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Unglaublich: Der Bunker-Mann hat Platzangst


Autor: Stephan Tiroch

Himmelkron, Freitag, 24. Juli 2015

Jetzt wird's schräg: Der Angeklagte aus Himmelkron gibt in dem Verfahren vor dem Landgericht Bayreuth an, dass er selbst niemals in den Schutzraum reingegangen wäre. Angeblich fühlt er sich schon im Flugzeug beengt.
Zweiter Verhandlungstag am Landgericht Bayreuth: der Bunker-Mann und sein Verteidiger im Schwurgerichtssaal. Foto: StephanTiroch


Jetzt wird's schräg: Der Bunker-Mann wäre in seinen eigenen Schutzraum, den er in seinem Garten gebaut hat, niemals für einen längeren Zeitraum selbst reingegangen. "Ich habe Platzangst", bekennt der 35-jährige Angeklagte aus Himmelkron am Freitag. Vom Vorsitzenden Richter der Strafkammer, Michael Eckstein, danach befragt, deutet er an, dass er sich schon im Flugzeug beengt fühle. "Wenn ich bloß an die Sitze bei Ryanair denke ..."

Der Bunker, dessen Wert von Experten auf 200 000 Euro geschätzt wird, sei als kombinierter Schutzraum konstruiert, erklärt der Mann: zur Unterbringung von Personen und wichtigen Unterlagen, Wertgegenstände oder Geld, das man sonst im Tresor aufhebt. Er habe keinen Schutzraum für sich, seine Freundin ("Sie hatte keinen Zutritt") und das gemeinsame Kind bauen wollen, sondern einen Prototypen, um damit Geld zu verdienen. Seine Geschäftsidee sei es gewesen, eine Marktlücke zu füllen: nämlich einen druckdichten Tresor anzubieten und zu vertreiben.

Besser als Trekkingtouren

Der Bau des Bunkers ist nach seinen Angaben also mehr als ein Hobby gewesen. Wenn er im Garten gebuddelt und gebaut hat, habe seine Lebensgefährtin nichts dagegen gehabt. "Ihr war das Hobby lieber, als wenn ich im Jahr zwei oder drei Monate auf Trekkingtour gewesen wäre", erklärt der Angeklagte.

Zur Frage, ob die Sprengstoffvorräte des Mannes - ein Kilo Schwarzpulver und neun Kilo Nitrocellulosepulver, das bei Feuerwerken verwendet wird, dessen Gebrauch als Treibladungspulver aber ohne Genehmigung verboten ist - im Bunker sicher gelagert waren, wird das Gericht einen Experten des Landeskriminalamts anhören. Der Angeklagte und sein Verteidiger Johannes Driendl, Bayreuth, gehen davon aus, dass aufgrund der starken Bauweise des Schutzraums - Mauern und Decke aus über 1,5 Meter dicken Stahlbeton - dritte Personen nicht gefährdet waren.

Am zweiten Prozesstag kommt erstmals auch der schwerwiegendste Anklagevorwurf zur Sprache: der Tatkomplex der gewerbsmäßigen Untreue. Der Bunker-Mann, der für einen Elektrobetrieb im Landkreis Kulmbach die Buchhaltung erledigt hat, soll über mehrere Jahre zirka 240 000 Euro für sich abgezweigt haben. Laut Staatsanwaltschaft gibt es 28 Überweisungen auf zwei Konten des Angeklagten - meistens Beträge zwischen 10 000 und 15 000 Euro.

Auf Anweisung des Chefs?

Dabei sei es nicht darum gegangen, dass er sich bereichern wollte, so der 35-Jährige. Er belastet den Handwerksmeister, für den er gearbeitet hat. Es seien Scheinüberweisungen gewesen, damit der Betriebsinhaber Steuern sparen konnte. Das Geld soll zunächst auf Konten des selbstständigen Buchhalters geflossen sein. Er habe dann fünf Prozent als Honorar und 20 Prozent für die Steuer einbehalten und den Rest in bar sofort wieder an den Chef zurückgezahlt.

Die Steuertrickserei sei so abgelaufen, dass der Firmenchef angewiesen hat, welche fingierten Rechnung an einen Elektrogroßhandel bezahlt werden soll. Bei einer Summe von 13 000 Euro habe er gewusst, dass er 8000 Euro im Kuvert bekommt.

Er habe sich, so der Anklagte, aber nur für eine Übergangszeit zu den krummen Geschäften bereiterklärt und schließlich geweigert, weiter mitzumachen. "Dann hat er mich gezwungen, noch mehr von diesen Rechnungen zu stellen. Er hat mir gedroht, dass ich nicht mehr kommen brauche."

Die Anzeige seines Ex-Auftraggebers bezeichnet der Bunker-Mann als Retourkutsche, da er bei Ermittlungen des Zolls gegen den Elektromeister Angaben gemacht habe. Dabei sei es um Sozialversicherungsbetrug und die Vorenthaltung von Arbeitsentgelt gegangen.

Von Nachbarn mit Auto bedroht

Die Festnahme des Mannes im Dezember sorgt in Himmelkron für großes Aufsehen. Die Hausdurchsuchung zieht sich über vier Tage hin. Der Angeklagte führt offenbar über viele Jahre ein unauffälliges Leben. Einmal hat er Ärger wegen eines Schwarzbaus mit der Gemeinde. Er sei auch, so der 35-Jährige jetzt vor Gericht, von einem Nachbarn einmal bedroht worden. Angeblich sei der Kontrahent ihm mit dem Auto gefährlich nahegekommen. Im Dorf gilt der Mann als Sonderling und wird als streitsüchtig beschrieben.

Die Staatsanwaltschaft legt ihm ein ganzes Bündel an Vorwürfen zur Last: gewerbsmäßige Untreue zum Nachteil eines Handwerksbetriebs aus dem Kreis Kulmbach, falsche eidesstattliche Versicherung, Drogenbesitz sowie unerlaubter Sprengstoff und Waffenbesitz.

So hat der Ex-Pionier der Bundeswehr bereits zugegeben, zwei Handgranaten selbst gebastelt zu haben. Seine Erklärung, warum die beiden Sprengkörper bei seiner Festnahme in Wirsberg in seinem Auto gefunden wurden: Er habe sie im Wald entschärfen wollen. Den Besitz von einem Kilo Cannabis, das er sich in Nürnberg illegal beschafft haben will, begründet er mit seiner Krankheit: Marihuana sei für ihn ein wichtiges Schmerzmittel. Er hat Morbus Sudeck, eine seltene Krankheit. Wegen seiner Dauerschmerzen in beiden Handgelenken ist er nur eingeschränkt verhandlungfähig und braucht nach zwei Stunden eine lange Pause.