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Trabi-Kolonne in Neuenmarkt: "Symbol der deutschen Einheit"


Autor: Adriane Lochner

Neuenmarkt, Sonntag, 04. Oktober 2020

Mitglieder der Trabant-Szene-Fürth legten bei ihrer Ausfahrt zum Tag der Deutschen Einheit einen Zwischenstopp in Neuenmarkt ein.
Fritz Bieber aus Ammerndorf, Mario Michael aus Riegelstein und Ronny Schönborn (von links) vor ihren Trabis Fotos: Adriane Lochner


Trabis in Delfingrau, Gletscherblau oder Panamagrün rollten am Samstagmittag auf den Parkplatz vor dem Dampflokmuseum. Die Mitglieder der Trabant-Szene-Fürth legten in Neuenmarkt einen Zwischenstopp bei ihrem alljährlichen Ausflug am 3. Oktober ein.

Seit 15 Jahren machen die Mitglieder am Tag der Deutschen Einheit eine gemeinsame Fahrt. Das liegt aber nicht nur an der (N-)Ostalgie, sondern vor allem auch daran, dass am Feiertag alle Zeit haben.

Normalerweise hätten sie sich angekündigt, doch aufgrund der aktuellen Coronabeschränkungen blieb es bei einem kleinen, eher privaten Treffen. Sicherlich hätten sich auch viele Einheimische die kleinen DDR-Wagen - teils ausgestattet mit Wackeldackel, Weißwandreifen oder Sonnendach - gerne angesehen.

Für die ganz Familie

"Wenn man vorbeifährt, lächeln die Leute immer", erzählt der 29-jährige Fritz Bieber aus Ammerndorf im Landkreis Fürth. Vor allem bei Kindern kämen die kleinen, bunten Autos gut an. Seinen Trabi hat er nicht nur, weil er "etwas Besonderes" ist, sondern auch, weil die Technik "überschaubar" ist.

Um die Aussage zu untermauern, öffnet Bieber die Motorhaube seines Wagens. Der 26 PS starke Zweitaktmotor nimmt kaum Platz ein, doch nach Angaben des Fahrers kann der Trabi durchaus 100 Kilometer pro Stunde schaffen.

Im spärlich ausgestatteten Motorraum hat auch der Treibstoff-Tank Platz, den man per Hand mit dem Messstab überprüfen muss. Eine Tankanzeige gibt es nicht. Der Kofferraum ist geräumiger, als man es sich vorstellen würde - um die drei Bierkästen hätten darin Platz.

"Ich weiß nicht, wie mein Vater das früher gemacht hat"

"Ich weiß nicht, wie mein Vater das früher gemacht hat", berichtet der 41-jährige Mario Michael aus Riegelstein im Landkreis Bayreuth. Er ist zu DDR-Zeiten in der Nähe von Chemnitz aufgewachsen. Bei der Fahrt in den Ostsee-Urlaub passten in den kleinen Trabi neben Eltern, Großmutter und zwei Kindern auch Gepäck sowie Wasser- und Treibstoffvorrat.

Michael war zehn Jahre alt, als 1989 die Mauer fiel. "Das habe ich damals nicht in dem Sinne wahrgenommen", berichtet er. Woran er sich erinnern kann ist, dass sein Vater wieder den Trabi bepackte und die nächste Fahrt mit der ganzen Familie nach Westdeutschland ging.

Trabi-Safari in Berlin

"Der Trabi ist das Symbol der deutschen Einheit", bestätigt Martin Binder aus Hexenagger bei Eichstätt. Der 31-Jährige hat die Wiedervereinigung zwar nicht selbst miterlebt, aber auf den Geschmack ist er trotzdem gekommen: bei einer Trabi-Safari in Berlin. Bei dieser besonderen Art der Stadtführung bekommen die Teilnehmer einen eigenen Trabi zugeteilt und fahren dann in der Kolonne zu den Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt. "Trabis fahren sich einfach, die Technik funktioniert einwandfrei", berichtet Binder. So ergatterte er ein eigenes Modell, Baujahr 1988. Damit ist der Wagen relativ jung, denn nach der Wiedervereinigung wollte niemand mehr das DDR-Auto kaufen.

Auch die Ausstattung mit einem VW-Polo-Motor verhalf der Marke nicht wieder zum Aufwind. Der letzte Trabi rollte am 30. April 1991 in Zwickau vom Band, die Kombiversion eines Trabant 1.1. in Miss-Piggy-Pink. Trotz des Baustopps sei die Teileversorgung gut, erklärt Ronny Schönborn (36) aus Nürnberg. Er sagt: "Ich wollte einen Oldtimer fahren, der bezahlbar ist und technisch überschaubar. Man kann ohne Laptop schrauben."

Barkas: VW Bulli der DDR

Mit Kaffee und Brötchen versorgt wurden die Trabifreunde von ihrem Club-Mitglied Ulf Fischer. Der 54-Jährige ist bereits vor vielen Jahren mit seiner Familie von Fürth nach Alladorf bei Thurnau gezogen. Den Kontakt zum Trabiclub hat er nie abgebrochen.

Zum 50. Geburtstag hat er sich selbst einen Barkas B 1000, Baujahr 1983, geschenkt. In bestimmten Kreisen hat der Kleintransporter mittlerweile den Kultstatus eines VW Bulli. Fischers Barkas ist etwas Besonderes, denn es handelt sich um ein Kleinlöschfahrzeug mit Tragkraftspritze. Von dem kleinen DDR-Feuerwehrauto wurden nur 2475 Stück gebaut.

Ein fahrbares Cefé

Fischer hat den Oldtimer restauriert und zum fahrbaren Café umgebaut. Die Idee hat er aus dem DDR-Kinderbuchklassiker "Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt" von Hannes Hüttner und Gerhard Lahr aus dem Jahr 1969. In dem Buch wird auf humorvolle Art die Arbeit der Feuerwehrleute erklärt und, warum sie nie dazu kommen, ihren Kaffee zu trinken.

Wenn es gerade keine Coronabeschränkungen gibt, ist Fischer mit seinem "Barkas Café" unterwegs auf Bauernmärkten oder anderen öffentlichen Veranstaltungen. Das "knuffige" Café auf Rädern - wie es Fischers 15-jährige Tochter Inka nennt - ist auch buchbar für Geburtstage, Hochzeiten und andere private Feiern, inklusive Sitzgarnituren für 20 Personen. "Im Moment ist es ein Hobby", so Fischer. Doch wenn er in Rente geht, soll mehr daraus werden.