Druckartikel: Stadtsteinach: Als Fotografie noch lukrativ war

Stadtsteinach: Als Fotografie noch lukrativ war


Autor: Siegfried Sesselmann

Stadtsteinach, Freitag, 17. Juli 2015

Das Ehepaar Eugen und Mathilde Krezdorn wurde durch ein Inserat auf Stadtsteinach aufmerksam - und hat dort Fotografen-Geschichte geschrieben.
Das Fotografenehepaar Eugen und Mathilde Krezdorn hinterließ in fast allen Stadtsteinacher Haushalten unzählige Portraits und Erinnungsfotos. Foto: Max Krezdorn


Nachdem die rasante Entwicklung der Fotografie von der Spiegelreflexkamera über die Digitalkamera zur Handykamera gelaufen ist, war es für Fotografen immer schwerer, im Wettbewerb zu bestehen. Als noch dazu Discounter Foto-Service anboten und man Fotos sogar als Tapeten erhielt, war Fotografieren für jedermann jederzeit möglich. Bilder werden heute auf dem Computer gespeichert oder sie landen als selbst gestaltetes Fotobuch wenige Tage nach Bestellung im eigenen Briefkasten.

Ganz anders war es 1951, als Eugen Krezdorn in Riedenburg im Landkreis Kehlheim über ein Inserat in einer Fotozeitung erfuhr, dass in Stadtsteinach ein Fotograf namens Kube einen Nachfolger für sein Fotogeschäft in der Forstamtstraße 3 sucht.

Franz Kube, 1903 in Weckersdorf in Tschechien geboren, hatte sofort nach seiner Vertreibung ein Fotogeschäft in Stadtsteinach eröffnet, zog aber 1951 weg. Über 25 Jahre sollte danach die Familie Krezdorn in ihrem Geschäft in Stadtsteinach tätig sein - Eugen Krezdorn in seiner Freizeit und seine Frau Mathilde, genannt Flora, als Fotografin.

Sohn eines Lehrerehepaars

Eugen Krezdorn wurde als zweiter Sohn des Schulrektors Max Krezdorn am 5. August 1900 in Bollschweil bei Freudenstadt im Schwarzwald geboren. Seine Mutter Lenchen war ebenfalls Lehrerin. Später zogen sie nach Freiburg.

Schon mit 17 Jahren war Eugen Krezdorn Soldat im 1. Weltkrieg in Frankreich. Der 2. Weltkrieg verschlug Krezdorn über Polen und die Ukraine bis nach Stalingrad. Der gesellige Veteran erzählte später Erlebnisse aus dieser schlimmen Zeit.

1944 kam er mit polnischen Gefangenen als Feldwebel nach Riedenburg im Altmühltal, wo er Mathilde Kettner kennenlernte und 1949 ehelichte.

Die Drucker- und Fotografenfamilie

Mathilde Krezdorn, geboren 1921, kam aus einer alten Drucker- und Fotografenfamilie. Als ältestes von sechs Geschwistern legte sie an der Fotoschule in München ihre Prüfung als "Photomeisterin" mit Auszeichnung ab.
Doch die ersten Schritte in die Selbständigkeit wollten nicht gelingen. Zunächst sollte das Fotogeschäft einer Tante in Kelheim übernommen werden, doch leider bekam der Sohn dieser Tante das Geschäft. Das eigene Fotogeschäft zu Hause erhielt ihr Bruder Andreas mitsamt Druckerei und Schreibwarenladen. Auch ein Bauunternehmen wollte nicht gelingen, ging pleite.

Das Schicksal wollte es, dass zu dieser Zeit besagtes Inserat in einer Fotozeitung zu lesen war: Der Umzug nach Stadtsteinach war beschlossen. Vorbesitzer Franz Kube überließ den Krezdorns seine Fotoausrüstung, weitere Utensilien wurden vom elterlichen Geschäft mitgebracht. Das Fotogeschäft der Familie war im Haus des Regierungsinspektors Hans Alfred Weinmeyer in der Forstamtstraße 3 zu finden. Als Wohnung bezog man am Marktplatz 15 Zimmer in der ehemaligen Gaststätte Bauerschmidt ("Schwalbs Michel") neben der Post.

Als im Jahre 1954 der Sohn Max Julius zur Welt kam, zog man in das Haus Marktplatz 10 der Familie Josef Hebentanz, wo die Familie Krezdorn bis 1973 lebte.

Geschäftiger Bundesgrenzschutz

Das Fotogeschäft lief von Anfang an gut. Viele Heimatvertriebene waren Kunden. Und vom Bundesgrenzschutz, der seit 1951 in Stadtsteinach stationiert war, kamen viele schneidige Burschen, die Bilder für ihre Liebschaft oder für ihre Verwandten brauchten. Kam sonst der Fotograf Erwin Stenglein aus Mainroth, der alle Schulklassen in Oberfranken fotografierte, so übernahm nun Foto-Krezdorn die Aufnahmen der Schulklassen in Stadtsteinach. Und als auch Kunden aus dem Umland kamen, war der Bestand gesichert.

Eugen Krezdorn liebte die Gesellschaft, das Vereinsleben und die Kameradschaft. Seine große Leidenschaft war jedoch die Jagd um Schwand und um Schöndorf bei Presseck. Auch in der Schützengesellschaft Stadtsteinach fand er ein Zuhause; er wurde 1958 und 1962 Schützenkönig. Die Liste der weiteren Vereine war lang - Krieger- und Veteranen-Verein, Faschingsgesellschaft, VdK, TSV, Rotes Kreuz, um nur einige zu nennen.

DKW und Zigarre als Markenzeichen

Also war es nicht verwunderlich, wenn Eugen Krezdorn mit seiner Kamera bei allen Festen dabei war und die Lokalfotografen Werner Döll oder Hans-Dieter Stütze entlastete. Weitere Markenzeichen waren sein Auto, ein DKW, und seine immer qualmende Zigarre, die mit dem gut geölten Boden im Fotogeschäft und den Chemikalien einen nachhaltigen Eindruck bei den Kunden hinterließ.

Die Fotos wurden noch in reiner Handarbeit hergestellt. Auf Bilder mussten die Kunden oft bis zu zwei Wochen warten. Die meisten Aufnahmen schoss Mathilde Krezdorn, ihr Mann Eugen musste die Negative entwickeln, fixieren und wässern. Anschließend verbrachte man noch Stunden, um die Negative zu retuschieren, damit Falten nicht mehr zu sehen waren. Um die beiden Kinder kümmerte sich derweil Haushaltshilfe und Kindermädchen Dora Ittner, die heute noch in dem Haus wohnt.

Umzug nach Kulmbach

Als Eugen Krezdorn 1974 krank wurde und seine Frau in das Fotogeschäft viel Kraft und Herzblut steckte, mussten sie zusehen, wie immer mehr Kunden nach Kulmbach pendelten und das Geschäft nachließ. Als die Wohnung Marktplatz 1 für Räume der Volksbank umgebaut wurde, zog die Familie in das alte Rathaus in der Kulmbacher Straße 1 (Fahrschule Zangl).

Nach dem Tod von Eugen Krezdorn 1977 wohnte sein Sohn Max mit seiner Mutter in Kulmbach. Von 1982 bis zu ihrem Tod 2012 betreute sie Max in München, wo er eine Stelle als Herstellungsleiter in einem Verlag bekam.
Seine große Schwester, die wie die Mutter Mathilde hieß, lernte bei Foto-Tichy in Kulmbach. Als Fotomeisterin zog sie über Traunstein nach München, wo sie als freie Fotografin tätig war.

Mit Sicherheit befinden sich in nahezu allen Stadtsteinacher Haushalten Fotoalben mit Bildern von Taufe, Einschulung, Kommunion, Hochzeit oder Passfotos, die die Handschrift von Foto-Krezdorn tragen. So werden Spuren dieser Familie noch lange erhalten sein.

Der Schatz der Fotoplatten

Leider wurden beim Umbau des alten Rathauses wahrscheinlich alle Negative, Filme und Fotoplatten entsorgt. Doch durch Zufall stieß ich auf einen Karton voller Fotoplatten - Schulfotos aus Stadtsteinach. So haben die beiden Krezdorns doch noch einen kleinen Schatz hinterlassen, den es gilt, für die Zukunft zu sichern und der Öffentlichkeit wieder verfügbar zu machen...