Vorwürfe gegen die Awo: Was sagt die Basis?
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Montag, 09. März 2020
Die Arbeiterwohlfahrt sieht sich erneut medialen Vorwürfen gegenüber. Was hält die Basis von der Debatte um den Kreisvorstand?
Hartmut Rochholz hat die Nachfrage der BR nicht wirklich überrascht. Der Vorsitzende des Awo-Ortsvereins Kulmbach war zwar jüngst im Urlaub - allerdings hat er die Vorwürfe mehrerer Medien gegen den Kreisverband natürlich mitbekommen. Zur Erinnerung: Es geht unter anderem um die jahrelangen Vergaben von Architektenleistungen bei Awo-Bauvorhaben an das Büro von Hans-Hermann Drenske, den Ehemann der Kreisvorsitzenden Inge Aures. Ein Vorgehen, das in der Vergangenheit bereits mehrfach von internen wie externen Prüfern gerügt worden sei.
Inge Aures hatte stets betont, die Aufträge an ihren Mann reichten bis 1992 zurück - lange bevor sie zur 2014 zur Kreisvorsitzenden gewählt wurde. Um den Verdacht einer Interessenkollision von vorne herein zu vermeiden, sei alles beim übergeordneten Awo-Verband angemeldet und dort nie beanstandet worden. Zudem habe sich der Kreisverband aus den genannten Gründen einen eigenen Regelungskodex gegeben, den "Code of Conduct", der die Compliance-Vorgaben des Bundesverbands noch strenger auslege.
"Nichts Negatives gehört"
In der Berichterstattung werden anonym Vereinsmitglieder und Awo-Mitarbeiter zitiert, wonach im Kreisverband "die Luft knistert". Für Rochholz, der zugleich Inge Aures' Stellvertreter ist, sei das "nicht nachvollziehbar", wie er sagt. "Wir sind bei uns im Vorstand alle gut vernetzt. Ich kann dazu sagen, dass ich von meinen Leuten innerhalb der Awo nichts Negatives gehört habe. An mich ist bislang auch keiner in dieser Angelegenheit herangetreten oder hat eine Beschwerde vorgetragen. Wenn das von außerhalb in den Verband reingetragen wird, dann kann ich das natürlich nicht beurteilen."
Er selber könne die harsche Kritik an der Kreisvorsitzenden und an der Arbeit des Kreisverbands nicht verstehen. "Ich finde es unangemessen, wie die Awo angegangen wird. Ich bedauere es und hoffe, die Mitglieder sehen es genauso. Da will uns einer offenbar was am Zeug flicken." Im Ortsverein, fügt er an, seien aktuell etwa 700 Mitglieder organisiert. Austritte habe es keine gegeben.
Politisch motiviert?
Gleiches verlautbart aus dem Awo-Ortsverein Mainleus. Dessen Vorsitzende Adelheid Wich spüre nichts von Verunsicherung bei den 285 Mitgliedern. "Wir hatten jüngst unsere Frühjahrs-Haussammlung durchgeführt, dabei ist niemand von uns auf die Vorgänge angesprochen worden, ich selber auch nicht. Ich leite zudem den Seniorentreff und die Seniorengymnastik, da hat keiner was in diese Richtung geäußert." Sie habe eine Vermutung, wie sie sagt. "Es könnte sich um eine "politische Retourkutsche" handeln, weil aus den Reihen der SPD die Anzeige gegen OB Henry Schramm gestellt wurde. Näher wolle sie sich nicht auf die aktuelle Debatte eingehen.
Das bekundet auch Horst Linhardt, Vorsitzender des Ortsvereins in Trebgast. "Wir sollten abwarten, was die Überprüfung der Vorgänge durch den Bezirksverband Ober- und Mittelfranken sowie den Bundesverband ergeben." Die Situation aber habe nichts zu tun mit angeblich abgesagten Sammlungen einzelner Kreisverbände, wie spekuliert wird. "Wir sammeln seit Jahren nicht mehr, weil wir keine Leute mehr dafür haben", betont Linhardt. Anderen Ortsvereinen erginge es genauso. Die Sammlungsergebnisse hätten für ein Dienstleistungsunternehmen wie die Awo mit millionenschweren Haushalten ohnehin nicht die große Bedeutung.
Was stand in den Berichten?
Was die Kritik am Kreisverband angeht, so werden nicht nur externe Prüfer wie etwa der Kölner Sachverständige Stephan Dick zitiert, der sich angeblich über unzumutbare Jahresabschlüsse des Kreisverbandes beschwerte, sondern auch interne Awo-Revisoren. Einer von ihnen war bis November 2018 Heinz Nowack, Ortsvereinsvorsitzender für Stadtsteinach. Er sagt auf Anfrage unserer Zeitung: "Die Sitzungen des Kreisverbandes sind nicht öffentlich. Was wir als Revisoren zu den Abschlüssen sagen, ist demnach auch nicht öffentlich und wird auch so behandelt. Unsere Unterlagen sind eigentlich nicht öffentlich, ich kann es mir deswegen nicht erklären, wie die Unterlagen zu den Medien gekommen sind." Zu den Inhalten seiner Berichte äußert er sich nicht.