für Diskussionen darüber, wie man Kühe halten sollte.
Ist die Kuh glücklich, gibt sie bessere Milch, wird behauptet. Doch liegt das nur am Futter?


"Macht mit Kohlrabi Kühe glücklich" - das steht in großen Buchstaben auf den neuen Werbeplakaten - zu sehen unter anderem an der Kreuzung zwischen Albert-Ruckdeschel- und Saalfelder Straße. Initiiert wurde die Kampagne von der Dennree GmbH, einem Großhändler für Bio-Produkte. Alle Biomärkte, die von ihr beliefert werden, sind in dem Verbund zusammen geschlossen. Auch Daves Biomarkt in Kulmbach gehört dazu.

"So eine pauschale Aussage ist missverständlich für Verbraucher", sagt Klaus Schiffer-Weigand, Landwirtschaftsdirektor am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kulmbach. Man könne denken, Kühe würden Kohlrabi fressen - was ihnen nicht gut bekomme - oder dass man mit einer veganen Lebensweise Kühe rette.

Eine Dennree-Sprecherin teilt mit, dass man sich bewusst sei, dass solche Werbeslogans auf manche im ersten Moment irritierend wirkten. "Wir haben diese Formulierungen jedoch bewusst gewählt, um Aufmerksamkeit für unsere Werte, also die der ökologischen Landwirtschaft, und für die Qualitäten ökologisch erzeugter Produkte zu erzeugen." Gemeint ist also, dass man mit einem Einkauf beim Biomarkt, auch das Tierwohl fördert. Aber sind Biokühe wirklich glücklicher?

Landwirt Alexander Eber vom Biegersgut bei Höferänger glaubt das nicht: "Unternehmen versuchen mit der Unwissenheit der Leute ihre Produkte an den Mann zu bringen." Deshalb sei es wichtig, Aufklärung zu betreiben. Sein konventioneller Milchviehstall wurde 2005 gebaut und entspricht allen Anforderungen.

Konventionell und Bio sehr ähnlich

65 Milchkühe laufen darin frei herum, fressen und liegen, wann sie wollen. Wenn der Rücken juckt, können sie sich unter eine Massagebürste stellen. Auf die Frage, wie man Kühe glücklich macht, antwortet Eber: "Kühen geht es dann gut, wenn sie einen geregelten Alltag haben." Glücksfaktoren seien dabei frisches Wasser, schmackhaftes Futter, viel Licht und frische Luft sowie Zugang zu Artgenossen. "Eine ruhige Herde ist ein Zeichen für Wohlbefinden. Wenn das Fell glänzt, passt die Fütterung" sagt er. Würde man ständig das Futter wechseln, würde die Kuh Magenprobleme bekommen. Die Bakterien, die ihr bei der Verdauung helfen, brauchen zwei Wochen bis sie sich auf ein bestimmtes Futter einstellen.

Biokühe bekommen genau wie konventionell gehaltene Kühe neben Heu und Stroh auch Gras- und Maissilage zu fressen, nur dass das Futter nach ökologischen Richtlinien erzeugt wurde. Biolandwirt Hermann Grampp aus Unterkodach hat einen ähnlichen Stall wie konventionelle Milchviehhalter. Seine Kühe haben etwas mehr Platz und einen zusätzlichen Auslauf im Freien. Der Biolandwirt sagt: "Ich glaube nicht, dass Biokühe glücklicher sind als konventionelle."

Der Kulmbacher Tierarzt Bernd Volpert bestätigt, dass es bei ausschließlicher Stallhaltung kaum einen Unterschied gibt. "Wenn Weidehaltung dabei ist, dann fühlen sich die Kühe wohler", sagt er. Doch nur etwa bei der Hälfte der Biobetriebe, die der Tierarzt betreut, können die Kühe auf die Weide. Zwar ist bei den meisten Verbänden die Weidehaltung Vorschrift, doch gibt es Ausnahmen, falls Landwirte nicht die passenden Flächen dazu haben. Beim Kauf von Biomilch sei es also nicht garantiert, dass sie von Weidekühen stammt.

"Weide allein ist nicht der Schlüssel zum Erfolg", sagt Eva Zeiler, Professorin für ökologische Tierproduktion von der Hochschule Weihenstephan-Triersdorf. "Viele Betriebe bieten derzeit so eine Art Jogging-Weide an und füttern im Stall." Weide sei aber dazu da, dass die Tiere zu 80 oder 90 Prozent ihren Futterbedarf decken. "Es fehlt an Know-how, Fläche und an der richtigen Rasse." Eine Kuh könne 80 bis 100 Kilo Frischmasse auf der Weide fressen. Verzichte man auf Kraftfutter, lässt die Leistung nach und die Milch wird teuerer. "Ich würde mir wünschen, dass ein Liter Milch so viel kostet wie eine Maß Bier auf dem Oktoberfest", sagt Zeiler. Auf diese Weise hätte man nicht nur glückliche Kühe, sondern auch glückliche Landwirte.

Was in keinem Bio-Verband Vorschrift ist, ist die kuhgebundene Kälberaufzucht. Das ist eine neue Methode in der Milchviehhaltung, bei der die Kälber bei ihren Müttern oder einer Amme bleiben dürfen - normalerweise werden sie gleich nach der Geburt voneinander getrennt.

Auf die Frage, ob es für Verbraucher eine Möglichkeit gibt, auf solchen Höfen erzeugte Milch von der herkömmlichen Biomilch zu unterscheiden, antwortet eine Denree-Pressesprecherin, dass "eine kuhgebundene Aufzucht nicht bei allen Betrieben garantiert werden kann".

Wer also nicht nur glückliche Kühe, sondern auch glückliche Kälber fördern will, muss nach Betrieben mit kuhgebundener Aufzucht Ausschau halten.