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Vergewaltigung war nicht nachzuweisen


Autor: Stephan-Herbert Fuchs

Bayreuth, Dienstag, 09. Oktober 2012

Mit einer handfesten Überraschung ist nach zwei Verhandlungstagen der Prozess um eine angebliche schwere gemeinschaftliche Vergewaltigung vor dem Landgericht Bayreuth zu Ende gegangen.


Die Richter verurteilten den 60 Jahre alten Angeklagten wegen verschiedener Drogendelikte zu einem Jahr und vier Monaten Haft. Vom Vorwurf der Vergewaltigung wurde der frühere Bäcker aus dem westlichen Landkreis dagegen freigesprochen. Der Grund: widersprüchliche Aussagen des Opfers.
Der Prozess brachte pikante Details aus dem Intimleben der Beteiligten ans Tageslicht. Normalerweise seien beim Tatvorwurf der Vergewaltigung immer zwei Personen anwesend, sagte vorsitzender Richter Eckstein.

Crystal Speed trübt Erinnerungen


Im vorliegenden Fall seien aber Sexspiele zu Dritt angeklagt gewesen, was die Wahrheitsfindung letztlich aber auch nicht einfacher gemacht habe. Dreh- und Angelpunkt war nämlich der langjährige Crystal-Speed-Konsum aller Beteiligten, der es ihnen erschwerte, sich an das Geschehen zu erinnern.


Freiwillig oder nicht, das war eine der wesentlichen Fragen, die das Gericht zu klären hatte, denn der Angeklagte räumte offenherzig ein, bei verschiedenen Sexspielchen mitgemacht zu haben - auf ausdrücklichen Wunsch seines Bekannten und dessen 20-jähriger Freundin.
Doch schon bei der Frage des angeblichen Tatorts kamen Täter und Opfer zu völlig unterschiedlichen Angaben. Während die 20-Jährige behauptete, zwei Mal in der Wohnung des Angeklagten vergewaltigt worden zu sein, sprach Letzterer von zwei Fällen des einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs mit der jungen Frau; einmal bei sich, einmal bei ihr zu Hause. Und genau das konnte eine Bekannte der Frau, die zufällig in der Wohnung war und das Geschehen unfreiwillig mitbekommen hatte, auch so bestätigen.
"Wenn die einzige Hauptbelastungszeugin in einem derart wesentlichen Punkt als widerlegt anzusehen ist, dann bricht das gesamte Gebäude in sich zusammen", sagte Richter Eckstein in der Urteilsbegründung. Das Gericht entsprach damit der Forderung der Staatsanwaltschaft, die in Sachen Vergewaltigung ebenfalls auf Freispruch plädiert hatte. Allerdings aus Mangel an Beweisen, so Staatsanwalt Michael Hofmann.
Irgendetwas sei schon passiert, aber allein diese Erkenntnis reiche für die Verurteilung des Angeklagten nicht aus, zumal wegen widersprüchlicher Zeugenaussagen nichts Genaueres herauszufinden gewesen sei.

"Ganz bewusst gelogen"


Dem widersprach wiederum Verteidiger Volker Beermann aus Bayreuth, der auf ein Jahr und zwei Monaten wegen der Drogendelikte plädiert hatte. Die Zeugin habe ganz bewusst gelogen, sagte er. Die derzeit inhaftierte Frau habe sich in ein besseres Licht rücken und als Opfer darstellen wollen. Außerdem habe ihr ein Sachverständiger eine Persönlichkeitsstörung attestiert, was wiederum Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit der Frau habe.
Verurteilt wurde der 60-Jährige, weil er einer 26-jährigen Frau aus Bayreuth vier Einheiten Crystal Speed überließ, der Frau drei Mal jeweils ein Gramm Crystal Speed für zusammen 300 Euro verkaufte und aus Tschechien fünf Gramm Crystal nach Deutschland schmuggelte.
Einbezogen wurde in das Urteil eine frühere Strafe, ebenfalls wegen Drogendelikten.