Wärme aus Luft, Erde oder Wasser
Autor: Matthias Litzlfelder
Kasendorf, Donnerstag, 02. Juli 2015
Im Landkreis Kulmbach sitzt mit der Firma AIT-Deutschland einer der bundesweit größten Hersteller von Wärmepumpen. Das Kasendorfer Unternehmen muss sich derzeit in einem rückläufigen Markt behaupten.
Sie gilt als umweltfreundliches Heizsystem, vor allem in Verbindung mit regenerativ erzeugtem Strom: 35 Prozent aller Neubauten in Deutschland werden mit einer Wärmepumpe ausgerüstet, heißt es in der Branche. Doch für die Hersteller solcher Wärmelieferanten lief es schon mal besser. "Es wird nicht mehr die Boomjahre geben wie 2006 bis 2008", sagt Clemens Dereschkewitz. Der 51-Jährige ist Geschäftsführer der Firma AIT-Deutschland in Kasendorf (Landkreis Kulmbach).
Anderer Name
Damals, zur Zeit des Booms, war Dereschkewitz noch Geschäftsführer beim Konkurrenten Glen Dimplex in Kulmbach. Anstehende Änderungen bei der Eigenheimzulage oder der Mehrwertsteuer hatten damals am Markt zu einem deutlichen Anstieg der Nachfrage geführt und den Herstellern von Wärmepumpen hohe Zuwachsraten beschert.
Derzeit sind diese schon froh über eine Stagnation, setzen aber auf die mehr als sieben Millionen Heizungen in Deutschland, die stark sanierungsbedürftig sind.
Seit 2011 verantwortet De reschkewitz die Geschäfte der AIT-Deutschland GmbH, ein Name, der den wenigsten noch bekannt ist. Schließlich war das 1998 als Zwölf-Mann-Betrieb gegründete Unternehmen lange Zeit unter seinem Markennamen "Alpha Innotec" tätig. Erst vor zwei Jahren kam es zu einer Änderung des Firmennamens. "Wir haben verschiedene Marken, nicht nur Alpha Innotec", erklärt Dereschkewitz diesen Schritt unter anderem.
Schwedische Mutter
Als er Anfang 2011 in Kasendorf die Führung übernahm, hatte die Schweizer Schulthess-Gruppe als Mutterkonzern hier das Sagen. "Ich rede heute weniger mit der Schweiz, ich rede mit Schweden", berichtet der AIT-Chef nun. Denn inzwischen ist auch der Wärme- und Kälte technikspezialist Schulthess von einem Konkurrenten übernommen worden. Seit dem Sommer 2011 gehören die Schweizer und damit auch AIT in Kasendorf zum schwedischen Wärmetechnologieunternehmen Nibe.
"Nibe ist in Europa der größte Heizungswärmepumpen-Hersteller", sagt Dereschkewitz. Innerhalb des Konzerns gebe es Wettbewerb. So träten die Wärmepumpen aus Südschweden in Konkurrenz zu denen aus Kasen dorfer Produktion.
Großhandel und Installateure
Eine solche Wärmepumpe funktioniert ähnlich wie ein Kühlschrank - nur umgekehrt. Der Kühlschrank entzieht in seinem Innenraum den Lebensmitteln Wärme und gibt sie über die Rückseite nach außen ab. Die Wärmepumpe macht dies mit dem Außenbereich - mit der Luft, mit dem Erdreich oder mit der Wärme des Grundwassers. Dementsprechend gibt es beim Wärmepumpenhersteller AIT-Deutschland auch drei verschiedene Arten von Wärmepumpen mit jeweils unterschiedlichen Leistungsgrößen. Hinzu kommt eine vierte Serie, die als Sole-Wasser-Pumpe (Wärme aus dem Erdreich) für den Einsatz in gewerblichen und industriellen Großobjekten wie Hotels oder Bürogebäuden zum Einsatz kommt.
Aufgedruckt an den Geräten ist nicht das Logo von AIT. Die Wärmepumpen werden unter den Marken Alpha Innotec und Novelan vertrieben. "Novelan wird nur über den Großhandel, Alpha Innotec nur über den Installateur verkauft", erklärt Dereschkewitz. "Von der Technik her sind beide ziemlich gleich." Laut AIT besorgen 75 Prozent der Installateure ihre Geräte über den Großhandel. Anders als bei Novelan, wo Geräte nur in Deutschland, Österreich und Tschechien verkauft würden, liefere man Geräte mit dem Markennamen Alpha Innotec an Installateure in 24 Ländern - in der Regel in Europa.
450 Beschäftigte
Die 450 Mitarbeiter, die AIT in Kasendorf beschäftigt, fertigen aber nicht nur Wärmepumpen. Unter der Marke KKT Chillers, die 2010 durch eine Produktionsverlagerung innerhalb der Schulthess-Gruppe von Lauf an der Pegnitz (Landkreis Nürnberger Land) nach Kasendorf kam, stellt AIT-Deutschland Kaltwasserkühler her. Der englische Begriff "chiller", übersetzt Kühler/Kühlapparat, im Markennamen deutet bereits darauf hin.
"Wir erzeugen damit Kaltwasser, um Anlagen und Maschinen zu kühlen. Die Firma Krones in Neutraubling ist einer unserer größten Kunden", erzählt Geschäftsführer Dereschkewitz.
Siemens als Kunde
Am Beispiel der Krones AG wird der Einsatzbereich der in Kasendorf produzierten Kaltwasserkühler deutlich. Die Firma aus dem Landkreis Regensburg stellt Anlagen für die Abfüllung und Verpackung von Getränken her, zumeist für PET-Flaschen. Solche Streckblasmaschinen müssen gekühlt werden. "Dafür liefern wir für Krones die Kühlung weltweit", sagt Dereschkewitz. "In unsere Chiller kommt Warmwasser rein und Kaltwasser raus. Und was in der Kiste passiert, ist das Gleiche, was in der Wärmepumpe passiert", beschreibt er auf einfache Weise den Kältekreislauf.
Auch die Magnetresonanztomographen von Siemens benötigen eine Kühlung. Weltweit verwendet die Medizinsparte von Siemens dabei Geräte aus Kasendorf.
Betrachtet man die Stückzahlen, so machen die Kaltwasserkühler derzeit gerade einmal zehn Prozent des Geschäfts von AIT aus. Das wird sich nach Unternehmensangaben schon im nächsten Jahr ändern. Dann sollen es 20 Prozent sein.
Neues Zentrum für Forschung und Entwicklung
Wie viele Geräte AIT insgesamt auf den 15 000 Quadratmetern Produktionsfläche in Kasendorf jährlich herstellt, darüber macht das Unternehmen keine Angaben. Die Rede ist lediglich von mehreren zehntausend Geräteeinheiten.
Ein gestern am Unternehmenssitz eröffnetes Forschungs- und Entwicklungszentrum soll neuen Schub geben, um schneller neue Produkte zu entwickeln und zu testen.
Und die Konkurrenz in Kulmbach? "Ich sehe Dimplex nicht als Wettbewerber, sondern als marktbe gleitendes Unternehmen", sagt Dereschkewitz. "Bei Wärmepumpen müssten wir marktanteilsmäßig fast einen Tick besser sein." Der Landkreis Kulmbach nehme jedenfalls durch beide Unternehmen eine herausragende Stellung ein: "Nirgendwo in Deutschland werden mehr Wärmepumpen produziert als hier."