Druckartikel: "Tunnel ist die beste Umgehung"

"Tunnel ist die beste Umgehung"


Autor: Alexander Hartmann

Kauerndorf, Montag, 02. Mai 2022

Die Grünen fordern den Stopp der Pläne für die Kauerndorfer Umgehung. Baudirektor Fritz Baumgärtel vom Staatlichen Bauamt betont, dass das Projekt für Umwelt und Anwohner den maximalen Schutz bietet.
Schon 2027 soll es bei Kauerndorf auf der B 289 durch den Tunnel gehen.


Auch wenn die Ampel für den Bau der Kauerndorfer Umgehung auf Grün steht, wollen die Kulmbacher Grünen das Projekt noch ausbremsen. Der Straßenbau sei mit dem Tunnel zu kostenintensiv und nicht verhältnismäßig, sagt Vorstandssprecherin Magdalena Pröbstl. Zudem sei nicht damit zu rechnen, dass es für die Anwohner zu einer nachhaltigen und wirklichen Verbesserung der Lebensqualität kommt. Was die Straßenplaner dazu sagen? Wir haben bei Baudirektor Fritz Baumgärtel vom Staatlichen Bauamt in Bayreuth nachgefragt.

Die Grünen fordern , den Tunnelbau zu stoppen, nach Alternativen zu suchen. Es gibt unter anderem auch den Vorschlag, das Straßenbauprojekt mit einer Einhausung auf der Bestandstrasse zu realisieren. Was sagen Sie dazu?

Fritz Baumgärtel: Erst einmal muss man feststellen, dass für die Ortsumfahrung einschließlich des Tunnels mit dem unanfechtbaren Planfeststellungsbeschluss seit 2009 Baurecht besteht. In den umfangreichen Verfahren zur Linienfindung wurden viele denkbare Alternativen geprüft. Durch die Landesplanungsbehörden wurden schlussendlich zwei richtungsweisende Entscheidungen getroffen: 1. Ein Ausbau der bestehenden Ortsdurchfahrt ist weder städtebaulich noch enteignungsrechtlich vertretbar und daher nicht weiter zu verfolgen. 2. Nur ein Umgehungstunnel bietet den maximalen Schutz der Umwelt und der Anwohner und ist daher als beste Linienvariante zu bestimmen. Die planerische Entscheidung wurde durch den Planfeststellungsbeschluss bestätigt. Der Tunnel ist die beste Umgehung.

Auch die immensen Kosten werden kritisiert. Die Grünen befürchten, dass sich die Kosten wie bei der Umgehung von Untersteinach deutlich erhöhen könnten. Sprecherin Magdalena Pröbstl hat erklärt, dass die Umfahrung statt der geschätzten 90 Millionen auch 164 Millionen kosten könnte. Teilen Sie diese Befürchtung?

Die fortschreitende Baupreisentwicklung der zurückliegenden Jahre ist bei den aktuellen Maßnahmenkosten von 90,1 Millionen Euro berücksichtigt. Mit Beginn des Krieges in der Ukraine ist die aktuelle Lage sehr unübersichtlich und nicht vorhersehbar. Seriöse Prognosen für die kommenden Jahre - sowohl in die eine, als auch in die andere Richtung - sind derzeit wohl niemandem möglich.

Die Grünen befürchten, dass die Hauptstraße in Kauerndorf auch nach dem Tunnelbau stark befahren sein wird, weil über sie die Anbindung an die Bundesstraße erfolgt. Gibt es Berechnungen, wie sich die Zahl der dort täglich verkehrenden Fahrzeuge nach dem Tunnelbau entwickeln wird?

Der Hauptverkehr der Bundesstraße wird unter die Erde durch den Berg geführt, was einer umweltbewussten Verkehrsentlastung entspricht. Das bedeutet, dass die Ortsdurchfahrt vom Durchgangsverkehr der B 289 vollständig entlastet wird und es so den bestmöglicher Lärmschutz für Anwohner und Landschaft gibt, damit einhergehend eine Verringerung der Feinstaubbelastung im Ort sowie eine deutliche Erhöhung der Verkehrssicherheit. Während künftig rund 16.000 Fahrzeuge täglich den Weg durch den Berg nehmen, reduziert sich im Ort die Verkehrsbelastung im westlichen Abschnitt der Ortsdurchfahrt um rund 80 Prozent, im östlichen Abschnitt um rund 95 Prozent. Ohne Tunnel bliebe der volle Durchgangsverkehr im Ort.

Nicht wenige sehen die Trinkwasserversorgung der Stadt Kulmbach gefährdet.

Die B 289 wird nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen in Wasserschutzgebieten ausgebaut, der Schutz des Grundwassers somit deutlich erhöht. Der dauerhafte Trinkwasserschutz für die Kulmbacher Brunnen im Maintal ist ein übergeordnetes Ziel. Derzeit gibt es keine entsprechenden Schutzmaßnahmen an der Bundesstraße. Mit dem Projekt wird eine durchgängige Abdichtung der B 289, auch im Tunnelbereich, erfolgen. Der Tunnel selbst wird als wasserundurchlässige und druckfeste Betonkonstruktion ausgeführt. Im Endzustand wird die Trinkwassergewinnung der Stadt im Gegensatz zur gegenwärtigen Situation durchgängig geschützt sein. Für den Bauzustand werden die erforderlichen Schutzmaßnahmen aktuell mit den Stadtwerken abgestimmt.

Um den Tunnel nicht bauen zu müssen, wird immer wieder gefordert, die Anwohner zu entschädigen und umzusiedeln.

Die Argumentation "Umsiedlung, Gebäudeabbruch und breite Straße durch das Dorf" führt zurück in den Zeitgeist der 70er-Jahre, als autogerechte Städte und Dörfer noch das Maß der Verkehrsplanung waren und historische Ortsbilder und Häuserzeilen geopfert wurden - was heute als massiver städtebaulicher Fehler und Vernichtung von Heimat als nicht mehr zeitgemäß bewertet wird. Im Linienfindungsverfahren für Kauerndorf wurde für eine innerörtliche Trasse festgestellt, dass "zur Verwirklichung ... ein großer Teil der bestehenden Bebauung weichen muss und mit dem damit verbundenen Abriss von mindestens 23 Gebäuden beziehungsweise Gebäudeteilen von der einstigen Ortschaft Kauerndorf allenfalls ein Ortsfragment übrigbleibt". Dies bedeutet die Auslöschung nahezu des gesamten historischen Ortskerns auf der rechten Schorgastseite. Die Verfolgung dieses Konzeptes "ist weder zweckdienlich noch sinnvoll" und wurde daher als "nicht Gegenstand des Raumordnungsverfahrens" ausgeschlossen. Für einen Abriss wäre aber auch die Umsiedlung der Eigentümer und Bewohner erforderlich. Eine Zwangsenteignung scheidet aus wegen des im Grundgesetz verankerten Schutzes des Eigentums, da mit einer echten Ortsumfahrung und einem Umgehungstunnel eine Alternative vorhanden ist. Zudem darf der Staat über die gesetzliche Verpflichtung einer Entschädigung des Verkehrswertes hinausgehende Zulagen nicht anbieten. Vergleichbare Umsiedlungsangebote wie etwa die von privaten Großkonzernen beim Braunkohleabbau sind nicht möglich. Zu den tatsächlich nur möglichen Konditionen ist kaum ein Eigentümer zu einer freiwilligen Umsiedlung bereit.