Druckartikel: Tochter: Vergewaltigungsprozess war ein Martyrium

Tochter: Vergewaltigungsprozess war ein Martyrium


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Donnerstag, 19. Mai 2016

Die Nebenklägerin und die Verteidigung lassen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom Bundesgerichtshof überprüfen.
Legen Revision gegen das Urteil im Bayreuther Vergewaltigungsprozess ein: Nebenklägeranwalt Frank K. Peter (links/daneben sein Kollege Wolfram Schädler) und Verteidiger Johann Schwenn (rechts).  Fotos: Stephan Tiroch


Der Bayreuther Vergewaltigungsprozess, der die 1. Große Strafkammer des Landgerichts über acht Monate beschäftigt hat, geht in die Verlängerung: Das am Dienstag verkündete Urteil wird erst mal nicht rechtskräftig. Wie erwartet, haben die Nebenklägerin und Hauptbelastungszeugin sowie die Verteidigung Revision eingelegt. Die Staatsanwaltschaft prüft noch, was sie tut.


1. Strafsenat wird tätig

Das heißt, der Bundesgerichtshof wird den Richterspruch auf Rechts- und Verfahrensfehler überprüfen. Der zuständige 1. Strafsenat führt aber keine neue Beweisaufnahme durch, sondern entscheidet aufgrund der Aktenlage. Dies dürfte wohl ein halbes Jahr dauern.

Der Angeklagte (71) musste sich in dem Prozess wegen schwerer Sexualstraftaten verantworten. Vom Vorwurf der Vergewaltigung seiner Tochter und seiner Ex-Frau wurde er freigesprochen. Wegen Kindesmissbrauch verhängte die Kammer eine Freiheitsstrafe von einemJahr und neun Monaten auf Bewährung und die Zahlung einer Geldauflage von 360.000 Euro.

Im Nachgang zum Prozess hat sich nun die Tochter (48) des Angeklagten zu Wort gemeldet. Aus ihrem Schreiben spricht große Verbitterung. Sie habe das Gerichtsverfahren als "Martyrium nach dem Martyrium" empfunden, erklärt sie.


"Schlag ins Gesicht"

Die Frau und ihre beiden Töchter waren bei der Urteilsverkündung zunächst anwesend. Die Entscheidung der Kammer sei für sie ein "Schlag ins Gesicht" gewesen, so die Nebenklägerin. Die Urteilsbegründung sei nicht mehr zu ertragen gewesen. Daher hätten sie und ihre ältere Tochter den Gerichtssaal verlassen. Dabei habe sie, bevor ihr der Vorsitzende das Wort abschnitt, zu ihrem Vater gesagt: "Jetzt hast Du doch wieder, was Du wolltest, und kannst mit dem weitermachen, was Du immer gemacht hast, und ein neues System dafür aufbauen."