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Start in ein neues Leben


Autor: Katharina Müller-Sanke

Thurnau, Donnerstag, 23. Juli 2015

Ein altes Haus in Thurnau ist die neue Heimat von acht Jugendlichen, die eine harte Vergangenheit hinter sich lassen wollen. Hier lernen sie, sich um sich selbst zu kümmern.
Tommy Sommer (links) und Leon List überlegen gemeinsam mit Erzieher Volkmar Schwob (rechts) was es heute zu Essen gibt. Foto: Katharina Müller-Sanke


"Es ist einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass in dieses Haus wieder Leben einzieht", betonte Berthold Höhn bei der Eröffnung der neuen Wohngruppe aus Fassoldshof in Thurnau. Es ist schon einige Monate her, da hat Birgit Höhn ein Inserat in der Zeitung entdeckt, in dem nach einer passenden Immobilie für die acht jungen Männer gesucht wurde. Glückliche Fügung, dass die Familie zu dieser Zeit das Elternhaus von Ehemann Berthold Höhn einer neuen Verwendung zuführen wollte. Nach vielen Gesprächen, Genehmigungen und einem Umzug ist es nun soweit: Die jungen Männer sind in Thurnau angekommen.

"Ich freue mich, das Haus einer neuen und sinnvollen Nutzung zugeführt wird", so Eigentümer Berthold Höhn. Er und seine vier Geschwister sind in diesem Haus in der Berndorfer Straße aufgewachsen. Die Familie hat lange glücklich hier gelebt. Nun sind erneut junge Menschen eingezogen.

Die acht jungen Männer haben schon in Fassoldshof in einer Wohngruppe zusammen gelebt.

In Thurnau soll die positive Entwicklung der 15- bis 19-Jährigen weitergehen. Sie besuchen die Schule oder absolvieren eine Ausbildung, sie sitzen abends manchmal zusammen, gehen ihren Hobbys nach oder bleiben für sich allein. Manchmal gehen sie ins Schwimmbad und schrittweise wollen sie sich auch in den heimischen Vereinen integrieren.


Lieber in die Zukunft schauen

Ziel der Unterbringung in der Wohngruppe außerhalb von Fassoldshof ist es, den Jugendlichen den Übergang in ein normales Leben so einfach wie möglich zu machen. Denn sie alle haben schon eine schwierige Zeit hinter sich. Drogen, Gewalt, Alkohol - da hat jeder so seine eigene Geschichte. Über die Erlebnisse im "alten Leben" sprechen die Jugendlichen nur selten. Sie schauen lieber in die Zukunft.

In Thurnau haben sie immer einen Betreuer zur Seite, der bei Problemen hilft, der Tipps und Unterstützung gibt, der aber auch konkrete Ergebnisse fordert. Volkmar Schwob hat als Erzieher die Leitung des Hauses inne. "Wir können den Jugendlichen nicht alles abnehmen. Sie sollen später ja auch allein zurechtkommen. Ich kann sie aber motivieren!"

Zum Beispiel sich ein Hobby zu suchen. Es wäre zu einfach, wenn Schwob selbst bei den Vereinen nachfragen würde - nein: "Die Jugendlichen müssen das selbst tun." Genauso ist es mit der Hausarbeit, mit dem Garten, mit dem Einkaufen und der Organisation des täglichen Lebens. Abwechselnd ist immer einer der jungen Männer zum Beispiel für das Kochen zuständig. Was es gibt, entscheiden die Jugendlichen selbst, gehen einkaufen und tun alles, was auf sie auch im späteren Leben zukommt. In dieser Woche hat der 17-jährige Tommy Sommer Küchendienst. "Ich habe ein Curry gemacht, auch Spaghetti Carbonara koche ich gerne," so der 17-Jährige.

In dem 430-m²-Haus hat jeder der Jugendlichen sein eigenes Zimmer und auch Gemeinschaftsräume gibt es zur Genüge. Zum Einzug hat Berthold Höhn aus der Schreinerei eine Bank für die Jugendlichen mitgebracht. Sie lädt dazu ein, nach Feierabend in der Sonne zu sitzen, so wie es Höhns Eltern an dieser Stelle der Terrasse zu Lebzeiten immer getan haben.

Heute dient die Bank als Kontaktstelle zwischen den Bewohnern und dem Vermieter. Schließlich soll der Kontakt zu den Nachbarn und anderen Thurnauern wachsen.