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Umfrage: Sind Senioren am Steuer eine Gefahr?


Autor: red

Kulmbach, Montag, 18. August 2014

Die Statistik ist eindeutig: Ältere Menschen verursachen mehr Unfälle als junge Leute. Können Tests helfen? Die Bayerische Rundschau hat in Kulmbach nachgefragt. Die Meinungen sind geteilt.
Ein besonders spektakulärer Unfall ereignete sich vor einem Jahr in Kulmbach: Eine 78-Jährige war am Steuer eingeschlafen und mit ihrem Auto in der Flutmulde gelandet. Foto: Archiv/Jürgen Gärtner


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Bei Passau verursacht ein 79-jähriger Geisterfahrer einen Unfall, bei dem drei Menschen sterben. Auf der B 303 verliert ein 71-Jähriger die Kontrolle über sein Auto, kollidiert erst mit einem Lkw, dann mit einem Pkw und stirbt in den Trümmern seines Wagens. Und in Kulmbach schläft eine 78-Jährige am Steuer ihres Autos ein, rast über einen Gehweg, verletzt einen Fußgänger und kommt auf spektakuläre Weise mit ihrem Auto in der Flutmulde zu stehen.



Immer wieder sorgen solche und ähnliche Meldungen für Diskussionen. Sind ältere Menschen am Steuer ein Sicherheitsrisiko? Nein, sagen die Betroffenen selbst und berufen sich nicht selten auf ihre jahrelange Erfahrung.

Ja, sagt die Polizei und verweist auf die Unfallstatistik.
Anne Höfer von der Pressestelle des Polizepräsidiums Bayreuth kennt die Zahlen für den Bereich der Polizeiinspektion Kulmbach: Im Jahr 2010 verursachten Fahranfänger unter 25 Jahren noch doppelt so viele Unfälle wie Senioren. Seitdem könne man allerdings einen entgegengesetzten Trend erkennen. Senioren waren im ersten Halbjahr 2014 sogar deutlich häufiger der Auslöser für Verkehrsunfälle als junge Fahrzeugführer.

Kann man dem Trend entgegenwirken? Auch die Fahrschulen im Raum Kulmbach beschäftigen sich seit geraumer Zeit mit diesem Thema. Die Fahrschule Lang hat bereits Ideen, wie das Problem angegangen werden könnte.

Selten genutzt
"Wir bieten freiwillige Zwischenfahrstunden für ältere Verkehrsteilnehmer an. Diese werden allerdings nur sehr selten genutzt", sagt Sabine Grampp aus der Verwaltung. Verpflichtende Fahrsicherheits-Tests für ältere Menschen hält sie für einen gute Sache - der Sicherheit wegen, und nicht etwa, weil die Fahrschulen finanziell davon profitierenkönnten. "Wir könnten nicht nur die Sicherheit des Straßenverkehrs verbessern, sondern Jung und Alt könnten in gemeinsamen Kursen voneinander lernen."

Harald Ködel, Fahrlehrer bei der Fahrschule Ködel, spricht sich für regelmäßige Sehtests aus. Zudem könne man "Strecken, die häufig gefahren werden, speziell eintrainieren."

Einer, der sich mit verpflichtenden Tests für Senioren gar nicht anfreunden kann, ist Reinhardt Baumgartner. Der Kulmbacher, der demnächst seinen 82. Geburtstag feiert, selbst seit Jahrzehnten hinterm Steuer sitzt und sich als Vorsitzender des Kraftfahrer-Schutzes Kulmbach immer wieder auch mit Fragen der Verkehrssicherheit beschäftigt, hält die nicht für Notwendig. "Untersuchungen sind nicht erforderlich. Ältere Menschen sind vernünftig und bringen viel Erfahrung mit, was dabei hilft, sich im Straßenverkehr zurecht zu finden."

Mangelndes Problembewusstsein
Eines freilich räumt Baumgartner ein: Im Hinblick auf die vielen von älteren Menschen verursachten Unfälle seien freiwillige Sehtests anzuraten.

Alles in allem zeige seine Erfahrung aber, dass sich ältere Menschen aus freien Stücken nicht mehr hinters Steuer setzen, wenn sie es sich nicht mehr zutrauten, zu fahren.

Problembewusstsein Die Verkehrsakademie Kulmbach bietet seit mehr als zehn Jahren ein Fahrsicherheitstraining für über 55-Jährige an. Dabei können ältere Verkehrsteilnehmer freiwillige Sehtests absolvieren und die eigene Reaktionsfähigkeit testen.

Michael Möschel, Inhaber der Verkehrsakademie, beklagt, dass dieses Zusatzangebot nicht angenommen werde. Weder seien ältere Menschen bereit, für den Zusatzkurs Geld auszugeben, noch gebe es bei der Zielgruppe ein Problembewusstsein. Vielmehr scheine es so, als hätten die Betroffenen Angst, man wolle ihnen den Führerschein wegnehmen.

Dabei gehe es hier allein um die Sicherheit: der eigenen und der der anderen Verkehrsteilnehmer. Und was das betrifft, so Möschel, sei regelmäßige Kontrolle nicht nur bei fortgeschrittenem Alter sinnvoll: "Ich bin dafür, dass alle Führerscheinbesitzer in regelmäßigen Abständen Sehtests absolvieren und ihre Gesundheit überprüfen lassen müssen."