Von Quacksalbern und Pionieren - die Geschichte der Krankenversorgung
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Mittwoch, 05. Februar 2014
Wer krank ist, geht zum Arzt, bei schweren Erkrankungen oder für notwendige Operationen ins Klinikum. Was heute als Standard gilt, ist keineswegs selbstverständlich, wenn man die Geschichte der Krankenversorgung erforscht. Dieser Aufgabe hat sich der Kulmbacher Gerhard Endsberger gewidmet.
Der ehemalige Chefarzt, der 26 Jahre für die allgemeine Chi rurgie in der Inneren Abteilung verantwortlich war, hat 2011 anlässlich des 50-jährigen Bestehens des neuen Klinikums die Kulmbacher Krankenhausgeschichte von den mittelalterlichen Anfängen der Medizin in Kulmbach bis zur Gründung des Stadt- und Kreiskrankenhauses 1960 untersucht und als Buch herausgebracht.
"Meine Kollegen und ich haben zu unserer Zeit geholfen, ein perfektes Haus für die medizinische Versorgung der Kulmbacher aufzubauen. Und ich wollte gern erfahren, was es vorher gab und wie sich die Medizin in Kulmbach entwickelt hat", erzählt der Mediziner.
Leicht war das nicht, denn die Aufzeichnungen sind spärlich. Doch es ist Endsberger gelungen, viele Lücken zu schließen.
"Jahrhundertelang betrachteten die Menschen Krankheiten als von Gott gesandte Sühne für ihre Sünden", so Endsberger. Astrologie und Aberglaube spielten eine große Rolle; Heilkräuter, Beschwörungsformeln und Schwitzkuren, Abführen und Aderlass waren Methoden, mit denen Kranke traktiert wurden. Erst in der Renaissance gewann neben dem Studium der Anatomie die Beschäftigung mit aus Pflanzen gewonnenen Arzneimitteln an Bedeutung.
"Abscheu erweckende Kranke"
Das gesamte Mittelalter hindurch bis in die Neuzeit lösten Seuchen wie Lepra, Syphilis, Pest, Fleckfieber und Pocken verheerende Epidemien aus, die ganze Landstriche entvölkerten. Die Absonderung dieser "Abscheu erweckenden Kranken" führte zu den Siechenhäusern.
Das erste Kulmbacher Krankenhaus entwickelte sich aus dem 1792 errichteten Militärlazarett am Grünwehr, das ab 1802 der allgemeinen Bevölkerung offen stand. 1849 wurde dafür eine Art Krankenkasse gegründet, in die alle Gesellen, Lehrlinge und Dienstboten einen monatlichen Beitrag einzahlten und damit Anspruch auf unentgeltliche Behandlung erwarben.
Das erste richtige und für damalige Verhältnisse recht modern konzipierte Stadtkrankenhaus wurde 1876 während Kulmbachs wirtschaftlicher Blütezeit in der Pestalozzistraße errichtet und - unter zeitweise extrem schwierigen Bedingungen - genutzt bis zum Neubau des heutigen modernen Klinikums 1960, dessen Entwicklung in den vergangenen 53 Jahren den vorläufigen Schlusspunkt der Kulmbacher Medizingeschichte setzt.