Kupferberger Urteil schlägt Wellen
Autor: Stephan Tiroch
Kupferberg, Montag, 25. November 2013
Das Bezirkssportgericht entscheidet in zweiter Instanz, dass die Kreisklassen-Partie Kupferberg - Grafengehaig doch nicht wiederholt werden soll. Dabei berufen sich alle auf das Hoffenheim-Urteil und das Leverkusener Phantomtor.
Schon wieder sorgt ein Sportgerichtsurteil für Wirbel: Es ist einige Nummern kleiner als das Hoffenheim-Urteil beim Leverkusener Phantomtor, schlägt aber in der Fußball-Kreisklasse Kulmbach Wellen. Die Fußball-Richter des Bezirks hoben jetzt die Entscheidung des Kreis sportgerichts auf, das den Kupferberger 3:1-Sieg gegen Grafgenhaig vom 6. Oktober annulliert hatte. Nach Auffassung der zweiten Instanz darf es kein Wiederholungsspiel geben.
Elfmeter und Nachschuss
Was ist seinerzeit passiert? Schiedsrichter Dietmar Haas aus Aufseß hatte in der 2. Minute einen Elfmeter für Kupferberg gepfiffen. Der gefoulte Alexander Schuberth trat selbst an, traf erst den Pfosten und verwandelte dann den Nachschuss zur 1:0-Führung. Trotz Protesten der Gäste erkannte der Referee das Tor an und setzte das Spiel fort.
Der SV zog vors Kreissportgericht und bekam Recht (die BR berichtete: Elfmetertor war irregulär/31. Oktober). Nach Auffassung der ersten Instanz lag ein Regelverstoß vor. Denn Regel 14 besagt, dass der Strafstoßschütze den Ball nach einem Pfostentreffer kein zweites Mal direkt berühren darf. "Das Sportgericht ist der Überzeugung, dass dieses Tor den weiteren Spielverlauf mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflusst hat", hieß es in der Begründung.
Mit dem Urteil gab sich der FC Kupferberg nicht zufrieden und ging in die Berufung. Dessen kommissarischer Vorsitzender, Stefan Kollerer, führte ins Feld, dass es sich um eine Tatsachenentscheidung gehandelt hat - wie beim Leverkusener Phantomtor in Hoffenheim. "In der Bundesliga wird ein Tor, das nachweislich keines war, gegeben, dann muss die Tatsachenentscheidung doch hier bei uns auch gelten", betont der Rechtsanwalt, "der Schiedsrichter hat es eben so gesehen." Überdies gebe es Kupferberger Zuschauer, die er als Zeugen benannte habe und die gesehen hätten, dass der Ball vom Grafengehaiger Torwart berührt worden ist, ehe der FC-Spieler zum zweiten Mal geschossen hat.
"Eine Tatsachenentscheidung"
Die Kupferberger Argumenta tion machte sich das Bezirkssportgericht zu eigen und lag damit genau auf der Linie des Hoffenheim-Urteils: Die Berufung sei begründet, die Erstentscheidung werde aufgehoben und das Spiel mit 3:1 für Kupferberg gewertet. Als Grundlage des neuerlichen Urteils diente eine zusätzliche Stellungnahme des Schiedsrichters. Er habe "glaubhaft" versichert, "dass er in dieser Situation von einem regulär erzielten Tor ausging und er dies auch so wahrgenommen hat. Es handelt sich somit um eine Tatsachenentscheidung."
Nun ist wieder der SV Grafengehaig am Zug. Der Verein kündigte bereits an, in die Revision zu gehen - dafür zuständig ist nach Auskunft des BFV das Verbandssportgericht in München. "Uns geht's nicht um das Wiederholungsspiel und die drei Punkte, sondern ums Prinzip - wie in Hoffenheim: So ein Tor darf einfach nicht zählen", betont der Grafengehaiger Fußballabteilungsleiter Christoph Wirth. "Andernfalls können wir in Zukunft ohne Schiedsrichter und ohne Regeln spielen." Jeder, der auf dem Sportplatz war, habe gesehen, dass der Ball direkt vom Pfosten zurückgeprall ist, "und wer's nicht gesehen hat, der muss was mit den Augen haben."
Grafenghaig: Torwart in der anderen Ecke
Wirth, der damals selbst an der Seitenlinie stand, wundert sich, dass die Kupferberger Zeugen benannt haben, die eine Torwartberührung gesehen haben wollen. "Wie soll denn das gehen? Unser Torwart ist doch in die andere Ecke gesprungen." Und wenn der Grafengehaiger Keeper dran gewesen wäre, "dann hätte es gar keine Diskussion gegeben", versichert Wirth, der es als "Witz" empfindet, "dass sich die Sportgerichte da nicht einig sind".
Stellungnahme des Bayerischen Fußballverbands
Von Grit Labahn, Leiterin Hauptabteilung Recht & Gesellschaft, nimmt für den Bayerischen Fußballverband zu dem Thema Stellung: " In diesem Fall ist die entscheidende Frage: Liegt ein Regelverstoß oder eine Tatsachenentscheidung vor? Falls das Gericht einen Regelverstoß annimmt, ist zu prüfen, ob dieser Regelverstoß mit hoher Wahrscheinlichkeit den Spielausgang beeinflusst hat oder nicht. Zu dieser Frage, gab es bereits mehrere Grundsatzentscheidungen des Verbands-Sportgerichtes, wobei es immer auf den Einzelfall und die Wahrnehmung des Schiedsrichters ankommt. Das Erstgericht hat sich auf die Meldung des Schiedsrichters und die Aussagen der Vereine bei der Urteilsfindung gestützt. Das Zweitgericht hat den Schiedsridhter nochmals mündlich befragt und den Landeslehrwart um Einschätzung der Situation gebeten und ist dann zum Ergebnis gekommen, es lag eine Tatsachenentscheidung vor. Das Urteil zum Phantomtor von Stefan Kießling hat natürlich keine Rolle gespielt, da jeder Fall einzeln zu beurteilen ist und es in unserem Fall auf die Wahrnehmung des Schiedsrichters angekommen ist."