Vier wollen Chef im Kulmbacher Rathaus werden
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Dienstag, 18. Februar 2020
Die Bayerische Rundschau und Radio Plassenburg haben alle OB-Kandidaten zur Diskussion eingeladen. Im Mittelpunkt: die Vorwürfe gegen Henry Schramm.
So großes Interesse an einer lokalpolitischen Podiumsdiskussion ist selten. Schon eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn ist kein Stuhl mehr frei im Saal des Gasthofs Geuther in der Blaich. Dicht gedrängt sitzen die Zuhörer, viele geben sich mit Stehplätzen zufrieden. Die Diskussion um die überwiegend anonymen Vorwürfe gegen OB Henry Schramm und die in diesem Zusammenhang gestellten Strafanzeigen haben offensichtlich bei vielen neues Interesse an der Frage geweckt, wer künftig Chef im Rathaus sein soll.
Henry Schramm (CSU und gleichzeitig Kandidat von WGK und FDP) und seine Herausforderer Ingo Lehmann (SPD), Dagmar Keis-Lechner (Grüne) und Hagen Hartmann (AfD) stellen sich den Fragen von Rundschau-Redaktionsleiter Alexander Müller und Markus Weber, Programmleiter bei Radio Plassenburg. Aufgaben gibt es für die neue Amtszeit zweifellos reichlich - vom Wohnungsbau über die Innenstadtentwicklung bis zum ÖPNV (siehe auch Seite 12). Doch Schramms Grundstücksaffäre und die folgenden Entwicklungen stellen die Sachthemen in den Schatten und nehmen in der Kandidatendebatte breiten Raum ein.
"Schnell zurück zur Sachpolitik"
Was sagt Schramm selbst zur neuen Lawine an Vorwürfen, die inzwischen querbeet von zweifelhaften Grundstücksgeschäften über die Einstellung nicht-qualifizierter Mitarbeiter im Rathaus bis hin zu Vergünstigungen für nahestehende Personen und sogar der Pflege des privaten Grundstücks durch den Bauhof reichen? "Das ist keine einfache Situation", so Schramm. Es seien "absurde" Behauptungen dabei, aber er nehme gegenüber der Staatsanwaltschaft selbstverständlich zu allem Stellung und sei "völlig transparent", betont der Oberbürgermeister. "Vor anonymen Anzeigen kann man sich nicht schützen. Ich vertraue auf die Justiz, wünsche mir eine schnelle Klärung - und dann ein Zurück zur Sachpolitik."
Der einzige Ankläger, der mit seinem Namen zu seinen Vorwürfen steht, ist SPD-Stadtrat Hans Werther, der Grundstücks- und Immobiliengeschäfte zwischen Schramm und der Städtebau öffentlich gemacht hat. Ingo Lehmann stellt sich in der Diskussion hinter seinen Stadtratskollegen und weist in Kulmbach kursierende Andeutungen, die SPD könnte hinter den anonymen Schreiben stecken, "aufs Schärfste" zurück: "Wenn wir etwas zu kritisieren haben, machen wir das mit offenem Visier."
"Ein fader Beigeschmack"
Ob Lehmann eine Vermutung hat, warum nun zeitgleich auch Vorwürfe gegen SPD-Landtagsabgeordnete und Awo-Kreisvorsitzende Inge Aures und das Architekturbüro ihres Mannes auftauchen, wollen die Moderatoren wissen. Ein Schulterzucken: "Wahrscheinlich, weil Wahlkampf ist...?"
All das habe "einen faden Beigeschmack", aber die Menschen in Kulmbach interessieren auch noch andere Themen, meint der SPD-Kandidat und bedauert, dass "aufrechte Leute" in den Reihen von CSU und SPD in Mitleidenschaft gezogen werden.
Klare Worte für anonyme Denunzianten findet Dagmar Keis-Lechner: "Diese Art, miteinander umzugehen, ist eine Katastrophe und schädigt die Demokratie." Für sie persönlich sei es in diesem Umfeld schwer geworden, Gehör für die Themen zu finden, die ihr wichtig sind, allen voran die Aufgaben der Kommune in Sachen Klimaschutz: "Dafür bräuchte ich eine breite Aufmerksamkeit."