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Silke Eber: Tritt die Erfolgstrainerin zurück?


Autor: Christian Schuberth

Katschenreuth, Freitag, 18. November 2016

Die Katschenreutherin Silke Eber hat Deutschland zum zweiten Weltmeister-Titel in Folge geführt. Nun überlegt sie, aufzuhören.
Bundestrainerin Silke Eber (rechts) aus Katschenreuth bei Kulmbach feierte mit der deutschen Faustball-Nationalmannschaft in Brasilien die WM-Titelverteidigung.  Foto: DFBL


Drei Tage lange lang trug Silke Eber die goldene WM-Medaille um den Hals - nicht mal zum Schlafen nahm sie das Schmuckstück ab. Jetzt ist die rauschende Party beendet, die Katschenreutherin vom südamerikanischen Frühling im nasskalten oberfränkischen Herbst zurück. Und nun stellt sie sich die Frage: Weitermachen oder aufhören?

4:2 schlugen die deutschen Damen im Finale Gastgeber Brasilien. Danach knallten die Korken. "Wir haben zehn Tage gefeiert und uns den einen oder anderen Caipirinha gegönnt", berichtet Silke Eber von der anschießenden Rundreise mit 60 Fans durch Brasilien. Copa Cabana und Caipirinha sind passe, die Party ist beendet - nun trägt sich Silke Eber mit Rücktrittsgedanken. Schließlich hat sie alles erreicht, was man erreichen kann. Die 41-Jährige stellt sich die Frage: "Bin ich immer noch in der Lage, der Mannschaft neue Impulse zu geben?"


Vertrag endet Ende des Jahres

Silke Ebers Vertrag mit der Deutschen Faustball-Liga (DFBL) endet am 31. Dezember. Schon nach dem ersten WM-Titelgewinn vor zwei Jahren in Dresden dachte sie an Rücktritt, verrät Eber. Nötigt ihr doch die Doppelbelastung mit Beruf und Ehrenamt einen großen Spagat ab. Die Faustball-Bundestrainerin bekommt lediglich ein kleines Honorar, ihre Brötchen muss Silke Eber bei der Baugenossenschaft verdienen. "Das ist ein Job, der mich extrem fordert. Und so ein Amt kann man eigentlich nicht nebenbei ausüben", sagt die Katschenreutherin.
Auch wenn sich die Strukturen im deutschen Faustballsport ständig verbessern (Eber: "Wir haben inzwischen immerhin Physiotherapeuten bei der WM dabei und arbeiten mit Videoanalyse") - von Professionalität wie etwa beim Fußball ist man aber noch meilenweit entfernt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Faustballer irgendwann von ihrer Sportart leben können", sagt Eber.

Schon die Aufnahme ins olympische Programm ist derzeit Utopie. Faustball hat zwar auch Indien, Pakistan oder Togo erobert und wird mittlerweile in etwa 50 Ländern gespielt. Doch die olympische Charta fordert eine Verbreitung einer Sportart über mindestens 75 Länder und alle vier Kontinente hinweg. Dass die kleinen Nationen langsam aufholen, zeigte sich bei der WM. Denn mit Chile stand erstmals in der Geschichte von Damen-Weltmeisterschaften (seit 1994) eine andere Mannschaft außer Brasilien, Deutschland, Österreich und der Schweiz im Halbfinale. Die Österreicherinnen, die in zwei Jahren die nächste WM ausrichten, wurden diesmal nur Fünfte.


Paulo Rink zu Gast

Der ehemalige deutsche Nationalspieler Paulo Rink, unter anderem auch in Diensten des 1. FC Nürnberg und jetzt Stadtrat von Curitiba, eröffnete das einwöchige WM-Turnier auf der Anlage des Damenfaustball-Weltpokalsiegers Duque de Caixias. Der besitzt allein vier eigene Faustball-Plätze. Doch der Center-Court war zunächst nicht bespielbar. "Am ersten Tag hat es bis zum Geht-Nicht-Mehr geregnet. Bei diesen Bodenverhältnissen merkt man die Leistungsunterschiede nicht so sehr", sagt Silke Eber. Umso bemerkenswerter war es für die Bundestrainerin, wie souverän ihre Mannschaft durch die Vorrunde marschiert und in sechs Spielen nur einen Satz abgab. Etwa 800 Zuschauer sahen die Wasserschlacht gegen Brasilien, die Deutschland 2:1 gewann.
Im Halbfinale machte das Überraschungsteam aus Chile Silke Ebers Mannschaft eineinhalb Sätze das Leben schwer, ehe es Deutschland im Traumfinale gegen Brasilien stand. Da ging es heiß her. "1500 Zuschauer haben einen ohrenbetäubenden Lärm gemacht. Schon beim Aufwärmen haben sie Bengalos geworfen", erzählt Eber.

Als ihr Team nach sechs Sätzen als Sieger feststand, "haben alle Brasilianer erst einmal fünf Minuten geweint, dann aber unseren Sieg respektiert", sagt Silke Eber, die mit einer genialen Taktik-Kniff die Brasilianerinnen aus dem Konzept brachte. Die Bundestrainerin ließ ihre Mannschaft in die V-Aufstellung wechseln, um die Angaben der Brasilianerinnen direkt aus der Luft zu nehmen. Ein System, dass zuvor im Frauenfaustball noch nie gespielt wurde, und nun ausgerechnet in einem WM-Finale seine Premiere feierte. Und es funktionierte tatsächlich, obwohl die Nationalmannschaft diese Variante zuvor nur im Training probiert hatte. "Viele haben gesagt, dass das genial war und wir wohl nicht gewonnen hätten, wenn wir nicht umgestellt hätten. Aber es war auch sensationell, wie meine Spielerinnen das System umgesetzt haben", gibt Silke Eber die Komplimente weiter. Und dann macht sie sich Gedanken, ob sie ihre Mannschaft noch motivieren kann...