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Thurnau: Bald hauptamtlicher Bürgermeister?


Autor: Alexander Hartmann

Thurnau, Mittwoch, 22. Mai 2013

Hauptamtlicher oder ehrenamtlicher Bürgermeister? In Thurnau wird sich bald zeigen, ob Dietmar Hofmann im Falle seiner Wiederwahl 2014 auch künftig den Rathaus-Job neben dem Beruf meistern muss. Eine Entscheidung, die in Neudrossenfeld längst getroffen wurde.
Bei der Frage, ob der Thurnauer Bürgermeister haupt- oder nebenberuflich tätig sein soll, ist neben dem monatlichen Verdienst auch die Frage der Pensionsansprüche entscheidend.


Dieter Schaar ist Neudrossenfelder Bürgermeister - und hauptamtlich tätig. Knapp 3900 Einwohner zählt die Gemeinde im Rotmaintal. Und 48 einzelne Ortsteile. "Ehrenamtlich ist der Job nicht zu bewältigen", sagt Schaar (Freie Wähler), der den Spagat schon einmal meistern musste, als er in seiner Zeit als zweiter Bürgermeister für den erkrankten Hans Bär, seinen Vorgänger, eingesprungen war. "Ich bin da bis am Nachmittag meiner Tätigkeit bei der Regierung in Bayreuth nachgegangen, danach Tag für Tag ins Rathaus. Das war fast nicht zu schaffen", sagt der 60-Jährige, der 2002 zum hauptamtlichen Bürgermeister gewählt wurde. Zum Ende der Wahlperiode 1996 bis 2002 hatte sich der Gemeinderat nämlich dafür ausgesprochen, dem Ehrenamt den Rücken zu kehren. Es war ein umstrittenes Thema.

Schaar: "Eigentlich das einzige, über das im Wahlkampf diskutiert worden ist."

"Arbeitsbelastung ist extrem"

In Neudrossenfeld gibt es einen hauptamtlichen Bürgermeister, in Mainleus und in Neuenmarkt ebenso. Jetzt wird auch in Thurnau (4300 Einwohner) darüber diskutiert, ob sich der Markt einen hauptamtlichen Bürgermeister leisten kann. Dietmar Hofmann (SPD/OL), am 1. Mai seit fünf Jahren im Amt, ist bis dato ehrenamtlich tätig. Er ist drei Tage in der Woche im Rathaus, muss aber auch an den beiden restlichen Tagen, an denen er als Redakteur arbeitet, oft gemeindliche Termine wahrnehmen. Die Arbeitsbelastung sei extrem hoch, sagt Hofmann, der die Frage "haupt- oder ehrenamtlich?" im Herbst selbst in die Runde geworfen hat. Der Gemeinderat hat das Thema nun wieder aufgegriffen und lässt zwei Vergleichs-Rechnungen erstellen, aus denen ersichtlich wird, wie sich die Kosten für die Kommune bei einem haupt- und ehrenamtlichen Bürgermeister unterscheiden, der eine Lebenserwartung von 75 Jahren hat.

Das verdient der Bürgermeister

Was ein Bürgermeister in einer Gemeinde in der Größenordnung von Thurnau überhaupt verdient? Ehrenamtlich kommt Hofmann derzeit auf 4172 Euro brutto. "Die Spanne liegt bei Gemeinden von 3001 bis 5000 Einwohner bei ehrenamtlichen Bürgermeistern zwischen 3350 und 4517 Euro", sagt Jürgen Meins, Jurist am Landratsamt, der mitteilt, dass ein hauptamtlicher Bürgermeister zwischen 4395 und 5517 Euro verdient, abhängig von Alter und Familienzulage. "Bei der Größe von Thurnau hätte der Bürgermeister Anspruch auf die Obergrenze", sagt Meins.
Laut Bayerischer Gemeindeordnung werden Kommunen bis 5000 Einwohner ehrenamtlich geführt, größere hauptamtlich. Wie Meins feststellt, kann der Stadt- oder Gemeinderat aber auch bei kleineren Orten per Satzung eine hauptamtliche Tätigkeit beschließen. Der Gehaltsunterschied zwischen Haupt- und Ehrenamt ist, das macht der Jurist deutlich, oft gar nicht so gravierend.

Die Pensionsansprüche

Blickt man auf die Kosten, die die Kommune tragen muss, muss man auch ein Augenmerk auf die Pensionsansprüche richten. Ein hauptamtlicher Bürgermeister erhält nach zehn oder mehr Jahren eine für Beamte übliche Pension, deren Höhe bei maximal 71 Prozent der zuletzt erhaltenen Bezüge liegt. Dafür zahlt die Kommune aber nur bis zum Zeitpunkt des Eintritts des hauptamtlichen Bürgermeisters in den Ruhestand Rücklagen an den Versorgungsverband. Ist ein ehrenamtlichen Bürgermeister zwölf Jahre im Amt, hat er laut Jürgen Meins Anspruch auf den so genannten Pflichtehrensold. Der beläuft sich auf ein Drittel der zuletzt erhaltenen Bruttoentschädigung. Im Fall von Thurnau können das bis zu 1200 Euro sein, die die Gemeinde dann aber bis zum Ableben des Bürgermeisters aufbringen müsste.

Der Vergleich

Im Neudrossenfeld hat man schon vor über zehn Jahren ausrechnen lassen, wann das Hauptamt für die Gemeinde teurer würde. "Ich glaube, das wäre in meinem Fall bei etwa 78 Jahren", sagt Dieter Schaar, der darauf verweist, dass der Ehrensold bei einem ehrenamtlich tätigen Bürgermeister nach dessen Tod auch an verbliebene Angehörige bezahlt werden muss.

Wie die Thurnauer Räte entscheiden werden? Die Fraktionen sind noch gespalten. Für die CSU macht Hans-Friedrich Hacker deutlich, dass seine Fraktion zur hauptamtlichen Tätigkeit tendiert, wenn zwischen haupt- und ehrenamtlichem Bürgermeister keine großen finanziellen Unterschiede bestehen. "Weil die Aufgaben so vielfältig sind, dass aus meiner Sicht ein hauptamtlicher Bürgermeister gefordert ist."

Die Freien Wähler wollen noch keine Aussage treffen. "Wir brauchen erst die Verwaltungsunterlagen, um uns ein Bild über die finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinde machen zu können", stellt Fraktionsvorsitzender Erwin Schneider fest. Auch Hofmanns eigene Fraktion von SPD/OL will erst Stellung beziehen, wenn die genauen Zahlen vorliegen. Fraktionssprecher Adolf Häußinger macht aber keinen Hehl daraus, dass er persönlich der Meinung ist, dass das Thurnauer Bürgermeisteramt ehrenamtlich geführt werden kann. Hauptamtlich, so Häußinger, müsse ein Bürgermeister erst ab einer Gemeinde in der Größe von Mainleus tätig sein.

Das sagt der Bürgermeister

Und was sagt der Bürgermeister? Dietmar Hofmann ,der die Wahl 2014 ja auch erst gewinnen muss, hat für sich noch nicht berechnen lassen, ob er im Haupt- oder Ehrenamt finanziell selbst besser fährt. Mit Blick auf den Arbeitsaufwand in einer Gemeinde mit 60 Vereinen, elf Feuerwehren und vielen kommunalen Einrichtungen gebe es "politisch" aber nur eine Antwort. "Das Thurnauer Amt ist eigentlich nicht mit einem zweiten Job zu stemmen", sagt Dietmar Hofmann, nach dessen Worten heute schon 87 Prozent der bayerischen Gemeinden zwischen 3000 und 5000 Einwohnern einen hauptamtlichen Bürgermeister haben.