Treppensteiger: Demütigend oder nicht?
Autor: Peter Müller
Untersteinach, Sonntag, 12. Juni 2016
Der Untersteinacher Gemeinderat behandelt am Montag den Wunsch von Tobias und Gerda Eichner, die Sitzungen in den barrierefreien Bürgersaal zu verlegen.
Ein in der Öffentlichkeit bereits viel diskutiertes Thema steht am Montag auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung in Untersteinach. Es geht um den Antrag von Tobias Eichner und seiner auf den Rollstuhl angewiesenen Mutter Gerda, die erreichen möchten, dass die Tagungen der Ratsmitglieder künftig nicht mehr im Obergeschoss des Rathauses stattfinden, sondern im ebenerdigen Bürgersaal.
Für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, ist das Sitzungszimmer im Amtsgebäude ohne fremde Hilfe unerreichbar. Tobias Eichner hatte sich deshalb bereits in der Vergangenheit für einen barrierefreien Umbau des Rathauses stark gemacht, was von der Verwaltungsgemeinschaft Untersteinach als Hausherrin allerdings abgelehnt worden war.
"Ersten Dämpfer erhalten"
Eichner, der mit seiner Mutter für den Bürgerantrag 53 Unterschriften gesammelt ("Wir hätten diese Zahl locker
"Den von Ihnen geäußerten Wunsch auf Teilnahmemöglichkeit von ,betroffenen Personen' haben wir zur Kenntnis genommen. Die Gemeinde Untersteinach bietet daher mit Unterstützung des Malteser Hilfsdienstes Ihrer Mutter bzw. sonstigen mobilitätseingeschränkten Personen an, an der Sitzung im Dachgeschoss des Rathauses Untersteinach teilzunehmen", heißt es in dem Schreiben.
Der 38-jährige EDV-Berater will das nicht akzeptieren. Mehr noch: Er spricht sogar von schlechtem Stil: "Sowohl Herr Betz als auch Bürgermeister Schmiechen wissen, dass sich meine Mutter nicht vor versammelter Mannschaft die Treppe hinauftragen lassen wird. Sich vorführen zu lassen wie ein kleines Kind - das ist eine Demütigung. Zum anderen: Würde sie das Angebot annehmen, müsste sie sich im Nachhinein wohl anhören: Na, Frau Eichner, es geht doch." Er habe den Eindruck gewonnen, so Eichner, "als wollte man uns so viele Steine wie möglich in den Weg legen".
7500 Euro teure Geräte
Die Kritik ist für Michael Lorenz von der Fahrbereitschaft des Malteser Hilfsdienstes (MHD) in Kulmbach nicht nachvollziehbar.
"Was soll daran menschenunwürdig sein", fragt Lorenz, der am Montag während der gesamten Dauer der öffentlichen Ratssitzung in Untersteinach vor Ort sein wird, um gehbehinderten Bürgern die Teilnahme zu ermöglichen.Für die Bayerische Rundschau demonstrierten Lorenz und sein Kollege Kurt Valentin die Funktionsweise der 7500 Euro teuren Geräte, von denen der MHD zwei Stück besitzt - die einzigen im Landkreis Kulmbach. Der Rollstuhlfahrer wird am Beginn der Treppe einfach umgesetzt, dann kann man den Treppensteiger mit der Kraft seines Elektromotors hochfahren lassen.
Täglich im Einsatz
Die Hilfsmittel, für deren Benutzung die beiden MHD-Mitarbeiter geschult sind, werden täglich benutzt: Für Patienten, deren Ärzte ihre Praxis nicht im Erdgeschoss haben oder die selbst im ersten oder zweiten Stock wohnen.
Die frühere Kulmbacher Bürgermeisterin Inge Aures habe sogar einen Treppensteiger gesponsert, weiß Michael Lorenz. Damals war im Rathaus noch kein Aufzug installiert. Die Geräte des MHD seien beide durch Spenden von Ärzten und Bürgern finanziert worden. Auch Volker Schmiechen ("menschenunwürdig ist das bei weitem nicht") versteht Tobias Eichners Vorwürfe nicht. Der Bürgermeister weist im Übrigen darauf hin, dass er die Entscheidung, die Sitzung am Montag mit dem MHD-Angebot im Rathaus stattfinden zu lassen, nicht alleine getroffen hat. "Das Thema wurde mit allen Fraktionssprechern diskutiert."
Der Entscheidung des Untersteinacher Gemeinderats über den Bürgerantrag will Schmiechen nicht vorgreifen: "Wir werden sehen, was dabei herauskommt. Ich hoffe jedenfalls auf eine faire und sachliche Diskussion."