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Thurnau: Jetzt muss noch München helfen


Autor: Stephan Tiroch

Thurnau, Donnerstag, 16. Juli 2015

Die 4,1 Millionen Euro Zuschuss für Schloss Thurnau kommen aus Städtebauförderungsmitteln. Damit müsste der Markt Thurnau zehn Prozent aus eigener Kasse beitragen. Geld, das er nicht hat.
Foto: Jürgen Scheibe


So wie dem Thurnauer Gemeinderat Erwin Schneider (FW-ÜWG) ist es gestern sicher vielen gegangen. "Ich habe meinen Augen nicht getraut, und dann habe ich die Nachricht in der Bayerischen Rundschau noch mal gelesen", sagt er. Dann erst glaubt er, was für Thurnau fast wie ein Märchen klingt. Für die weitere Sanierung des Schlosses stellt der Bund aus dem Förderprogramm für nationale Projekte 4,1 Millionen Euro zur Verfügung. Das sind immerhin acht Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel von 50 Millionen Euro pro Jahr.
Auch bei den anderen Fraktionen ist die Freude groß.

"Toll, dass wir da reingekommen sind", meint Gemeinderat Hans-Friedrich Hacker (CSU). Gemeinderat Volker Seitter (SPD-OL) betont, dass dadurch der Haushalt der Marktgemeinde enorm entlastet werde. "Sehr gut, dass weiter Geld in die Sanierung des Schlosses fließt."

"Damit sind viele Probleme mit einem Schlag aus dem Weg geräumt, und die Finanzierung des nächsten Bauabschnitts ist praktisch gesichert", meint Gemeinderat Veit Pöhlmann (FDP/UB). Er dankt besonders Bürgermeister Martin Bernreuther (CSU) und dessen Mitarbeitern.


Bürgermeister "überglücklich"

"Überglücklich" zeigte sich gestern Bürgermeister Martin Bernreuther. Im zweiten Anlauf sei man erfolgreich gewesen. Ursprünglich habe man seinen Worten zufolge ein Projekt-Paket mit dem Institut für fränkische Landesgeschichte, einer Tourist-Information und Hotelzimmern geschnürt - Kostenpunkt zehn Millionen Euro. Damit sei man im ersten Anlauf bei dem Bundesprogramm gescheitert. Nachdem auch nicht die erhofften Mittel der Europäischen Union geflossen seien, habe man sich nur auf das Institut konzentriert - und habe viele Gespräche geführt, was alles letztlich zum Erfolg beigetragen habe.

Jetzt sei ein Grundausbau des Nordflügels finanzierbar. "Da ist momentan nichts drin, keine Leitungen, nichts", beschreibt Bernreuther den Zustand. Allerdings sind mit dem Zuschuss längst nicht alle Hürden beseitigt. Zum einen gibt es noch immer eine Finanzierungslücke von 1,9 Millionen Euro. Hier könne vielleicht die Bayerische Landesstiftung einspringen, auch Regierungspräsident Wilhelm Wenning habe seine Unterstützung zugesagt, freut sich der Bürgermeister.

Eine weitere Herausforderung: Bei Zuschüssen aus Mitteln der Städtebauförderung muss die jeweilige Gemeinde zehn Prozent mitfinanzieren - für eine Kommune wie Thurnau, die Stabilisierungshilfe erhält, praktisch nicht leistbar, wie Bernreuther deutlich macht. "Wir wollen das Industriegebiet an der Autobahn voranbringen, Wohnbaugebiete ausweisen - da hemmt ein solcher Zwang diese anderen Bereiche."

Daher wird Bernreuther in der kommenden Woche schon in München sein, um eine Ausnahme zu erreichen. Froh ist er, den Landrat da an seiner Seite zu wissen, der sich ebenfalls intensiv für die Bundesförderung eingesetzt habe. "Zwei Universitäten haben gesagt, sie wollen bei uns investieren", so Bernreuther, "was will man mehr?"

Bei der Antragstellung für die Bundesmittel ist auch der Gräflich Giechsche Stiftungsvorstand beteiligt gewesen, dessen Vorsitzender Landrat Klaus Peter Söllner ist und dem seit 21. April weiterhin Klaus Bodenschlägel (Landratsamt/für Jürgen Meins) und Bürgermeister Martin Bernreuther (für Dietmar Hofmann) angehören. "Wir haben das gemeinsam entworfen", so Söllner, der dem Bürgermeister für sein Engagement dankt.

Die Erfolgsaussichten sind nach den Worten des Landrats "durchaus unklar" gewesen. "Aber wir haben die Chance wahrgenommen. Dass wir da wirklich zum Zuge gekommen sind, macht deutlich, dass Thurnau etwas ganz Einmaliges ist."

Nach der Sanierung des Künßberg-Flügels ("bis auf einen kleinen Abschnitt") ist laut Söllner nun der Nordflügel des Thurnauer Schlosses an der Reihe. Er beziffert die Kosten auf rund sechs Millionen Euro. "Da sind die Millionen des Bundes eine ganz entscheidende Hilfe." Dort solle künftig das neue Institut für fränkische Landesgeschichte untergebracht werden, für das interimsweise vier Räume im bereits sanierten Karl-Maximilian-Bau hergerichtet werden.

Der Landrat geht davon aus, dass 2015/16 für die Planung gebraucht werden, und rechnet mit einer zweijährigen Bauphase 2017 und 2018. Das Thurnauer Schloss sei damit aber noch nicht komplett saniert - dann steht noch die Kemenate an.


Hotelier sieht Potenzial

"Wenn das gesamte Schloss hergerichtet wird, dann bin ich als Hotelier erfreut", so der Pächter des Schlosshotels, Matthias Hartl. Er sehe im Thurnauer Schloss großes Potenzial, das noch schlummert. Damit meint er Tagungen und Firmenevents zusammen mit Universitäten und Bildungsträgern. Außerdem, so Hartl, sei die touristische Wirkung nach außen durch die Aufwertung des Schlosses als nationales Projekt nicht zu unterschätzen.


Das Programm


Die Thurnauer Millionen stammen aus einem neuen Förderprogramm des Bundes: Hier werden "nationale Projekte des Städtebaus" gefördert. Insgesamt stehen dafür fünf Jahre lang je 50 Millionen Euro zur Verfügung. Dass davon 4,1 Millionen Euro nach Thurnau fließen, war so nicht zu erwarten.

Schwerpunkte der ersten Förderperiode sind laut Bundesbauministerium Denkmalensembles und bauliche Kulturgüter von nationalem Rang. Insgesamt seien zirka 270 Projektanträge mit einem beantragten Fördervolumen von mehr als 900 Millionen Euro gestellt worden. Für die Sanierung der Klosteranlage St. Michael fließen 5,4 Millionen Euro nach Bamberg.

Über die Mittelvergabe entschied eine Jury aus Bundestagsabgeordneten - darunter MdB Anja Weisgerber (CSU, Schweinfurt) - und Experten unter dem Vorsitz des Parlamentarischen Staatssekretärs Florian Pronold (SPD, Deggendorf).

Die Projekte sind vielfältig: So finden sich neben Unesco-Welterbestätten auch technische Denkmale der Industriekultur, bauliche Zeugnisse aus der NS-Zeit oder historische Gartenanlagen auf der Liste der geförderten Bauwerke.

Schloss Thurnau gilt als eine der besterhaltenen Burg- und Schlossanlagen aus dem Mittelalter und der Renaissance in Deutschland. Dem Schloss kommt damit eine nationale Bedeutung zu. tir