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Spürnasen in der Mainleuser Spinnerei


Autor: Jürgen Gärtner

Mainleus, Montag, 28. Dezember 2015

Ein Verein bildet Hunde für die Personensuche aus. Wie das geht, kann man am 3. Januar erleben. Dann trainieren die Besitzer mit ihren Vierbeinern auf dem Gelände der Industriebrache in Mainleus.
Renate Friedrich aus Mainleus geht mit dem Golden Retriever "Chaplin" auf Spurensuche. Foto: privat


Chaplin ist 13 Monate und ein lebhafter Golden Retriever. Mit seinem cremefarbigen Fell, der schwarzen Schnauze und den dunklen Augen sieht er ein bisschen aus wie Charlie Chaplin, finden seine Besitzer Peter und Renate Friedrich aus Mainleus. Daher auch der Name der Spürnase.
Spürnase ist im wahrsten Sinn des Wortes gemeint. Denn zusammen mit seinem Frauchen geht der Hund regelmäßig auf die Suche nach Personen - meist zu Übungszwecken. Die beiden gehören - wie weitere Hundehalter aus dem Kulmbacher Landkreis - zur Arbeitsgemeinschaft Mantrailing, einer Vereinigung mit Sitz in Ziegelerden (bei Kronach). Gemeinsam trainieren sie mit ihren Vierbeinern die Suche nach vermissten Personen.


Vermisste, Ausreißer

Das können im Ernstfall ältere Menschen sein, die nach einem Spaziergang nicht mehr nach Hause kommen, Ausreißer und Verbrechensopfer.
Dabei muss es nicht immer um Leben und Tod gehen. Der Vorsitzende der Mantrailer, Manfred Burdich, schildert einen Fall - mit gutem Ausgang und zum Schmunzeln, zugetragen vor einiger Zeit in Kulmbach:
Eine Frau, die ihren Vater in Kulmbach besucht hatte, war nach einem Spaziergang mit dem Hund nicht zurück gekommen. Der besorgte Vater rief die Polizei, die die Mantrailer zur Unterstützung holte und eine Suchaktion startete. Die verlief erfolgreich, die Frau war schnell gefunden: Sie hatte beim Spaziergang einen Bekannten getroffen und mit ihm ein Schäferstündchen verbracht.


Training von 9.30 bis 16 Uhr

Am kommenden Sonntag, 3. Januar, sind die Mitglieder mit ihren Vierbeinern in der Spinnerei in Mainleus von 9.30 bis etwa 16 Uhr im Einsatz. "Solange noch Ruhe auf dem Gelände ist, hat uns die MI Mainleus Invest mit den Geschäftsführern Arno Friedrichs und Sebastian Türk die Nutzung des Geländes gestattet", freut sich der Vorsitzende über das Entgegenkommen. Denn das Gelände eigne sich optimal für ihre Zwecke: Es sei weitläufig, der Untergrund variiere zwischen Wiese, Pflaster, Asphalt, draußen sei es hell und im Gebäude dunkel, Gerüche aus der Färberei würden die Hunde fordern. Sprich: "Es ist ideal zum Trainieren." Natürlich sind Zuschauer willkommen, ebenso jeder, der sich über den Verein und das Mantrailing informieren will.
Auch wenn die Sucharbeit dem natürlichen Verhalten der Hunde entgegenkommt, ist es für die Tiere extrem fordernd: "In einer zehnminütigen Suche verbraucht der Hund so viel Kalorien wie bei einem einstündigen Spaziergang. Die Herzfrequenz verdoppelt sich, die Körpertemperatur steigt." Deshalb sucht ein Hund immer nur 20 Minuten, ehe er von einer anderen Spürnase abgelöst wird. "Es soll dem Tier Spaß machen und Stress vermieden werden."


Abwechslung ist wichtig

Die "ideale Auslastung" von ihrem Chaplin ist auch der Grund, dass sich die Mainleuserin Renate Friedrich den Mantrailern angeschlossen hat. Jede Woche geht sie mit dem Retriever inzwischen auf Spurensuche. Ziel ist dabei, ein möglichst breites Spektrum abzudecken: Trainiert haben sie schon im Wunsiedeler Felsenlabyrinth, in einem ehemaligen Steinbruch in Förtschendorf, geübt wird an viel befahrenen Straßen, an Kreuzungen. So soll den Tieren nicht nur Abwechslung geboten werden, sondern sie sollen für den Ernstfall auch alle möglichen Situationen schon einmal erlebt haben. Denn diese Erfahrung kann Leben retten.
Übrigens ist bei den Trainingseinsätzen auch Chaplins Herrchen Peter Friedrich gefragt: Er ist meist die Suchperson, die von den Hunden erschnüffelt werden muss.



Hintergrund

Mantrailing Unter Mantrailing versteht man die Suche mit speziell ausgebildeten Hunden nach Vermissten unter Anleitung eines Hundeführers. Der Begriff stammt aus dem Englischen von Man = Mensch und Trailing = verfolgen.

Verein Die Arbeitsgemeinschaft Mantrailing hat ihren Sitz in Ziegelerden bei Kronach. Vorsitzender ist Manfred Burdich. Im Internet ist der Verein zu finden unter:
www.arbeitsgemeinschaft-mantrailing.de

Mitglieder Der Arbeitsgemeinschaft gehören rund 110 Mitglieder aus ganz Oberfranken an. In regelmäßigen Ausbildungsveranstaltungen wird die Suche nach vermissten Personen trainiert, um im Ernstfall Leben retten zu können.