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Umgehungsstraßen und die Sprache


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Samstag, 06. April 2013

Wenn ein Verkehrsministerium damit befasst ist, Gesetzestexte zu durchforsten, um das germanistische Ende der Geschlechterdiskriminierung einzuläuten, hat es keine Zeit, sich um Umgehungsstraßen zu kümmern.
Protest in Kauerndorf gegen die tägliche Blechlawine auf der B 289: Die mit Plakaten Demonstrierenden wollen eine Umgehungsstraße. Foto: Archiv


Wie immer, liebe Lesende, freuen wir uns, wenn Sie alle sich für unser Burggeflüster interessieren. Diesmal aber wenden wir uns besonders an alle in Untersteinach oder Kauerndorf Wohnende. Denn wir wissen jetzt, warum sich unser aller Verkehrsminister Peter Ramsauer nicht um Ihre Umgehung kümmern und manchmal auch recht dünnhäutig sein kann, wenn er auf die tägliche Blechlawine in den Dörfern an der Bundesstraße 289 angesprochen wird.

Ramses hatte eine bahnbrechende Aufgabe zu erfüllen (wobei wir ausdrücklich nicht Stuttgart 21 meinen): Seine neue Straßenverkehrsordnung, die - ausgerechnet - am 1. April in Kraft getreten ist, sollte ein großer Wurf werden. Ob's gelungen ist, wollen wir gar nicht beurteilen, wobei wir uns schon auf das neue Verkehrszeichen "durchlässige Sackgasse" (also mit Notausgang für Fußgänger und Radfahrer) freuen.

Doch der kunstsinnige Minister hat Schluss gemacht mit der Geschlechterdiskriminierung in der Straßenverkehrsordnung. Was auch Zeit wurde.

Die Vorschriften wurden "an das Erfordernis der sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern" (O-Ton Ministerium). Deshalb gibt es im neuen Gesetz keine "Fußgänger" mehr, sondern "zu Fuß Gehende". Es heißt nun auch "Mofa Fahrende" oder "Fahrzeug führende".

Wir haben uns, liebe Lesende, gleich an Ramses' geschlechterneutrale Formulierungen angepasst. Als Burg geflüster Schreibende fragen wir uns aber schon, was besser ist: im Verkehrsministerium einen verkrachten Germanisten zu beschäftigen, der so einen Unsinn verzapft, oder einen Referenten, der den Bau von Umgehungsstraßen voranbringt und damit den Steuern Zahlenden in Untersteinach und Kauerndorf Erleichterung verschafft.