Stark für zwei in schwerer Stunde
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Dienstag, 18. Juni 2019
Ein Schlaganfall stellte das Leben von Wolfgang und Helga Hahn auf den Kopf. Doch das Paar hat Kampfgeist und erreicht gemeinsam Erstaunliches.
Es war ihr Hochzeitstag - kein runder, aber ein besonderer, auch wenn die Eheleute Helga und Wolfgang Hahn das an jenem Sonntag, dem 10. Juni 2018, selbst noch nicht wussten. Auf Radio Plassenburg spielte Rainer Ludwig in seiner sonntäglichen Volksmusiksendung ein Lied nur für die beiden. Wolfgang Hahn hatte sich das nach 57 Ehejahren als kleine Überraschung für seine Helga ausgedacht, und die war ihm gelungen. Lena Valaitis sang "Ein schöner Tag" für das Paar - "und es war wirklich ein schöner Tag für uns", erinnert er sich mit einem Lächeln.
Auf den Tag genau drei Monate später die Katastrophe: Helga Hahn erleidet einen Schlaganfall. Beim Hausarzt im Wartezimmer wird sie plötzlich bewusstlos. Wenige Tage zuvor war sie an beiden Beinen operiert und auf eigenen Wunsch frühzeitig aus dem Krankenhaus entlassen worden.
Zwischen Bangen und Hoffen
"Die Situation war dramatisch, eine grausame Zeit für mich", sagt Wolfgang Hahn. Er erinnert sich an jedes Detail. Zehn Tage ist Helga Hahn nicht bei Bewusstsein. Banges Warten, Hoffen, dann endlich wacht sie auf. Die 76-Jährige ist halbseitig gelähmt, ein Pflegefall. Ehemann Wolfgang lernt im Schnellverfahren, wie man pflegt, kümmert sich während des Reha-Aufenthalts seiner Frau um die Umgestaltung der Wohnung, ein geeignetes Pflegebett, einen Lift, Hilfe vom Pflegedienst. "Ich war erstmal ratlos, wie ich das auf die Reihe kriegen soll, aber es musste organisiert werden, und das schnell", erzählt der 76-Jährige.
"Geht nicht, gibt's nicht", für Wolfgang Hahn. Er sucht Hilfe bei Silvia Bauernfeind vom Beratungs- und Betreuungsdienst pflegender Angehöriger der Arbeiterwohlfahrt Kulmbach. "Dieser Kontakt hat mir sehr geholfen. Es ist so wichtig, jemanden zu haben, der zuhören kann und mitdenkt, was in dieser Situation an Hilfe nötig und möglich ist."
In den ersten Monaten konnte Helga Hahn nichts aus eigener Kraft, nicht einmal schlucken. Dass sie das heute wieder kann, verdankt sie neben ihrem eigenen starken Willen der fürsorglichen Hartnäckigkeit ihres Mannes: Am zweiten Weihnachtsfeiertag gelang es ihm, ihr ein Löffelchen Creme von ihrer Lieblingstorte zu verabreichen. Seither lernt Helga Hahn, wieder zu essen, muss nur noch zum Teil über die Magensonde ernährt werden. " Ein Riesenfortschritt für mich", freut sich die 76-Jährige. "Das ist wieder eine ganz neue Lebensqualität, etwas schmecken zu können." Beide hoffen, dass sie die Sondennahrung bald gar nicht mehr brauchen.
Auch mit der Atmung ist es besser geworden. Wolfgang Hahn muss nur noch gelegentlich die Atemwege absaugen, damit sie Luft bekommt. In den ersten Monaten war das 20 mal am Tag nötig. Helga Hahn kann sprechen und seit einiger Zeit spürt sie ihren linken Arm wieder. Das macht ihr Hoffnung, dass sich zumindest ein Teil der Lähmungserscheinungen wieder zurückbilden könnte.
Gemeinsam mit ihrem Mann und mit Hilfe eines Spiegels wiederholt sie häufig die Übungen, die Physio- und Ergotherapeuten mit ihr einüben. Hier stimmt das Motto "Viel hilft viel!" Es braucht Geduld, doch die wird immer wieder belohnt: Jeden noch so winzigen Erfolg feiern die beiden als Sieg!