Druckartikel: Trebgaster Johanneskirche: Arm hoch fürs Gebet

Trebgaster Johanneskirche: Arm hoch fürs Gebet


Autor: Jochen Nützel

Trebgast, Donnerstag, 11. Dezember 2014

Er ist, wenn man so will, ein anatomisches Wunder: Der Taufengel mit dem verdrehten rechten Arm. "Diese Stellung würde auf Dauer wohl in Krämpfen und Muskelrissen enden", sagt Pfarrer Peter Ahrens und rückt den Engel etwas weiter in die Mitte, vor den Altar der Trebgaster Johanneskirche.
Die ungewöhnliche Armhaltung ist das Besondere am Taufengel in der Trebgaster Kirche. Foto: Jochen Nützel


Weder Pfarrer Ahrens noch einer seiner Vorgänger haben bei der Handhaltung der Figur nachgeholfen. "Die Veränderung dürfte schon im 18. Jahrhundert vorgenommen worden sein. Genaues weiß man aber nicht."
Aus der Kartusche am Sockel des Engels geht das auch nicht hervor - wohl aber, wer das Geld für den Taufengel gab und wer den Knaben schuf. Beim Tod eines Andreas Popp aus Schlömen sollen 100 fränkische Gulden gespendet worden sein, mit denen der Engel bezahl wurde. Geschaffen hat ihn demnach Franz Schuh, ein Bayreuther Bildhauer, im Jahr 1772. Für den Auftrag gab es 14 Reichstaler.

In dem Buch "Taufengel in Oberfranken" geht Autor Hellmuth Meissner davon aus, dass die die kniende Figur wohl nur kurz die klassische Armstellung hatte: Beide Hände waren vor dem Körper und hielten eine muschelförmige Schale. Schnell aber musste der Engel offenbar eine weitere Funktion erfüllen: Er diente als Lesepult.

Hinter dem Kopf mit dem Strahlenkranz wurde ein schräges Brett angebracht. Der rechte Arm sollte als Halterung dienen - also wurde er abgesägt und zurückgebogen. Die Spuren des Eingriffs sind noch heute sichtbar.

Allerdings erklärt die verrenkte Extremität wohl nicht den leicht traurig-melancholischen Blick. Seine demutsvolle Haltung lassen den Taufengel in die so genannte "Typ 2"-Kategorie einreihen, wie sie in der deutschen Kirchengeschichte vermerkt ist, schreibt Meissner. Diese Form von Taufengeln kommt demnach vor allem in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts häufiger vor.

Für das Trebgaster Exemplar ergibt sich durch die demutsvoll kniende Haltung eine Höhe von 1,16 Metern. Doch sei der typische Rokoko-Engel nicht bei allen Gemeindemitgliedern auf Gegenliebe gestoßen. Helmmuth Meissner berichtet davon, dass zunächst der Renaissance-Taufstein von 1618 favorisiert worden sei. Bis sich in den Kirchen ringsum die neugotischen Errungenschaften ausbreiteten und ein Bauer Friedlein vom Reisighof 1886 einen neugotischen Taufsteuin für die Treb gaster Barockkirche stiftete.


Dreifacher Nutzen

Und der Taufengel? Er kam erst Mitte der 1960er Jahre nach der letzten größeren Restaurierung wieder in Amt und Würden und dient bis heute dreifach: Nämlich als Lesepult, als Taufbecken und als Hochzeitsengel.