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Speaker's Corner in Kulmbach: Kreative Werbung für Europa


Autor: Katrin Geyer

Kulmbach, Samstag, 11. Mai 2019

Die Organisatoren der "Speakers' Corner" trotzten am Samstag in der Fußgängerzone dem Dauerregen und demonstrierten gegen Populismus und Nationalismus.
Foto: Katrin Geyer


Die Botschaft war eindeutig: "Geht am 26. Mai zur Wahl!" Zu hören war sie mehrfach, verpackt wurde sie ganz unterschiedlich, individuell und originell: Bei der "Speakers' Corner" am Samstagvormittag in der Kulmbacher Langgasse war eine Vielzahl von Beiträgen zu hören und zu sehen. Immer im Mittelpunkt: die Europa-Wahl.

Vorbereitet hatte die Veranstaltung ein Aktionsbündnis um den Thurnauer Montagsgesprächskreis "Gesellschaftlicher Wandel - Werkstatt für Menschlichkeit". Mit dabei waren Künstler, Organisationen - und eine Abordnung des sozialwissenschaftlichen Zweigs Caspar-Vischer-Gymnasiums. Die Schülerinnen und Schüler hatten sich im Vorfeld der Aktion in verschiedenen Projekten sehr intensiv mit dem Thema "Europa" auseinandergesetzt und präsentierten die Ergebnisse ihrer Arbeit auf vielfältige Weise.

So gab es Plakate, auf denen augenfällig Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Sachen Geld, Ernährung oder Reisen dargestellt worden. Eine Gruppe von Schülerinnen zeigte einen Film, in dem es um die Flut von Plastikmüll - nicht nur in Europa - geht. Und SMV-Mitglied Marius Michel erinnerte an die vielen gesamteuropäischen Errungenschaften wie beispielsweise die Reisefreiheit.

Nachdenkliches musikalisch verpackt präsentierte Siggi Michl, der mit seinen Liedern ("Schafe schau'n") dafür sorgte, dass etliche Passanten halt machten - auch wenn das Wetter zumindest am frühen Vormittag alles andere als einladend war.

Theatermacher Rüdiger Baumann steuerte Texte bei, die deutlich machten, wie wichtig eine hohe Wahlbeteiligung ist, um populistische, nationalistische, europafeindliche Tendenzen zu unterbinden.

"Ein einziger Fehler"

Ähnlich äußerte sich auch Klaus Bartels in mehreren Beiträgen und zitierte dabei Heribert Prantel, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung: "Europa hat Fehler, Europa macht Fehler, aber der Nationalismus ist ein einziger Fehler."

An den Talk-Shows von Anne Will und anderen orientiert hatte sich Dagmar Keis-Lechner, Bezirksrätin und Kreisvorsitzende der Grünen - die allerdings zuvor schon betont hatte, an dieser Veranstaltung "parteifrei" teilzunehmen. Sie animierte Robert Prawitz, Rüdiger Baumann, Jasmin Prawitz und Klaus Bartels dazu, in die Rollen der Spitzenkandidaten der Parteien für die Europa-Wahl zu schlüpfen und stichpunktartig deren Wahlziele zu erläutern.

Auch Hans-Georg Friedmann, Sprecher der Kulmbacher Aktionsgruppe der Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" appellierte an die Zuhörer, ihr Wahlrecht auch wahrzunehmen und so abzustimmen, dass in einem künftigen Europa die Parteien, die die Menschenrechte beschneiden wollten, keine Stimme hätten: "Wir wollen kein Europa der Ausgrenzung, sondern wir wollen ein Europa der Hoffnung und der Tolerenz."

Und während am Rande der Veranstaltung, die nach dem Ende des Dauerregens durchaus Zuspruch fand, viel und zum Teil sehr kontrovers diskutiert wurde, nahm CSU-Stadtrat Wolfram Brehm als einziger die Gelegenheit wahr, spontan ans Rednerpult zu treten: "Das hier ist eine tolle Aktion", sagte er und, wie schon seine Vorredner: "Geht wählen. Und wählt richtig!"

Die Europawahl

Die Europawahl 2019 ist die neunte Direktwahl zum Europäischen Parlament. Sie findet vom 23. bis 26. Mai 2019 in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union statt. Dazu gehören Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien und Nordirland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern. Gewählt werden 751 Abgeordnete.

Anders als ursprünglich geplant, tritt das Vereinigte Königreich nicht vor der Wahl aus der Europäischen Union aus. Nach Inkrafttreten des Brexits wird das Parlament auf 705 Abgeordnete verkleinert.

Die Wahl zum Europäischen Parlament erfolgt nicht nach einem einheitlichen europäischen Wahlrecht, sondern nach nationalen Wahlgesetzen.

In Deutschland, wo am Sonntag, 26. Mai, gewählt wird, treten insgesamt 41 Parteien und sonstige politische Vereinigungen mit Bundes- oder Landeslisten an.

Die erste Direktwahl des Europäischen Parlamentes (EP) fand im Jahr 1979 statt. Damals gehörten nur neun Mitgliedstaaten zur Europäischen Gemeinschaft (EG) - die EU wurde erst 1992 gegründet. Vor 1979 existierte zwar auch schon ein Europäisches Parlament, das aber nicht direkt von den Bürgern gewählt wurde. Die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten entsandten ihre eigenen Abgeordneten.