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Tochter mit Gürtel geschlagen


Autor: Stephan-Herbert Fuchs

Kulmbach, Mittwoch, 25. November 2015

Eine 28-jährige Mutter hat ihr neunjähriges Kind massiv misshandelt. Das Amtsgericht verurteilte die Frau wegen Misshandlung Schutzbefohlener und gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe.
Angeblich sei das Kind gestürzt, sagte die Mutter dem Kinderarzt. Doch dieser ahnte bereits, dass etwas anderes hinter den Verletzungen des Mädchens steckte. Symbolbild: Patrick Pleul, dpa


Sie hat ihre neunjährige Tochter misshandelt, geschlagen und mit einem Gürtel gezüchtigt. Die Verletzungen waren so schwer, dass die 28-jährige Frau einige Tage später von sich aus zu einem Kinderarzt gegangen war. Dort erzählte sie von einem Sturz. Der Mediziner ahnte allerdings schon, was sich wirklich zugetragen hatte. Vor dem Jugendschöffengericht in Kulmbach wurde die Frau jetzt zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt.
Vor Gericht hatte die Frau, die mittlerweile nicht mehr in Kulmbach wohnt, über ihren Verteidiger Andreas Piel ein Geständnis abgelegt. Ohne diese Geständnis, so der Vorsitzende Richter Christoph Berner später, wäre es nicht zu einer Bewährungsstrafe gekommen.

Seine Mandantin bedaure die Taten, sie hätte sich in einer schwierigen Situation befunden und nicht unter Kontrolle gehabt.
Tatsächlich war die Frau in einem Umfeld aufgewachsen, wo häusliche Gewalt zum Alltag gehörte. Auch ihr Stiefvater wurde bereits wegen Übergriffe auf die Angeklagte verurteilt. Später habe die Frau von Gelegenheitsarbeiten gelebt, war zeitweise obdachlos und bezieht mittlerweile Hartz IV. Die neunjährige Tochter ist das älteste von insgesamt drei Kindern.
Zu den Taten war es vor rund einem Jahr gekommen, als die Angeklagte mehrere Hilfsangebote seitens der Geschwister-Gummi-Stiftung zurückwies und die Tochter immer mehr Schwierigkeiten in der Schule bekam. "Ich wollte keine professionelle Hilfe und mit den Behörden nichts mehr zu tun haben", sagte die Angeklagte. Sie habe sich unter Druck gesetzt gefühlt und kein Vertrauen mehr gehabt. Die Schläge seien nicht böse gemeint gewesen, meinte die Frau allen Ernstes. "Es ist halt passiert", so die junge Mutter unter Tränen.
Ein medizinischer Sachverständiger von der Universität Erlangen bestätigte während der Verhandlung, dass die Verletzungen des Kindes nicht von einem Sturz stammen können, sondern lediglich von stumpfer Gewalteinwirkung in Form kräftiger Schläge mit der Faust oder mit der flachen Hand. Auch für den Einsatz eines Gürtels spreche vieles.


Sie fasst gerade wieder Fuß

Eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten forderte Staatsanwältin Katharina Roggenbrodt. Sie sprach von einem nachhaltigen Übergriff mit erheblichen Verletzungsfolgen. Als Bewährungsauflage befürwortete die Anklagevertreterin unter anderem 180 Stunden unentgeltliche und gemeinnützige Arbeit aus. Letzteres konnte Verteidiger Piel aus Kulmbach erfolgreich verhindern. Seine Mandantin sei gerade dabei, wieder im Arbeitsleben Fuß zu fassen, eine Arbeitsauflage stehe dazu im Widerspruch, meinte der Verteidiger, der eine Bewährungsstrafe von acht Monaten als ausreichend erachtete. Seine Mandantin habe eingesehen, dass das, was sie getan hatte, nicht richtig war.
Das Schöffengericht urteilte schließlich wegen gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung Schutzbefohlener auf ein Jahr mit Bewährung und stellte der Frau für die kommenden drei Jahre einen Bewährungshelfer zur Seite.
Amtsgerichtsdirektor Berner sprach von mehrfachen massiven und nachhaltigen Übergriffen auf die neunjährige Tochter und von einer permanenten Krisen- und Überforderungssituation der Mutter. Das Geständnis sei nicht hoch genug einzuschätzen, schließlich sei damit die Einvernahme des Kindes nicht mehr nötig gewesen. Der Angeklagten hielten die Richter vor allem ihre chronische Überforderungssituation zu Gute.