Um die 85 Millionen Euro teure Ortsumfahrung von Untersteinach und Kauerndorf 2015 endlich auf den Weg zu bringen, wollen die Gemeinden nun eine Finanzierung in zwei Etappen. Das Verkehrsministerium steht in der Kritik.
"Die Planung begann konkret im letzten Jahr - als Augustus Kaiser war." Irgendwie trifft es der Gag der Altneihauser Feierwehrkapell'n, die sich vor wenigen Tagen in der Kulmbacher Dr.-Stammberger-Halle satirisch mit dem Bau der B289-Ortsumgehungen von Untersteinach und Kauerndorf befasste. Ins Römische Reich muss man zwar nicht zurückgehen, wenn man auf die Geschichte der Straße blickt, gefühlt wird über die Umgehung aber schon seit einer Ewigkeit diskutiert.
Dobrindts Alleingang?
Riesig war die Enttäuschung, als Verkehrsminister Alexander Dobrindt 27 Projekte vorstellte, die für 1,7 Milliarden Euro nun auf den Weg gebracht werden. Untersteinach und Kauerndorf waren nämlich wieder nicht dabei.
Da Dobrindt ein Projekt in seinem Wahlkreis mit geschätzten Kosten von 165 Millionen Euro und weitere Straßenbauten in Wahlkreisen von CSU-Parteikollegen offenbar am Parlament vorbei durchgeboxt habe, sprach der Untersteinacher Gemeinderat Alfred Vießmann (WGU/Freie Wähler), ein Sprecher der Bürger initiative, gar von "Korruption". "Für Oberbayern ist Geld da, für Oberfranken nicht." Eine "Spezl-Wirtschaft" hat der Ködnitzer Rat Willi Kolb ausgemacht.
Die Allianz
Doch mit Schimpfen allein kommt man nicht weiter, und so wurde eine Allianz geschmiedet, um die Umgehung, die im Bundesverkehrswegeplan mit oberster Priorität eingestuft ist, nach Jahrzehnten nun doch auf den Weg zu bringen. Der Untersteinacher und der Ködnitzer Gemeinderat haben sich dafür ausgesprochen, dass das Projekt in zwei getrennten Finanzierungs abschnitten in Angriff genommen wird.
Ein wortgleiches Schreiben, in dem dieser Forderung Ausdruck verliehen wird, wurde an die Baubehörde, das Innenministerium und an den Minister versandt. Unterstützt wird das gemeinsame Vorgehen von Landrat Klaus-Peter Söllner und MdB Emmi Zeulner.
"Es muss endlich losgehen, sagt der Ködnitzer Bürgermeister Stephan Heckel (CSU). "Wenn es daran liegt, dass die anvisierten Kosten in Höhe von 85 Millionen Euro ein zu dicker Brocken sind, wäre es eine Lösung, den Bau finanziell in zwei Etappen in Angriff zu nehmen", so Heckel, der wie sein Untersteinacher Amtskollege Volker Schmiechen (SPD) darauf verweist, dass sich konzeptionell nichts ändern dürfe.
"Sonst wäre ja wohl auch der Planfeststellungsbeschluss hinfällig."
"Wohl praktikablere Variante"
In Ködnitz könnte man sich damit anfreunden, dass der Start der Baumaßnahme 2015 in Untersteinach erfolgt. Heckel: "Wir sind froh, wenn sich überhaupt was bewegt. Dass der Bau in der Nachbargemeinde startet, ist den Experten zufolge auch die praktikablere Variante."
"Wir sitzen alle in einem Boot", sagt Volker Schmiechen, der es verwunderlich nennt, dass der Bau schon vor Jahren hätte beginnen können, "sich aber nach wie vor nichts tut". Obwohl Geld vorhanden sei. Die 1,7 Milliarden, die Dobrindt nun frei gemacht habe, seien der Beweis dafür. Dafür, dass die Baukosten auf stolze 85 Millionen gestiegen seien, könne man nichts. Die FFH-Regelung mit ihren weitreichenden Folgen sei daran schuld.
"Wir müssen schauen, dass es jetzt endlich losgeht", sagt Schmiechen. Mit der Teilfinanzierung "würde man Berlin in Sachen Gesamtfinanzierung eine Verschnaufpause geben".
"Teilabschnitte sinnvoll"
Auch die Bürgerinitiativen begrüßen das Splitting. "Wir brauchen den ersten Finanzierungsabschnitt so schnell wer möglich", sagt Reinhold Dippold, Gemeinderat und Sprecher der Kauerndorfer BI. Befürchtungen, dass die Umgehung in Untersteinach gebaut würde, Kauerndorf aber auf der Strecke bliebe, teilt er nicht. "Die baurechtliche Genehmigung ist ja für das Gesamtprojekt gegeben." Dobrindt habe jüngst erklärt, dass er die Gesamtmaßnahme nicht im Bundeshaushalt einbringen könne. Der Minister sehe aber Chancen, wenn die Maßnahme geteilt werde.
Bei einer Bauzeit, die über sechs bis sieben Jahre gehe, seien Teilabschnitte nicht nur baulich, sondern auch finanziell sinnvoll, sagt der Sprecher der Untersteinacher BI, Alfried Vießmann.
Das sagt der Landrat
Der Landkreis habe stets Wert darauf gelegt, dass das Projekt als einheitliche Maßnahme verfolgt wird, so Landrat Söllner. "Das sehen wir auch weiterhin so, da sowohl die Anwohner in Untersteinach wie in Kauerndorf das Recht auf eine Beseitigung dieser unerträglichen Situation haben." Er hält es aufgrund der langen Bauzeit aber für denkbar, "die einheitliche Maßnahme in zwei Bauabschnitten zu verwirklichen".
Wie beim Berliner Flughafen?
In Untersteinach und Kauerndorf hofft man, dass sich die Voraussage der Altneihauser Feierwehrkapell'n nicht bewahrheitet. Wie hieß es doch in deren Programm in der Kulmbacher Stadthalle: "Man wird sich mit den Umgehungsplänen am Berliner Flughafen anlehnen." Dann, so die Befürchtung, würde die Umgehung Untersteinach/Kauerdorf wohl nie realisiert.
… diese Rechnung wird nicht aufgehen - (auch wenn man sein Wunschdenken auf die Bauzeit „über sechs bis sieben Jahre“ hin streckt.)
„Splitting heißt das Zauberwort“ - (bis vor einer Woche hieß es noch ’Splittung’): Und wie heißt das ’Zauberwort’ für die zweite - übrigens die GRÖSSERE - Hälfte der heranzuschaffenden Millionen?
(Übrigens: Während die Untersteinacher Gemeinderäte für die Ortsumfahrung B 289 ’neu’ zwei voneinander getrennte FINANZIERUNGS-Abschnitte fordern, reden im Gegensatz hierzu die Kauerndorfer immer nur von zwei BAU-Abschnitten. Allerdings würde die Aufteilung in zwei BAU-Abschnitte ein neues modifiziertes Planfeststellungsverfahren erfordern!)
Diese ’Seifenblase der letzten Hoffnung wird ebenso platzen wie vorher …
• 23.10.2008: Der Untersteinacher Gemeinderat fordert einen aktiven Lärmschutz über die gesamte rund 600 Meter lange Schorgasttal-Brücke und bekräftigt die „30 Punkte des Untersteinacher Forderungskatalogs“ vom 22. Mai 2007; (von diesen Forderungen hat man allerdings nichts mehr gehört!)
• 13.8.2009: Untersteinachs BM Heinz Burges (SPD) erläutert ein „bundesweites Pilotprojekt“: Eine Photovoltaik-Anlage der Firma ’Bavaria Sun Power’ soll über dem 15 Meter tiefen Einschnitt in Höhe der Seer Straße als Lärmschutz dienen; [die Firma ist seit 2010 in Insolvenz.]
• 27.9.2011: Nach dem Rücktritt von Minister Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist nun Staatssekretär Hartmut Koschyk MdB (CSU) ’Pate’ des Projekts.
• 23.3.2012: BM Heinz Burges will „mit vereinten Kräften im nächsten Jahr den Spatenstich für den Bau der B 289-Umgehung erreichen“. Er schlägt die „Bildung eines runden Tisches“ - ob in Berlin oder im Landkreis Kulmbach - vor, um mit allen Beteiligten „einen Zeitplan für den Umgehungsbau zu erarbeiten und aufzustellen“.
• 18.10.2012: Die Untersteinacher scheitern beim Landratsamt Kulmbach, den Schwerverkehr zumindest teilweise von der Ortsdurchfahrt zu verbannen. Auch eine Beschränkung auf Tempo 30 wird abgelehnt.