Über den Tod scherzt man nicht?
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Donnerstag, 14. November 2013
Diakon und Kabarettist Karl-Heinz Krätzer begibt sich in Kulmbach auf die Suche nach den letzten Dingen. Bei einer Veranstaltung des Hospizvereins wird er zeigen, dass man sich dem Thema Sterben humoristisch und trotzdem mit Respekt nähern kann.
Auf der Kabarettbühne geht Karl-Heinz Krätzer ungewöhnliche Wege. "Übergangsweise" heißt sein Programm, mit dem er am Montagabend auf Einladung des Hospizvereins in der Dr.-Stammberger-Halle zu Gast ist. Es geht dabei - ums Sterben. Witze machen über den Tod? Darf man das? Man darf, meint der Mann, der dem Tod die Pointen klaut. Im Interview erzählt der 60-Jährige aus dem mittelfränkischen Schwarzenbruck von den Hintergründen seiner "kabarettistischen Groteske".
Sie sind von Beruf Diakon. Wie kamen Sie zum Kabarett?
Karl-Heinz Krätzer: Von Kindheit an habe ich gerne Theater gespielt. In meiner Studienzeit kamen dann erste kabarettistische Versuche, die sehr erfolgreich waren.
Tiefgang war und ist mir dabei sehr wichtig: Ich unterscheide deutlich zwischen Kabarett und Comedy.
Sie hatten ja sogar einmal eine eigene Kleinkunstbühne...
Als ich in Rummelsberg arbeitete, habe ich mit meiner Frau ein Ensemble aufgebaut, eine kleine Bühne im Keller unseres Hauses. Wir mussten aber feststellen, dass Ensemblearbeit mit mehreren Schauspielern kaum zu machen ist, wenn man nebenher einen anderen Beruf hat.
Seit einigen Jahren sind Sie nun mit dem Pianisten Franz Frank mit dem Programm "Übergangsweise" unterwegs. Sterben als Kabarett - ist das nicht ein Widerspruch in sich selbst? Warum haben Sie sich dieses Thema gewählt?
Mein erstes Ausbildungsjahr als Diakon verbrachte ich in einem Altenpflegeheim, wo viele Menschen gestorben sind und ich regelmäßig mit dem Tod konfrontiert wurde. Ich habe Sterbenden die Hand gehalten - das waren prägende Erlebnisse. Fragen zu Sterben und Tod begleiten mich bis heute. Ich selbst habe eine Lebensgeschichte, die von lebensbedrohlichen Krankheiten geprägt ist. 24 Operationen habe ich schon hinter mir. Unter anderem hatte ich Nierenkrebs - eine ungünstige Prognose, nach einem Rezidivtumor noch ungünstiger. Ich nahm an einer Vesuchsstudie teil - und war der einzige Überlebende.
Das ist alles andere als lustig.
Da ist auch mir erst mal das Lachen vergangen. Ich bin verheiratet, habe einen Sohn, der damals noch ein Teenager war. Wenn man da plötzlich die letzten Dinge regeln muss...
Sie sind dem Tod von der Schippe gesprungen und schaffen es heute, mit Niveau über das Thema zu scherzen. Wie geht das?
Das Schöne am Kabarett ist, dass man die Dinge beim Namen nennen kann. Das hat auch etwas mit der Erkenntnis zu tun: Man stirbt nur einmal, aber man hat recht lange etwas davon. Da lohnt es sich doch, tief reinzuschauen. Mein Beruf passt da gut dazu, und das Sterben ist ja auch ein Hauptthema unseres christlichen Glaubens - die Perspektive, durch die Auferstehung den Tod zu überwinden.
Es gibt die gern erzählten Witze "Kommt einer in den Himmel..." - da muss man ja schon mal tot sein, bevor es was zu lachen gibt...
Freilich. Das überlegen sich die Leute nur meistens nicht!
Wie wichtig sind Ihnen Humor und eine gewisse Ironie im Umgang mit diesen Fragen?
Persönlich ist mir das sehr wichtig, aber man muss differenzieren. Lachen hat eine befreiende Wirkung. Voraussetzung dafür, so etwas gut zu machen, damit diese befreiende Wirkung auch eintreten kann, ist es, erst einmal zu recherchieren und zu reflektieren. Mein Kabarettprogramm kann helfen zu lernen, mit seiner Trauer und seinen Ängsten umzugehen. Man erfährt, wie man grundsätzlich eine Haltung zum Leben, zum Sterben und zum Tod entwickeln kann. Ich biete da verschiedene humorvolle Betrachtungsweisen an.
Auf der Bühne stehen Sie als Kunstfigur Sepp Todt. Was ist das für ein Typ?
Das ist ein liebenswerter Chaot, der viele Sachen in seinem Leben anders betrachtet als andere.
Sepp Todt - das sind Sie?
Er ist mein Mittel, um mit dem Publikum vertraut zu werden. Man soll sich in mir wiedererkennen, schon beim Rückblick auf die Kindheit. Jeder weiß: Mit dem Tod(t) spielt man nicht. Das holt Sepp in seinem Leben immer wieder ein. So reist er in der Welt herum, um zu sehen, ob man woanders anders stirbt.
Ihre Erkenntnis daraus?
Ich persönlich will nicht brennend auf einem Floß ins Nirwana schwimmen und als Zackenbarsch zurückkommen. Ich bin ein Bayer und werde auf einem Hopfenfeld begraben.
"Übergangsweise" Montag, 18. November, 19.30 Uhr, Stadthalle Kulmbach
Veranstalter Hospizverein Kulmbach
Eintritt frei.
Akteure Diakon Karl-Heinz Krätzer, Pianist Franz Frank