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Vorsorge erspart den Gang zum Gericht


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Freitag, 16. Mai 2014

Wer seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, bekommt einen Betreuer zur Seite gestellt. Mit schriftlichen Vollmachten lässt sich das vermeiden. Wie das geht, zeigen die Kulmbacher Betreuungsvereine bei zwei Informationsveranstaltungen.
Mit einer Vorsorgevollmacht kann jeder selbst bestimmen, wer in seinem Namen Entscheidungen treffen darf. Elisabeth Reiser-Klötzer und ihre Kolleginnen der Kulmbacher Betreuungsvereine beraten Interessierte im Vorfeld. Foto: Vanessa Schneider


Viele Jahre lang hat sich Herta M. keine Gedanken über Pflegebedürftigkeit und Hilfebedarf im Alter gemacht. Ihre engste Vertraute war ihre Nichte Monika N., doch wenn diese sie auf das Thema Betreuung ansprach, reagierte die Tante giftig. Bevormunden oder abschieben lasse sie sich nicht.

Mit 83 Jahren dann ein Sinneswandel. Bekannte, die ihre Dinge plötzlich nicht mehr selbst regeln konnten und nicht vorgesorgt hatten, bekamen von Amts wegen einen Betreuer an die Seite gestellt. Das wollte die Kulmbacherin nicht. Ihr Hausarzt riet ihr, der Nichte eine Generalvollmacht auszustellen und erstellte ihr dafür ein Attest, das ihre uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit bestätigte.




Keine Rechte ohne Vollmacht
Die Entscheidung fiel gerade noch rechtzeitig, denn wenig später wurde die alte Dame krank: "Sie wurde fast von einem Tag auf den anderen pflegebedürftig, ohne

Vorwarnung, war nicht mehr ansprechbar", erinnert sich die Nichte.

Dank der Vollmacht konnte sie alle wichtigen Dinge regeln, ohne dass das Betreuungsgericht eingeschaltet werden musste: Heimplatz, Pflegeeinstufung, Haushaltsauflösung, Vermögensverwaltung, medizinische Versorgung - die Vollmacht gab ihr alle Befugnisse.

Beim Thema Geld und Rente ist das Thema Vorsorge in aller Munde, aber Betreuungen und vorsorgende Vollmachten sind für viele Menschen noch immer ein Tabuthema. Diese Erfahrungen machen die Mitarbeiterinnen der Kulmbacher Betreuungsvereine (Awo, BRK, Caritas und Diakonie) häufig. Ihr Anliegen: Aufklärung. Denn wer nichts unternimmt, muss akzeptieren, dass im Fall der Fälle andere entscheiden.

Ärztliches Gutachten ist die Basis
"Die Zahl der Betreuungen steigt. Das ist einerseits eine Folge des demografischen Wandels, denn immer mehr pflegebedürftige alte Menschen sind auf Unterstützung angewiesen", sagt Elisabeth Reiser-Klötzer (BRK). Doch auch die jungen Klienten werden zahlreicher: "Suchtprobleme und psychische Krankheiten nehmen zu."

Grundlage für ein Betreuungsverfahren ist immer ein gerichtlich in Auftrag gegebenes ärztliches Gutachten, meist angeregt durch Angehörige, Ärzte, Pflegekräfte oder Nachbarn, die beobachten, dass ein Mensch sein Leben nicht allein meistern kann. Entmündigt wird der Betreute dadurch nicht: "Die Betreuung wird nur für den Bereich angeordnet, in dem Handlungsbedarf besteht", sagt Lotte Eschenwecker (Caritas). So kann es durchaus sein, dass jemand sich um seine Gesundheit und seinen Haushalt selbst kümmert, Geldangelegenheiten aber nicht allein regeln kann.

Am besten ist es natürlich, wenn das Gericht gar nicht eingreifen muss, sagt Angelika Weiß, als Gruppenleiterin zuständig für Betreuungssachen am Amtsgericht Kulmbach. Dort laufen derzeit mehr als 2000 Betreuungsverfahren. "Eine wirksam errichtete Vorsorgevollmacht macht ein Betreuungsverfahren überflüssig. Wenn es eine Person gibt, zu der man Vertrauen hat, kann man bis ins kleinste Detail alles so regeln, wie man es haben möchte."

Weiß wünscht sich ebenso wie die Profis der Betreuungsvereine, dass die Bürger sich frühzeitig Gedanken über dieses Thema machen: "Es ist immer besser, seine Dinge selbst zu regeln, ohne dass der Staat eingreifen muss."
Obendrein erspart man mit einer Vollmacht dem Betreuenden viel Arbeit: Betreuer müssen dem Gericht jedes Jahr eine Rechnungslegung über sämtliche Konten mit Belegen für alle Ausgaben und Einnahmen abliefern. Bei Ehepartnern und Kindern als so genannten "befreiten Betreuern" genügt zwar ein vereinfachter Jahresbericht, aber auch der muss gemacht werden.

Obendrein kostet eine Betreuung auch noch Geld, mindestens 200 Euro pro Jahr, abhängig vom verwalteten Vermögen. Nur wenn dieses unter 25.000 Euro liegt, fallen keine Gebühren an.
Vorsorgende Vollmachten bedürfen unbedingt der Schriftform. Wie man das richtig macht, das zeigen die Betreuungsvereine bei zwei Informationsnachmittagen am Dienstag, 27. Mai, um 16 Uhr in der Awo-Geschäftsstelle in der Oberen Stadt 36 und am Dienstag, 3. Juni, um 16 Uhr im Haus kirchlicher Dienste in der Bauergasse.