Druckartikel: Tosca im Donnergrollen auf der Plassenburg

Tosca im Donnergrollen auf der Plassenburg


Autor: Stephan-Herbert Fuchs

Kulmbach, Montag, 21. Juli 2014

Dem Regentanz zum Trotz: nicht ein Tropfen war gefallen, beim Klassik-Open-Air am Sonntagabend auf der Plassenburg. Und das, obwohl Ljubka Biagioni zu Guttenberg und ihr Sofia-Symphonics-Orchester so mutig waren, den Regentanz des bulgarischen Komponisten Marin Goleminov aufzuführen.
Das hat man selten, den Schlusschor aus Beethovens 9. Sinfonie als Zugabe mit dem Sofia Philharmonic Orchester und Chor sowie den Solisten Marta Torbidoni, Sarah Ferede, Michail Michailov und Vladimir Sazdovski unter der Leitung von Ljubka Biagioni zu Guttenberg. Fotos: Stephan Herbert Fuchs


Fast auf den Tag genau ein Jahr nach ihrem Debüt auf der Plassenburg setzte die prominente Dirigentin am Sonntag zum zweiten Heimspiel an. "Jetzt bin ich auch musikalisch in Oberfranken angekommen", sagte sie mit Blick auf das Plassenburg-Open-Air im Interview. Zusammen mit dem Sofia Philharmonic Orchester, dem Chor "Svetoslav Obretenov" und den Solisten Marta Torbidoni (Sopran), Sarah Ferede (Mezzosopran), Michail Michailov (Tenor) und Vladimir Sazdovski (Bariton) trat die Musikerin zum Abschluss der Freilichtkonzerte auf und überraschte ihr Publikum erneut mit einer ganz ungewöhnliche Programmkonstellation.

"Die Plassenburg hat ein ganz besonderes Ambiente", sagte die Dirigentin mit italienisch-bulgarischen Wurzeln. Der schöne Hof sei groß und repräsentativ, aber auch gemütlich.

Und damit genau das Richtige für eine "Best-of-Classic"-Programm, was bei einem sommerlich leichten Open-Air-Konzert auch völlig in Ordnung ist.

Wenn da nicht der dunkle Himmel und die schlechten Wetteraussichten gewesen wären. Schon eine halbe Stunde vor Beginn machte sich bei den Veranstaltern Nervosität breit. Regenponchos lagen bereit und die Technik verschanzte sich vorsichtshalber schon mal hinter dicken Planen. Punkt 20 Uhr hebt Ljubka Biagioni, Ehefrau des Dirigenten Enoch zu Guttenberg, den Taktstock zu Peter Tschaikowskys wundervollem Capriccio Italiano.
Später wird sie in ihrer charmanten Art verkünden: "Wir müssen auf die Pause verzichten, es sei denn, sie wollen nass werden." Und so bleiben die Steaks und Bratwürste auf dem Grill liegen und das Orchester zieht unter der Stabführung der Dirigentin das Programm im Eiltempo durch. Die Arie "E lucevan le stelle" aus Puccinis Tosca, meisterhaft interpretiert von dem Tenor Michail Michailov, ein Chor aus Puccinis Madame Butterfly, eine Arie aus Verdis Macbeth, eindrucksvoll gesungen von Sarah Marta Torbidoni und die Habanera aus Bizets Carmen, lupenrein intoniert von der Mezzosopranistin Sarah Ferede.

Auch Abstriche am ursprünglich geplanten Programm werden gemacht, als man meint, ein Donnergrollen aus der Ferne zu vernehmen, und sich der Himmel zusehends verfinstert. Ljubka Biagioni verzichtet auf die für sie typischen Ansagen und entschuldigt sich: "Es ist nicht so, dass wir unhöflich sein wollen und ihren Applaus nicht annehmen, aber wir möchten nicht, dass sie nass werden", sagt sie und blickt besorgt nach oben. Die große Ensembleszene aus Verdis "La Traviata" erklingt trotzdem in einer solchen Perfektion, wie man sie aufgrund der äußeren Umstände nie erwartet hätte.

Am Ende bleibt es allen Vorhersagen zum Trotz trocken und außer einigen wenigen Windstößen konnte nichts dem Open-Air etwas anhaben. Da stand auch zwei Zugaben nichts im Wege, zumal die über 1000 Besucher die Musiker gar nicht mehr von der Bühne lassen. Ljubka Biagioni liebt die große Geste und da muss es schon Beethovens Schlusschor aus der 9. Sinfonie mit allen vier Solisten und dem großen Chor sein, dem sie auch noch das Trinklied aus "La Traviata" draufsetzt.