Mimoun Bouijja weiß allerdings von diesem Angebot nichts. Der aus Marokko stammende Schiedsrichter pfeift erst seit zwei Jahren für die Gruppe Kulmbach, nachdem er seine lange Fußballerkarriere beendet hat. Der 53-Jährige hat mit dem TSV Stadtsteinach und dem TSV Melkendorf auf Bezirksebene gekickt, ferner für den VfB Kulmbach, den SV Burghaig und Vatanspor Kulmbach gespielt. Beleidigt wurde er von Gegenspielern schon gelegentlich - "aber nie rassistisch. So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt Bouijja, der den Vorfall als "schlimm" bezeichnet. Trotzdem lässt er sich den Spaß an der Schiedsrichterei nicht verderben. "Ich mache schon weiter."
"Ein frecher Mann"
Manfred Angles habe schon während des gesamten Spiels "ständig gemotzt. Das war ein frecher Mann. Das Wort Drecks-Kanake hat nicht nur meine Tochter, sondern auch ein Zuschauer klar gehört", sagt Bouijja, der schon seit 26 Jahren im Raum Kulmbach lebt und seit 2000 auch deutscher Staatsbürger ist. Seiner Meinung nach hätten die rassistischen Vorfälle im Fußball zugenommen: "Das ist schon extremer als früher."
Der Vorsitzende des SV Fortuna Untersteinach, Stefan Malzer, distanziert sich von den Geschehnissen: "Ich war zwar selbst nicht bei dem Spiel in Cottenau dabei, habe mich aber im Namen des Vereins entschuldigt, denn wir konnten das so nicht stehen lassen. Wir sind schließlich auf die Schiedsrichter angewiesen", sagt Malzer, der die harte Strafe gegen seinen Ex-Spielertrainer auch mit weiteren Grenzüberschreitungen Angles' erklärt: "Er wurde innerhalb eines Jahres drei Mal wegen Schiedsrichterbeleidigung verurteilt. Ich verstehe den Verband, dass er die Schiedsrichter schützen muss."
Der Verein habe Angles schon angeboten, Einspruch einzulegen - allerdings hätte dieser die Kosten übernehmen sollen, erklärt Malzer.
Manfred Angles sieht an sich ein Exempel statuiert: "Ich habe in Rugendorf zu einem Schiedsrichter Depp gesagt, da ist man natürlich abgestempelt." Überhaupt sei es traurig, dass man als Trainer keine Emotionen mehr zeigen dürfe, sondern "90 Minuten ruhig an der Seitenlinie stehen" solle. "Das macht den Fußball kaputt", beklagt er.
Stefan Malzer hätte von Manfred Angles mehr Rückgrat erwartet: "Egal, was er gesagt hat - er hätte sich zumindest beim Schiedsrichter entschuldigen können."
Interview mit Sportrichter
Erst vor einem halben Jahr wurde ein Kicker des TSC Mainleus (Landkreis Kulmbach) wegen einer Tätlichkeit gegen einen Gegenspieler und anschließender übler Beschimpfung des Schiedsrichters für ein Jahr aus dem Verkehr gezogen - auch er war Wiederholungstäter. Wir sprachen mit Jann Brauner, seit 2016 Vorsitzender des Kreissportgerichtes im Kreis Bamberg/Bayreuth/ Kulmbach. Der 35-Jährige ist Rechtsanwalt in Bamberg mit Schwerpunkt Vereinsrecht, Sportrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht - und kickt selbst beim FC Bischberg in der A-Klasse.
Herr Brauner, täuscht der Eindruck, dass der Ton auch auf den Amateurfußballplätzen rauer und der Respekt gegenüber Schiedsrichtern geringer wird?
Jann Brauner: Gefühlt ist das aufgrund der deutlich breiteren medialen Verbreitungswege und der Fokussierung auf Negativbeispiele so. Aber die Zahl der Sportgerichtsfälle ist konstant. Der Ton auf den Fußballplätzen hat sich meiner Ansicht nach nicht wesentlich verändert, unsere Gesellschaft aber hat sich verändert. Durch Videos und Fotos in sozialen Medien wird es nun schneller in die Öffentlichkeit getragen. Ein Video, das einen Schiedsrichter zeigt, der attackiert wird, ist alarmierend. Es geht um die Welt und suggeriert, dass dies an der Tagesordnung ist.
Wie kann man gegensteuern?
Der Dialog zwischen den Vereinen, den Schiedsrichtern und dem Verband ist für mich das Wichtigste. Alle Parteien sollten sich wieder mehr als Gemeinschaft sehen. Dies vermisse ich mehr und mehr, seit ich Sportrichter bin. Der Spaß am Fußball verbindet alle, deswegen sollte man den Schiedsrichter genauso akzeptieren wie einen Mitspieler. Dies sollten sich alle zu Herzen nehmen, damit zuschauende Kinder auch die Lust verspüren, diesem Sport nachzugehen. Ohne die Schiedsrichter wäre der Zustand auf den Plätzen merklich schlechter.
Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit wurde ein Fußballer aus dem Raum Kulmbach für ein Jahr aus dem Verkehr gezogen. Sind die Sportgerichte des BFV angehalten, härter durchzugreifen?
Nein. Es sind immer Einzelfall-Entscheidungen eines eigenständigen Sportgerichtes. Wir berücksichtigen auch, in welchem Zeitraum ein Trainer bereits sportwidrig gegen Schiedsrichter in Erscheinung getreten ist und die Art der Beleidigung, etwa diskriminierend, rassistisch, persönlichkeitsrechtsverletzend. Sofern geringe Strafen nicht als Warnung dienen, müssen wir zum Schutz der Schiedsrichter härter durchgreifen.
Das sagt der Fußball-Verband
Sportgerichtsurteile des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV), egal ob sie vom Kreis-, Bezirks- oder Verbandssportgericht gefällt werden, werden seit einigen Jahren nicht mehr veröffentlicht. Nur die Vereine haben über die BFV-Internetseite einen verschlüsselten Zugang, um die Urteile einsehen zu können. Und so sprechen sich natürlich gerade außergewöhnliche Fälle wie der von Cottenau in der Fußball-Szene schnell herum.
Warum der BFV solche Urteile nicht zur Abschreckung publik macht, erklärt Pressesprecher Fabian Frühwirth: "Wir stehen für Transparenz, ganz klar. Den Vereinen sind die Urteile selbstredend zugänglich. Und wir tun dies in besonders schweren Fällen oder bei konkreten Medienanfragen auch in anonymisierter Form. Anders wäre dies auch rein rechtlich gar nicht möglich. Fakt ist nämlich auch, dass betroffene Personen bei Urteilen zu schwereren Vergehen, die glücklicherweise die Ausnahme bilden, selbst in anonymisierter Form leicht zu identifizieren wären. Das ist gesetzlich verboten. Unsere Kommunikationsabteilung aber gibt grundsätzlich schon Auskünfte. Wir haben da nichts zu verbergen."
Kommentar von Sportredakteur Christian Schuberth
Vorsicht, Fußballer! Der Bayerische Fußball-Verband reagiert auf Ausfälligkeiten und Aggressionen auf den Plätzen mehr denn je allergisch - vor allem, wenn es gegen die Schiedsrichter geht. Und das völlig zu Recht. Denn der Ton auf den Plätzen wird rauer, genauso wie im täglichen Zusammenleben und speziell im politischen Diskurs.
Den Profifußball beschäftigen derzeit Hass und Hetze gegen Milliardäre oder Spieler mit Migrationshintergrund - auf den Plätzen der Provinz beklagen Schiedsrichter zunehmenden Respektverlust ihrer Person gegenüber.
Wie Politik und die gesamte Zivilgesellschaft ist auch der Bayerische Fußball-Verband (BFV) gefordert, klare Kante zu zeigen.
Seine Sportgerichte machen das und scheuen sich nicht, ausfällig werdende Kicker oder Trainer lange von den Plätzen zu verbannen.
Aber diese Denkzettel muss der BFV auch offensiv kommunizieren - nicht nur an ein paar wenige Vereinsfunktionäre, sondern öffentlich. Auch wenn der Verband keine Namen oder Vereine nennen darf - solche Urteile schrecken ab. Die Fußballer - vor allem die "Rechtsaußen" unter ihnen - müssen wissen: Respektlosigkeiten und Beleidigungen gegenüber Gegenspielern oder Schiedsrichtern - egal welcher Herkunft und Hautfarbe - werden nicht im Ansatz geduldet.
Probleme löst man jedenfalls nicht, wenn man sie aus Angst um das Image nur intern behandelt oder gar unter den Rasen kehren will. Die katholische Kirche sollte dem Bayerischen Fußballverband kein schlechtes Vorbild sein.