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Versöhnung mit der Bahn: Gemeinde Trebgast hat ihren "Walfisch"


Autor: Dieter Hübner

Trebgast, Mittwoch, 29. Oktober 2014

"Da ist das Ding", könnte sich Bürgermeister Werner Diersch gedacht haben, als er auf Gleis 1 des Bayreuther Bahnhofs mit Uwe Domke, dem Geschäftsführer der DB Regio Nordostbayern, den Schriftzug und das Wappen seiner Gemeinde Trebgast an einem Triebwagen des "Main-Saale-Express" enthüllen durfte.
Geschäftsführer Uwe Domke von der DB Regio gratuliert dem Trebgaster Bürgermeister Werner Diersch zu "seinem" Zug. Foto: Dieter Hübner


Ganz so euphorisch äußerte er sich freilich nicht, aber: "Sie sehen einen stolzen Bürgermeister hier vor diesem ‚Walfisch‘. Wir sind überglücklich, diese Aktion gewonnen zu haben. Wir haben diesen Wettbewerb auch als eine Versöhnung mit der Bahn gesehen, nachdem die Trebgaster Bürger durch die Arbeiten der DB Netz AG, dem Bau eines neuen elektronischen Stellwerks und der damit einhergehenden technischen Ertüchtigung der beiden innerörtlichen Bahnübergänge in den vergangenen beiden Jahren einer starken Belastung ausgesetzt waren.

"Ein tolles Angebot"

Wir können jetzt von früh um 5.11 Uhr bis nachts um 0.45 Uhr im Halbstunden-Takt ein tolles Zugangebot in beide Richtungen nutzen und freuen uns, dass dieser Zug als Botschafter den Namen unserer Heimatgemeinde in die Region zwischen Bayreuth, Hof und Bamberg transportiert."

Das Votum der

Bürger zeige, so Diersch, dass das Verkehrsmittel "Bahn" auch dank der Qualitätsoffensive der DB Regio in Trebgast angekommen ist. Jetzt fehle nur noch die Anbindung an den Verkehrsverbund Nürnberg, fügte er hinzu.

Aufmerksame Beobachter der Aktion waren die Bürgermeister Karl Philipp Erler (Stammbach) und Hermann Anselstetter (Wirsberg) sowie Gemeinderat Karl Pöhlmann, der derzeit in Neuenmarkt die Amtsgeschäfte führt. Auch sie hatten Grund zur Freude. Ihre Gemeinden hatten sich an der Kampagne beteiligt, bei der die DB Regio den an den Haltepunkten des "Main-Saale-Express" gelegenen Orten die Gelegenheit gegeben hatte, durch ein entsprechendes starkes Votum ihrer Einwohner eine von drei Zugtaufen zu gewinnen.

3554 Teilnehmer

In einer kleinen Feierstunde in der "Alten Abfüllerei" des Bayreuther Brauereimuseums ("Besondere Veranstaltungen benötigen ein besonderes Ambiente") gab DB Regio-Geschäftsführer Uwe Domke den Vertretern der vier Gemeinden das Ergebnis des Wettbewerbs bekannt: Die Beteiligung von 3554 Personen, entweder durch Stimmkarte oder online, war enorm. Dies zeige, dass sich die Bürger ihrer Heimat verbunden fühlen. Mit 23,56 Prozent lag Trebgast, gemessen an der jeweiligen Einwohnerzahl, deutlich auf Platz eins. Es folgten Stammbach mit 10,44 Prozent und Neuenmarkt-Wirsberg mit 9,73 Prozent.

Domke stellte "seinen" Betrieb mit 600 Mitarbeitern vor, der dezentral ausgerichtet und dadurch sehr nah am Kunden sei. Die Züge der DB Regio absolvierten im Jahr 14,6 Millionen Fahrtkilometer in Nordostbayern. Die Fahrzeuge vom Typ VT 641, im Volksmund liebevoll "Walfisch" genannt, fahren jeweils von Bayreuth und Hof aus nach Neuenmarkt, und dann zusammen weiter nach Bamberg.

Der einteilige Zug VT 641 hat 349 PS und kann eine Höchstgeschwindigkeit von 120 Stundenkilometern erreichen. Ausgestattet ist er mit klimatisierten Kabinen mit aktuell 80 Sitzplätzen sowie einem behindertengerechten WC. Eine begrenzte Fahrradmitnahme ist gewährleistet. Der Niederflureinstieg gewährt einen barrierefreien Ein- und Ausstieg.

Karl Philipp Erler nahm einen Slogan der Bahn auf: Wir machen uns auf den Weg. "Ich bin richtig glücklich. Unsere Bürger wollten einen Zug mit dem Namen Stammbach. Die Freude ist riesig, dass es geklappt hat. Es ist eine hervorragende Werbung für uns und unsere Strecke", sagte der Bürgermeister.

Strecke weiter stärken

Aber es sei wichtig, dass diese Strecke auch erhalten und in der Zukunft noch gestärkt werde. "Angesichts der geplanten Elektrifizierung Hof-Marktredwitz läuten bei mir alle Alarmglocken. Wir müssen uns zusammen Gedanken um einen besseren Ausbau unserer Strecke machen." Deshalb nahm Erler auch die Gelegenheit wahr, einen Wermutstropfen ins Glas zu schütten, was das Bahnnetz betreffe. Er appellierte an die Bahn insgesamt, als letztes Verkehrsprojekt "Deutsche Einheit" den Abschnitt von Stammbach nach Marktschorgast, die einzige eingleisige Strecke entlang der Linie Bamberg - Hof, zweigleisig auszubauen. "Das würde der Strecke guttun." Auch er würde sich eine Anbindung an den VGN wünschen. Das wäre auch für die Region wichtig.

Für die Gemeinde Neuenmarkt erklärte Karl Pöhlmann: "Wir sind der Bahn sehr dankbar, dass künftig ein Zug mit unserem Namen in der Region verkehrt." Für das Eisenbahnerdorf Neuenmarkt und den Luftkurort Wirsberg sei das eine deutliche Werbung, die auch dem DDM zugute kommt. "Dieses Museum strahlt ja weit über Oberfranken und Bayern hinaus aus. Man kann aber nicht von der Geschichte allein leben, man braucht auch eine leistungsfähige Einrichtung ‚Bahn‘. Denn dort, wo der Verkehr funktioniert, funktioniert auch die Wirtschaft. Und wenn die Wirtschaft funktioniert, funktioniert auch das Leben in dieser Region."

Kritik: Keine Barrierefreiheit

Pöhlmann schlug in die gleiche Kerbe wie zuvor Erler. Von Neuenmarkt aus laufen die Verbindungen nach Bamberg im Westen, nach Hof im Osten und nach Bayreuth im Südwesten. Es sei nicht zu verstehen, dass ein Bahnhof mit dieser zentralen Position und Funktion nicht barrierefrei ist. "Wer mit Kinderwagen oder Rollstuhl unterwegs ist, muss zwei Treppen überwinden. Das ist ein Manko, das es zu beheben gilt, zumal sich der bayerische Ministerpräsident die Barrierefreiheit hoch auf seine Fahne geschrieben hat." Von daher sei auch die Bahn gefordert, in einem Umsteigebahnhof die notwendige Kleininfrastruktur zu schaffen.

Bis zuletzt skeptisch

Hermann Anselstetter war bis zuletzt skeptisch. Das Ergebnis war für ihn dann schon eine Überraschung. "Wir sind sehr dankbar, dass Wirsberg überhaupt die Chance bekommen hat, hier mitzumachen. Nachdem der Bahnhof den Namen beider Gemeinden trägt, freuen wir uns jetzt, dass wir auch einmal berücksichtigt werden. Die Werbung können wir alle miteinander gebrauchen", sagte der Bürgermeister des Luftkurorts.

Suzan Baker und Dennis Lüddicke umrahmten mit Gitarrenspiel und Gesang die Feierstunde im Bayreuther Brauereimuseum.